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Wettbewerbsverbot gegenüber geschäftsführenden Gesellschafter

OLG Nürnberg v. 14.10.2020, 12 U 1440/20

Nach BGH-Recht­spre­chung ist ein an einen Ge­sell­schaf­ter ge­rich­te­tes um­fas­sen­des Wett­be­werbs­ver­bot in dem Ge­sell­schafts­ver­trag ei­ner GmbH im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG ein­schränkend in dem Sinne aus­zu­le­gen, dass es nur bis zum wirk­sa­men Aus­tritt aus der Ge­sell­schaft gilt. Die Wei­ter­gel­tung des Wett­be­werbs­ver­bots über die­sen Zeit­punkt hin­aus käme da­nach einem ge­gen § 138 BGB i.V.m. Art. 12 GG ver­stoßen­den Be­rufs­ver­bot gleich.

Der Sach­ver­halt:
Der Verfügungskläger ist seit 2004 Ge­sell­schaf­ter der Verfügungs­be­klag­ten mit einem Ge­schäfts­an­teil von 50%. Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand der Verfügungs­be­klag­ten ist die Pla­nung, der Ver­trieb und die Ausführung so­wie die In­be­trieb­nahme und die War­tung von re­gel­tech­ni­schen An­la­gen und IT-Netz­wer­ken. Der Ge­schäftsführer-An­stel­lungs­ver­trag des Verfügungsklägers vom 31.12.2004 enthält in sei­nem § 3 Abs. 1 ein Wett­be­werbs­ver­bot für den Verfügungskläger, von dem die­ser nicht be­freit wurde. Die Sat­zung der Verfügungs­be­klag­ten enthält fol­gende Re­ge­lun­gen

§ 12 der Sat­zung:
"Je­der Ge­sell­schaf­ter kann mit ei­ner Frist von 12 Mo­na­ten zum Schluss ei­nes Ge­schäfts­jah­res sei­nen Aus­tritt aus der Ge­sell­schaft erklären. Die Ge­sell­schaft wird durch den Aus­tritt nicht auf­gelöst; viel­mehr schei­det der aus­tre­tende Ge­sell­schaf­ter aus der Ge­sell­schaft aus. Ab Zu­gang der Aus­tritts­erklärung bei der Ge­sell­schaft ruht das Stimm­recht des Aus­tre­ten­den bis zum Aus­schei­den aus der Ge­sell­schaft."

§ 13 der Sat­zung:
"Kein Ge­sell­schaf­ter darf der Ge­sell­schaft während sei­ner Ver­trags­zeit un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar, un­ter ei­ge­nem oder frem­dem Na­men, für ei­gene oder fremde Rech­nung im Ge­schäfts­be­reich der Ge­sell­schaft Kon­kur­renz ma­chen oder sich als Mit­un­ter­neh­mer an einem Kon­kur­renz­un­ter­neh­men be­tei­li­gen. ... Ein nach­ver­trag­li­ches Wett­be­werbs­ver­bot wird nicht ver­ein­bart."

Mit Schrei­ben vom 23.12.2019 erklärte der Verfügungskläger sei­nen Aus­tritt aus der Verfügungs­be­klag­ten. Nach­dem der Verfügungskläger am 18.2.2020 als Ge­schäftsführer ab­be­ru­fen wor­den war, kündigte er dar­auf­hin den Ge­schäftsführer-An­stel­lungs­ver­trag frist­los.

Der Verfügungskläger ist noch an wei­te­ren Un­ter­neh­men be­tei­ligt, die im Wett­be­werb zur Verfügungs­be­klag­ten ste­hen, und dort je­weils zum Ge­schäftsführer be­stellt. Er hat erst­in­stanz­lich vor­ge­tra­gen, dass er im Verhält­nis zur Verfügungs­be­klag­ten kei­nem Wett­be­werbs­ver­bot un­ter­liege. Das ge­sell­schafts­ver­trag­li­che Wett­be­werbs­ver­bot sei gem. § 138 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 12 GG nich­tig.

