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Steuerberatung

Klagebefugnis bei Verlustfeststellungsbescheiden

BFH v. 6.6.2019 - IV R 7/16

Hin­sicht­lich des an eine Per­so­nen­ge­sell­schaft ge­rich­te­ten, mit dem Ge­winn­fest­stel­lungs­be­scheid ver­bun­de­nen Ver­lust­fest­stel­lungs­be­scheids nach § 15b Abs. 4 EStG sind ne­ben der Ge­sell­schaft nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO auch de­ren Ge­sell­schaf­ter, für die nicht aus­gleichsfähige Ver­luste fest­ge­stellt wor­den sind, nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO kla­ge­be­fugt. Ein Steu­er­stun­dungs­mo­dell i.S.v. § 15b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG kann auch vor­lie­gen, wenn die pro­gnos­ti­zier­ten Ver­luste auf ge­setz­li­chen Ab­schrei­bungs­me­tho­den (de­gres­sive AfA, Son­der­ab­schrei­bun­gen) be­ru­hen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war im Ok­to­ber 2005 un­ter der Firma T-GmbH & Co. KG in das Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen wor­den. Ge­gen­stand des Un­ter­neh­mens war die Er­rich­tung und der Be­trieb von Bio­gas­an­la­gen an ver­schie­de­nen lang­fris­tig ge­pach­te­ten Stand­or­ten in Deutsch­land. Ge­schäftsführende Kom­man­di­tis­tin war zunächst die A-AG, Kom­ple­mentärin der Kläge­rin die T-GmbH eben­falls mit glei­chem Sitz.

Um wei­tere Kom­man­di­tis­ten zu wer­ben, legte die Kläge­rin einen 142-sei­ti­gen Emis­si­ons­pro­spekt auf. Die po­ten­ti­el­len An­le­ger soll­ten sich als Kom­man­di­tis­ten an einem "ge­schlos­se­nen Bio­en­er­gie­fonds" be­tei­li­gen. Nach In­sol­venz der T-Fir­men­gruppe im Jahr 2009 er­folgte eine Um­fir­mie­rung der Kläge­rin in G-GmbH & Co. KG un­ter ei­ner Sitz­ver­le­gung. Ge­schäftsführende Kom­ple­mentärin ohne Ka­pi­tal­be­tei­li­gung ist seit­her die G-Ver­wal­tungs-GmbH.

In den Jah­ren 2005 und 2006 hat­ten sich mehr als 350 Kom­man­di­tis­ten an der Ge­sell­schaft be­tei­ligt. Im An­schluss an eine Außenprüfung ver­trat das Fi­nanz­amt die Auf­fas­sung, dass es sich bei den der Höhe nach un­strei­ti­gen Ver­lus­ten zwi­schen 2005 und 2007 um Ver­luste im Zu­sam­men­hang mit einem Steu­er­stun­dungs­mo­dell i.S.d. § 15b EStG han­dele, die nur mit zukünf­ti­gen Einkünf­ten ver­rech­net wer­den könn­ten. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage wei­test­ge­hend statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hat der BFH das Ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück­ver­wie­sen.

Gründe:
Zwar ist das FG zu­tref­fend von ei­ner Kla­ge­be­fug­nis der Kläge­rin aus­ge­gan­gen. Auch ist es zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass die ehe­ma­lige Kom­ple­mentär-GmbH der Kläge­rin nicht nach § 60 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO bei­zu­la­den war. Es hat es je­doch versäumt, die in den Streit­jah­ren an der Kläge­rin be­tei­lig­ten Kom­man­di­tis­ten (die jet­zige Kom­ple­mentär-GmbH ist erst seit dem Jahr 2009 an der Kläge­rin be­tei­ligt) zum Kla­ge­ver­fah­ren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO not­wen­dig bei­zu­la­den.

Der Ver­lust­fest­stel­lungs­be­scheid nach § 15b Abs. 4 EStG und die ge­son­derte und ein­heit­li­che Fest­stel­lung i.S.d. §§ 179 Abs. 1 und Abs. 2, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind zwei ei­genständige Ver­wal­tungs­akte, die nach § 15b Abs. 4 Satz 5 EStG ver­bun­den wer­den können. Hin­sicht­lich des an eine Per­so­nen­ge­sell­schaft ge­rich­te­ten, mit dem Ge­winn­fest­stel­lungs­be­scheid ver­bun­de­nen Ver­lust­fest­stel­lungs­be­scheids nach § 15b Abs. 4 EStG sind ne­ben der Ge­sell­schaft nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO auch de­ren Ge­sell­schaf­ter, für die nicht aus­gleichsfähige Ver­luste fest­ge­stellt wor­den sind, nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO kla­ge­be­fugt. Klagt nur die Per­so­nen­ge­sell­schaft ge­gen den Ver­lust­fest­stel­lungs­be­scheid, sind die be­trof­fe­nen Ge­sell­schaf­ter nach § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO not­wen­dig bei­zu­la­den. Die An­wen­dungs­re­ge­lung zu § 15b EStG (im Streit­fall § 52 Abs. 33a Satz 1 EStG) und die Frage, ob im kon­kre­ten Fall die Ein­kunfts­quelle als Steu­er­stun­dungs­mo­dell i.S.d. § 15b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG ein­zu­ord­nen ist, sind an­le­ger- bzw. ge­sell­schaf­ter­be­zo­gen zu prüfen.

So­weit auf­grund der noch zu tref­fen­den Fest­stel­lun­gen § 15b EStG nach Maßgabe des § 52 Abs. 33a EStG im Streit­fall zur An­wen­dung ge­langt, weist der Se­nat für den zwei­ten Rechts­gang u.a. auf Fol­gen­des hin: Ein Steu­er­stun­dungs­mo­dell i.S.v. § 15b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG kann auch vor­lie­gen, wenn die pro­gnos­ti­zier­ten Ver­luste auf ge­setz­li­chen Ab­schrei­bungs­me­tho­den (de­gres­sive AfA, Son­der­ab­schrei­bun­gen) be­ru­hen. Die Ver­lust­aus­gleichs­be­schränkung des § 15b EStG steht nicht im Wi­der­spruch zu vom Ge­setz­ge­ber ge­schaf­fe­nen Len­kungsmaßnah­men.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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