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Steuerberatung

Zur Hinzurechnung von steuerfreien Dividenden

FG München v. 25.6.2019 - 6 K 1543/16

Eine Hin­zu­rech­nung von steu­er­freien Di­vi­den­den i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG ist für das Jahr 2001 nicht zulässig. Sind die Di­vi­den­den dem Steu­er­pflich­ti­gen erst im Jahr 2002 und nicht be­reits im Jahr 2001 zu­ge­flos­sen, so kann die­ser sich nicht auf die Recht­spre­chung ei­ner un­zulässi­gen ge­wer­be­steu­er­li­chen Hin­zu­rech­nung im Jahr 2001 be­ru­fen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist ein Kre­dit­in­sti­tut, das seine Einkünfte durch Bi­lan­zen er­mit­telt. Ihr Wirt­schafts­jahr stimmt mit dem Ka­len­der­jahr übe­rein. Sie hielt An­teile an In­vest­ment­fonds mit vom Ka­len­der­jahr ab­wei­chen­den Wirt­schafts­jah­ren. Die In­vest­ment­fonds schütte­ten im Streit­jahr 2002 Di­vi­den­den­erträge aus. Die aus­ge­schütte­ten Di­vi­den­den be­ruh­ten z.T. auf Di­vi­den­den, die den In­vest­ment­fonds be­reits im Jahr 2001 zu­ge­flos­sen wa­ren.

In der Ge­wer­be­steu­er­erklärung für das Jahr 2002 erklärte die Kläge­rin ne­ben dem Ge­wer­be­er­trag ausländi­sche Di­vi­den­den aus Streu­be­sitz (§ 8b Abs. 1 KStG). Diese Di­vi­den­den er­fasste die Kläge­rin als ge­wer­be­steu­er­li­che Hin­zu­rech­nung nach § 8 Nr. 5 GewStG. Das Fi­nanz­amt ver­an­lagte die Kläge­rin erklärungs­gemäß mit un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung ste­hen­dem Be­scheid. Ge­gen die Fest­set­zung des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trags legte die Kläge­rin Ein­spruch ein. Nach ei­ner teil­wei­sen Neu­fas­sung des Ge­set­zes über Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaf­ten (KAGG) seien zahl­rei­che Zwei­fels­fra­gen, auch zu den außer­bi­lan­zi­el­len Hin­zu­rech­nun­gen, of­fen.

Das Fi­nanz­amt änderte zwar den Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trag ab. Zu Recht seien je­doch die den In­vest­ment­fonds be­reits im Jahr 2001 zu­ge­flos­se­nen Di­vi­den­den aus Streu­be­sitz dem Ge­wer­be­er­trag hin­zu­ge­rech­net wor­den. Nach der höchstrich­ter­li­chen Recht­spre­chung sei die Re­ge­lung des § 8 Nr. 5 GewStG hin­sicht­lich der Hin­zu­rech­nung von Ge­winn­an­tei­len bei Aus­lands­be­tei­li­gun­gen im Er­he­bungs­zeit­raum 2001 nicht an­zu­wen­den. Diese Recht­spre­chung be­treffe in­des nicht den Er­he­bungs­zeit­raum 2002 für den § 8 Nr. 5 GewStG an­zu­wen­den sei und in dem die Kläge­rin zu­tref­fend die Di­vi­den­den er­fasst habe.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Eine Hin­zu­rech­nung von steu­er­freien Di­vi­den­den i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG ist für das Jahr 2001 nicht zulässig. Die Klage hat in­des kei­nen Er­folg, weil die strei­ti­gen Di­vi­den­den der Kläge­rin erst im Jahr 2002 und nicht be­reits im Jahr 2001 zu­ge­flos­sen sind und sie sich aus die­sem Grund nicht auf die ge­nannte Recht­spre­chung ei­ner un­zulässi­gen ge­wer­be­steu­er­li­chen Hin­zu­rech­nung im Jahr 2001 be­ru­fen kann.

Die Kläge­rin macht gel­tend, aus dem Trans­pa­renz­prin­zip des KAGG er­gebe sich, dass die im Jahr 2002 an die Kläge­rin aus­ge­schüttete Di­vi­den­den als Di­vi­den­den des Jah­res 2001 zu gel­ten hätten. Dem war nicht zur fol­gen. Die steu­er­li­che Be­hand­lung der Erträge aus inländi­schen und ausländi­schen In­vest­ment­an­tei­len folgt dem Grund­satz der Trans­pa­renz. Durch die Zwi­schen­schal­tung des In­vest­ment­vermögens soll im Prin­zip keine höhere steu­er­li­che Be­las­tung, aber auch keine nied­ri­gere Be­las­tung ein­tre­ten als bei ei­ner Di­rekt­an­lage. Grundsätz­lich sind je­doch die ein­zel­nen Ebe­nen, die Ebene, der von dem In­vest­ment­fonds ge­hal­te­nen Vermögens­ge­genstände, die Ebene des In­vest­ment­fonds und die Ebene des je­wei­li­gen An­le­gers zu tren­nen.

