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Steuerberatung

Zum Vorliegen einer Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG

FG Düsseldorf v. 11.3.2019 - 9 K 1960/17

Die ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2014 gel­tende neue Fas­sung des § 9 EStG führte für Ar­beit­neh­mer den Be­griff der "ers­ten Tätig­keitsstätte" so­wie in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG eine De­fi­ni­tion des Be­grif­fes der "dau­er­haf­ten Zu­ord­nung" ein. Hier­durch hat sich je­doch für Ge­wer­be­trei­bende hin­sicht­lich der Be­hand­lung der Rei­se­kos­ten in­so­weit keine Verände­rung er­ge­ben.

 

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­trieb ein Ab­bruch­un­ter­neh­men als Ein-Mann-Be­trieb, nach­dem er zu­vor bei sei­nem Va­ter für des­sen Ab­bruch­un­ter­neh­men als An­ge­stell­ter ge­ar­bei­tet hatte. Er fir­mierte fortan un­ter der­sel­ben Adresse wie sein Va­ter und er­mit­telte sei­nen Ge­winn durch Be­triebs­vermögens­ver­gleich. Im Rah­men sei­nes Un­ter­neh­mens führte der Kläger Ab­bruch- und Rei­ni­gungs­ar­bei­ten auf dem Gelände sei­nes (ein­zi­gen) Auf­trag­ge­bers, der F-Firma, in ei­ner an­de­ren Stadt aus. Den Kun­den hatte er von sei­nem Va­ter über­nom­men. Für die Fahr­ten zur F-Firma nutzte er zum Teil sei­nen im Be­triebs­vermögen be­find­li­chen PKW und führte im Übri­gen die Fahr­ten mit einem LKW sei­nes Va­ters von des­sen Be­triebs­hof durch.

Eine steu­er­li­che Be­triebsprüfung kam 2016 zu der An­sicht, dass sich die ein­zige Be­triebsstätte des Klägers auf dem Gelände der F-Firma be­fun­den habe. Des­halb seien die Fahr­ten des Klägers dort­hin als Fahr­ten zwi­schen Woh­nung und Be­triebsstätte und nicht als Rei­se­kos­ten zu qua­li­fi­zie­ren. Ab­wei­chend von § 12 AO sei nämlich der Be­griff der Be­triebsstätte im Hin­blick auf den be­son­de­ren Zweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG und im Zu­sam­men­hang mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG so­wie we­gen der ge­bo­te­nen Gleich­be­hand­lung von Ar­beit­neh­mern und Steu­er­pflich­ti­gen mit Ge­winn­einkünf­ten als von der Woh­nung ge­trennte dau­er­hafte Tätig­keitsstätte zu ver­ste­hen, die we­der eine orts­feste be­trieb­li­che Ein­rich­tung noch eine ei­gene Verfügungs­macht des Be­triebs­in­ha­bers vor­aus­setze.

Das Grundstück sei­nes Va­ters, von wo aus er je­weils mit LKW ge­star­tet war, sei keine Be­triebsstätte des Klägers. Der Kläger habe keine Miete für eine et­waige Nut­zung des Geländes ge­zahlt. Die Ver­wen­dung der Fir­men­adresse des Va­ters und fast iden­ti­scher Rech­nungs­vor­dru­cke sei be­wusst gewählt wor­den. In­fol­ge­des­sen wur­den die erklärten Fahrt­kos­ten un­ter Be­zug­nahme auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG nicht zum Be­triebs­aus­ga­ben­ab­zug zu­ge­las­sen.

Der Kläger hielt da­ge­gen, er habe auf dem Gelände der F-Firma über keine Be­triebs­mit­tel verfügt und kei­nen freien Zu­gang zu dem Gelände ge­habt. Da er nicht über lang­fris­tige Verträge an die F-Firma ge­bun­den ge­we­sen sei, sei auch das Merk­mal der Dau­er­haf­tig­keit für die An­nahme ei­ner Be­triebsstätte nicht erfüllt. Das FG wies al­ler­dings die ge­gen die Fest­set­zun­gen der Ein­kom­men­steuer so­wie der Ge­wer­be­steu­er­mess­beträge für die Jahre 2012 bis 2014 ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Sa­che die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat zu Recht Fahr­ten des Klägers zwi­schen sei­ner Woh­nung und der Be­triebsstätte der F-Firma an­ge­nom­men und dem­ent­spre­chend nicht ab­zieh­bare Be­triebs­aus­ga­ben ge­win­nerhöhend be­rech­net. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG sind erfüllt.