Das LG hat den An­trag auf Er­lass einst­wei­li­ger Verfügun­gen zurück­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung des Verfügungsklägers hat das OLG die Ent­schei­dung zum Teil abgeändert.

Die Gründe:
Das LG hat den An­trag des Verfügungsklägers, ihm vorläufig eine Kon­kur­renztätig­keit zu ge­stat­ten und der Verfügungs­be­klag­ten auf­zu­ge­ben, diese zu dul­den, zu Un­recht zurück­ge­wie­sen, weil das in § 13 Sat­zung der Verfügungs­be­klag­ten ent­hal­tene Wett­be­werbs­ver­bot im Hin­blick auf § 138 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 12 GG nicht für den Zeit­raum ab der Aus­tritts­erklärung ei­nes Ge­sell­schaf­ters gilt.

Die in § 13 der Sat­zung ge­trof­fene Re­ge­lung, dass kein Ge­sell­schaf­ter der Ge­sell­schaft während sei­ner Ver­trags­zeit un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar, un­ter ei­ge­nem oder frem­dem Na­men, für ei­gene oder fremde Rech­nung im Ge­schäfts­be­reich der Ge­sell­schaft Kon­kur­renz ma­chen oder sich als Mit­un­ter­neh­mer an einem Kon­kur­renz­un­ter­neh­men be­tei­li­gen darf, ist da­hin aus­zu­le­gen, dass die­ses Wett­be­werbs­ver­bot nicht für den Zeit­raum gilt, in dem das Stimm­recht ei­nes Ge­sell­schaf­ters gem. § 12 der Sat­zung ruht, weil die­ser sei­nen Aus­tritt aus der Ge­sell­schaft erklärt hat. Nach BGH-Recht­spre­chung (vgl. etwa BGH-Urt. v. 30.11.2009 - II ZR 208/08) ist ein an einen Ge­sell­schaf­ter ge­rich­te­tes um­fas­sen­des Wett­be­werbs­ver­bot in dem Ge­sell­schafts­ver­trag ei­ner GmbH im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG ein­schränkend in dem Sinne aus­zu­le­gen, dass es nur bis zum wirk­sa­men Aus­tritt aus der Ge­sell­schaft gilt. Die Wei­ter­gel­tung des Wett­be­werbs­ver­bots über die­sen Zeit­punkt hin­aus käme da­nach einem ge­gen § 138 BGB i.V.m. Art. 12 GG ver­stoßen­den Be­rufs­ver­bot gleich.

Nach die­sen Maßga­ben stellt auch im vor­lie­gen­den Fall das Wett­be­werbs­ver­bot einen un­zulässi­gen Ein­griff in die Be­rufs­ausübung des Verfügungsklägers dar: Der Verfügungskläger un­ter­liegt gem. § 12 der Sat­zung ab sei­ner Aus­tritts­erklärung als Ge­sell­schaf­ter einem um­fas­sen­den Ab­stim­mungs­ver­bot und kann da­her auf die An­ge­le­gen­hei­ten der Ge­sell­schaft bis zur Wirk­sam­keit sei­nes Aus­tritts zum 31.12.2020 grundsätz­lich kei­nen nach­hal­ti­gen Ein­fluss mehr neh­men, was noch wei­ter­geht als in dem vom BGH ent­schie­de­nen Fall. Be­reits die­ser Um­stand genügt für die Un­wirk­sam­keit des ge­sell­schafts­ver­trag­li­chen Wett­be­werbs­ver­bots.

Den wei­ter­ge­hen­den An­trag des Verfügungsklägers, es der Verfügungs­be­klag­ten zu un­ter­sa­gen, ge­gen seine Be­schäfti­gung als Ge­schäftsführer für ein Kon­kur­renz­un­ter­neh­men oder eine an­dere Kon­kur­renz­be­schäfti­gung, eine einst­wei­lige Verfügung zu be­an­tra­gen, hat das LG zu Recht zurück­ge­wie­sen. Eine An­ord­nung die­ser Art wäre im Hin­blick auf den Rechts­schutz­an­spruch der Verfügungs­be­klag­ten zu weit­ge­hend.

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