Das KAGG folgt nach der höchstrich­ter­li­chen Recht­spre­chung einem ein­ge­schränk­ten Trans­pa­renz­prin­zip. Der An­le­ger wird zwar ei­ner­seits grundsätz­lich so be­steu­ert, als habe er die im Rah­men des Fonds an­ge­fal­le­nen Erträge selbst er­zielt. Der Um­fang der Gel­tung die­ses Trans­pa­renz­prin­zips wird in­des durch die ein­zel­nen Spe­zi­al­re­ge­lun­gen be­stimmt. Der Ge­danke der Trans­pa­renz ist da­her nicht in dem Sinne durchgängig ver­wirk­licht, dass der Fonds für Zwecke der Be­steue­rung des An­le­gers vollständig hin­weg­ge­dacht wird. Von einem sol­chermaßen ein­ge­schränk­ten Trans­pa­renz­prin­zip ist auch der Ge­setz­ge­ber aus­ge­gan­gen. Für die Be­steue­rung von Di­vi­den­den kommt das Trans­pa­renz­prin­zip in § 40 Abs. 2 KAGG durch den Ver­weis auf § 8b Abs. 1 KStG un­mit­tel­bar zum Aus­druck. Durch § 40 Abs. 2 KAGG soll er­reicht wer­den, dass körper­schaft­steu­er­pflich­tige An­teils­schein­in­ha­ber im Hin­blick auf die Steu­er­be­frei­ung des § 8b Abs. 1 KStG wie Di­rekt­an­le­ger be­han­delt wer­den. Die Steu­er­be­frei­ung des § 8b Abs. 1 KStG wird durch die Hin­zu­rech­nung nach § 8 Nr. 5 GewStG für die Er­mitt­lung des Ge­wer­be­er­trags wie­der auf­ge­ho­ben.

Aus dem Trans­pa­renz­prin­zip lässt sich in­des nicht ab­lei­ten, dass für den Zu­fluss von Di­vi­den­den auf den In­vest­ment­fonds ab­zu­stel­len sei und an die Kläge­rin aus­ge­schüttete Di­vi­den­den 2002 als Di­vi­den­den des Jah­res 2001 zu be­han­deln sind. Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG sind Aus­schüttun­gen auf An­teile an einem Wert­pa­pier-Son­der­vermögen Ein­nah­men i.S.d. § 20 EStG, wenn sie nicht - wie im Falle der Kläge­rin - Be­triebs­ein­nah­men des Steu­er­pflich­ti­gen sind. Be­triebs­ein­nah­men ent­ste­hen beim Bi­lan­zie­ren­den, wenn sein Be­triebs­vermögen durch Geld oder in Gel­des­wert be­ste­hende Wert­zugänge erhöht wird, die keine Ein­la­gen sind. Ein sol­cher Wert­zu­gang und da­mit sein Zu­fluss fin­det bei Ak­ti­vie­rung ei­nes An­spruchs statt. Dies gilt auch für Di­vi­den­den­an­sprüche der Kläge­rin ge­genüber den In­vest­ment­fonds, an de­nen sie An­teile hält. Es ist vor­lie­gend - ent­spre­chend der Bi­lanz der Kläge­rin - da­von aus­zu­ge­hen, dass die Aus­schüttun­gen im Streit­jahr 2002 bei der Kläge­rin zu er­fas­sen wa­ren.

Aus dem Trans­pa­renz­prin­zip lässt sich nicht ab­lei­ten, dass eine Di­vi­den­den­aus­schüttung be­reits dann beim An­le­ger zu­ge­flos­sen ist, wenn der In­vest­ment­fonds sei­ner­seits eine Di­vi­den­den­aus­schüttung erhält. Hin­sicht­lich des Zu­fluss­zeit­punk­tes für Di­vi­den­den­aus­schüttun­gen enthält das KAGG keine von den all­ge­mei­nen Bi­lan­zie­rungs­vor­schrif­ten oder von § 11 EStG ab­wei­chende Re­ge­lung. Da­her bleibt es für sol­che Aus­schüttun­gen bei den Grundsätzen des § 11 EStG bzw. beim Rea­li­sa­ti­ons­prin­zip. Das KAGG enthält in § 39 Abs. 1 Satz 2 KAGG eine Zu­fluss­fik­tion für nicht zur Kos­ten­de­ckung oder Aus­schüttung ver­wen­dete Ein­nah­men und Ge­winne. Das Ge­setz rech­net auch Zwi­schen­ge­winne zu die­sen Einkünf­ten. Als Zwi­schen­ge­winne de­fi­niert das Ge­setz das Ent­gelt für die dem An­teil­schein­in­ha­ber noch nicht zu­ge­flos­se­nen oder als zu­ge­flos­sen gel­ten­den Ein­nah­men des Wert­pa­pier-Son­der­vermögens im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 und 2 u. a. EStG. Die ge­setz­li­che Zu­fluss­fik­tion mit einem von § 11 EStG ab­wei­chen­den Zu­fluss­zeit­punkt, wie in § 39 Abs. 1 Satz 2 KAGG ge­re­gelt, gilt in­des nur für die in der Vor­schrift ge­nannte Kon­stel­la­tion. Diese ist hier in­des nicht ge­ge­ben.

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