Auf dem Be­triebs­gelände der F-Firma ist der Kläger re­gelmäßig sei­nen Tätig­kei­ten nach­ge­gan­gen. Da­mit sind die Vor­aus­set­zun­gen für die An­nahme ei­ner Be­triebsstätte erfüllt. Dem steht nicht ent­ge­gen, wenn der Kläger kei­nen freien je­der­zei­ti­gen Zu­gang zu dem Gelände der F-Firma ge­habt ha­ben sollte. Das von dem Kläger be­tonte Merk­mal der "Dau­er­haf­tig­keit" fin­det sich in die­sem Zu­sam­men­hang und mit dem Ziel ei­ner Gleich­stel­lung mit der dies­bezügli­chen Be­steue­rung von Ar­beit­neh­mern in der Frage der Re­gelmäßig­keit des Auf­su­chens der Tätig­keitsstätte wie­der. Der Re­gelmäßig­keit des Auf­su­chens der Tätig­keitsstätte steht hier­bei nicht ent­ge­gen, dass der Kläger den Be­trieb sei­nes ein­zi­gen Auf­trag­ge­bers zi­vil­recht­lich auf Grund ei­ner Viel­zahl von Ein­zel­aufträgen auf­ge­sucht hat.

Die ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2014 gel­tende neue Fas­sung des § 9 EStG führte für Ar­beit­neh­mer den Be­griff der "ers­ten Tätig­keitsstätte" so­wie in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG eine De­fi­ni­tion des Be­grif­fes der "dau­er­haf­ten Zu­ord­nung" ein. Hier­durch hat sich je­doch für Ge­wer­be­trei­bende, wie dem Kläger, hin­sicht­lich der Be­hand­lung der Rei­se­kos­ten in­so­weit keine Verände­rung er­ge­ben. Denn § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG spricht im Zu­sam­men­hang mit Ge­winn­er­zie­lungs­einkünf­ten seit je­her und un­verändert von We­gen zwi­schen Woh­nung und "Be­triebsstätte".

Für eine un­veränderte Hand­ha­bung bei Ge­wer­be­trei­ben­den spricht zu­dem, dass der Ver­weis in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 EStG den Satz 1 des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG von der ent­spre­chen­den An­wen­dung aus­nimmt und nur die ent­spre­chende An­wen­dung der Be­rech­nungs­mo­da­litäten (Sätze 2 bis 6 der Vor­schrift) an­ord­net. § 9 Abs. 4 und 4a EStG als wei­ter­ge­hende Nor­mie­run­gen im Zu­sam­men­hang mit dem neuen Be­griff der ers­ten Tätig­keitsstätte fin­den in der Ver­wei­sung keine Erwähnung. Im Übri­gen wären bei ei­ner ent­spre­chen­den An­wen­dung im Fall des Klägers auch die Vor­aus­set­zun­gen des § 9 Abs. 4 Sätze 3 und 4 EStG erfüllt, weil das Tätig­keitwer­den für die F-Firma zwi­schen 2010 und 2014 und in den Jah­ren da­vor (durch den Be­trieb des Va­ters) und über 2014 hin­aus zur Über­zeu­gung des Ge­richts be­legt, dass die Zu­sam­men­ar­beit von vorn­her­ein auf (un­be­fris­tete) Dauer an­ge­legt war.

Nach dem Ge­samt­bild der Verhält­nisse stellte die Auf­ga­ben­er­le­di­gung auf dem Be­triebs­gelände der F-Firma nach in­halt­li­chen wie auch zeit­li­chen Kri­te­rien ein­deu­tig den Mit­tel­punkt der be­trieb­li­chen Ar­beit des Klägers dar. Der Se­nat folgt dem Kläger aber in­so­weit als dass sich auf dem Be­triebs­gelände sei­nes Va­ters seine (zweite) Be­triebsstätte be­fun­den hat.

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