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Steuerberatung

Fehlende Ermessenskriterien zur Bemessung der Höhe der Zwangsgelder

FG Berlin-Brandenburg 11.12.2018, 7 V 7186/18

Die An­dro­hung ei­nes Zwangs­gelds ist ein Er­mes­sens­akt, bei dem die Fi­nanz­behörde das ihr ein­geräumte Ent­schließungs- und Aus­wah­ler­mes­sen ausüben und in der nach §§ 121 Abs. 1, 127 AO ob­li­ga­to­ri­schen Begründung dar­le­gen muss. Die Begründungs­an­for­de­rung entfällt nicht da­durch, dass der An­trag­stel­ler die feh­lende oder je­den­falls man­gelnde Begründung nicht gerügt hatte.

Der Sach­ver­halt:

Der An­trag­stel­ler be­treibt eine Pen­sion. Er jähr­li­che macht jähr­lich Umsätze von ca. 130.000 € und jähr­li­che Ge­winne von ca. 12.000 €. Im De­zem­ber 2017 la­gen seine Steu­er­erklärun­gen nur bis ein­schließlich 2010 vor und noch keine Um­satz­steuer-Vor­an­mel­dung für 2017. In­fol­ge­des­sen drohte das Fi­nanz­amt mit am 14.12.2017 zu­ge­stell­ter Verfügung die Fest­set­zung von Zwangs­gel­dern i.H.v. je­weils 1.000 € je Erklärung, Ge­winn­er­mitt­lung und Um­satz­steuer-Vor­an­mel­dung an (etwa 34.000 €), wenn der An­trag­stel­ler die aus­ste­hen­den Erklärun­gen usw. nicht bis zum 3.1.2018 elek­tro­ni­sch beim An­trags­geg­ner ein­rei­che. Da­bei wa­ren die An­dro­hun­gen auf einem Blatt Pa­pier, nach Zei­len ei­ner Ta­belle ge­son­dert ab­ge­druckt.

Ge­gen die­sen Be­scheid legte der An­trag­stel­ler am 2.1.2018 Ein­spruch ein und wandte ein, in­ner­halb der kurzen ge­setz­ten Frist sei es unmöglich, die of­fe­nen sie­ben Jahre ab­zu­ar­bei­ten. Die Versäum­nisse hätten dar­aus re­sul­tiert, dass der An­trag­stel­ler ur­sprüng­lich be­ab­sich­tigt habe, die Buchführung selbst zu er­le­di­gen, was sich je­doch als un­rea­lis­ti­sch her­aus­ge­stellt habe. Er schlug vor, die Frist­set­zun­gen ge­staf­felt mit Ab­lauf­da­ten zwi­schen dem 31.1.2018 und dem 30.6.2018 vor­zu­neh­men. Fer­ner rügte er, dass die An­dro­hun­gen nicht mit ge­son­der­ten Ver­wal­tungs­ak­ten er­folgt seien und be­an­tragte die Aus­set­zung der Voll­zie­hung.

Mit Verfügung vom 9.1.2018 änderte die Fi­nanz­behörde die An­dro­hung da­hin­ge­hend ab, dass er die Frist­vor­schläge des An­trags­stel­lers über­nahm. In der Fol­ge­zeit reichte der An­trag­stel­ler le­dig­lich am 8.5.2018 eine Steu­er­erklärung 2013 nebst Ge­winn­er­mitt­lung ein, wor­auf ihm der An­trags­geg­ner am 31.5.2018 mit­teilte, dass die dies­bezügli­chen Beträge er­las­sen würden. We­gen der wei­te­ren feh­len­den Steu­er­erklärun­gen setzte das Fi­nanz­amt ent­spre­chende Zwangs­gel­der fest, ge­gen die der An­trag­stel­ler Ein­spruch ein­legte.

Die Ein­sprüche blie­ben er­folg­los. Der An­trag, die Voll­zie­hung des Be­scheids über Zwangs­geld­an­dro­hun­gen auf­zu­he­ben, war hin­ge­gen vor dem FG er­folg­reich. Al­ler­dings wurde die Be­schwerde zu­ge­las­sen.

Die Gründe:

Es ist ernst­lich zwei­fel­haft, dass die Fi­nanz­behörde nach den Maßstäben des § 102 FGO die Zwangs­geld­an­dro­hun­gen er­mes­sens­feh­ler­frei er­las­sen hat.

Die An­dro­hung ei­nes Zwangs­gelds ist ein Er­mes­sens­akt, bei dem die Fi­nanz­behörde das ihr ein­geräumte Ent­schließungs- und Aus­wah­ler­mes­sen ausüben und in der nach §§ 121 Abs. 1, 127 AO ob­li­ga­to­ri­schen Begründung dar­le­gen muss. Im vor­lie­gen­den Fall fehlt es an der Dar­le­gung der Er­mes­sens­kri­te­rien zur Höhe der an­ge­droh­ten Zwangs­gel­der. Bei einem Steu­er­pflich­ti­gen, der nach den aus den Ak­ten er­kenn­ba­ren Verhält­nis­sen jähr­li­che Umsätze von ca. 130.000 € und jähr­li­che Ge­winne von ca. 12.000 €, also un­we­sent­lich über dem Exis­tenz­mi­ni­mum, er­zielte, er­scheint es dar­le­gungs­bedürf­tig, wes­halb ihm ge­genüber die An­dro­hung von Zwangs­gel­dern i.H.v. je­weils 1.000,00 € er­for­der­lich und i.S.d. § 328 Abs. 2 AO an­ge­mes­sen er­schei­nen konnte.

Viel­mehr er­scheint na­he­lie­gen­der, dass an­ge­sichts der Fülle der vom An­trag­stel­ler be­gehr­ten Hand­lun­gen be­reits deut­lich nied­ri­gere Beträge die be­ab­sich­tigte Zwangs­wir­kung ausgeübt hätten. Die Begründungs­an­for­de­rung entfällt nicht da­durch, dass der An­trag­stel­ler die feh­lende oder je­den­falls man­gelnde Begründung nicht gerügt hatte. Da der An­trag­stel­ler die an­ge­foch­te­nen Zwangs­geld­an­dro­hun­gen schon für for­mell rechts­wid­rig hält, hatte er von sei­nem Rechts­stand­punkt dazu kei­nen An­lass. Im Übri­gen ist bei ei­ner ob­jek­ti­vier­ten Sicht aus dem Empfänger­ho­ri­zont des An­trag­stel­lers die Höhe der an­ge­droh­ten Zwangs­gel­der eben­falls nicht nach­voll­zieh­bar.

Da die Frage der Zulässig­keit ei­nes An­trags nach § 69 Abs. 3 FGO ge­gen eine Zwangs­geld­an­dro­hung bei Be­stands­kraft der dar­auf be­ru­hen­den Zwangs­geld­fest­set­zun­gen höchstrich­ter­lich nicht geklärt ist, hat das Ge­richt die Be­schwerde gem. § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu­ge­las­sen.

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