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Steuerberatung

Überlassung von wesentlicher Betriebsgrundlage keine begünstigte Veräußerung

BFH 20.3.2017, X R 11/16

Wird eine ein­geführte Be­zeich­nung für einen Be­trieb nicht mit­ver­kauft, son­dern le­dig­lich im Rah­men ei­nes Fran­chise­ver­trags zur Nut­zung über­las­sen, sind nicht alle we­sent­li­chen Be­triebs­grund­la­gen über­tra­gen wor­den; des­halb ist der Ge­winn aus der Veräußerung als lau­fen­der Ge­winn zu be­steu­ern.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­trieb im Streit­jahr 2004 - or­ga­ni­sa­to­ri­sch ge­trennt - meh­rere Ero­tikmärkte un­ter ei­ner ein­heit­li­chen Fir­mie­rung. Einen Markt, der in einen Shop-Be­reich und einen Be­reich mit Vi­deo­ka­bi­nen und Ero­tik­kino (Vi­deo/Kino) un­ter­teilt war, veräußerte der Kläger im Streit­jahr. Zeit­gleich ver­ein­barte der Kläger mit der Käuferin einen Fran­chise­ver­trag. Er räumte ihr u.a. die Nut­zung des Na­mens ein. Die Käuferin ver­pflich­tete sich, das Ge­schäfts­lo­kal ent­spre­chend den vom Kläger ge­ge­be­nen An­wei­sun­gen u.a. hin­sicht­lich des Ge­brauchs des Na­mens, der Wort­zei­chen, der Wer­besätze und der Bil­der ein­zu­rich­ten, aus­zu­stat­ten und zu er­hal­ten. Da­durch sollte das Mar­ken­bild des Fran­chise­ge­bers in Er­schei­nung tre­ten. Der Fran­chise­ver­trag wurde auf die Dauer von zehn Jah­ren ab­ge­schlos­sen.

Der Kläger gab im Rah­men sei­ner Erklärung über die ge­son­derte Fest­stel­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen für das Streit­jahr einen lau­fen­den Ge­winn aus Ge­wer­be­be­trieb. Das für die Veräußerung des Markts ver­ein­barte Ent­gelt erklärte der Kläger nicht. Das Fi­nanz­amt ver­tritt dem­ge­genüber die An­sicht, der Ge­winn aus der Veräußerung des Markts sei als lau­fen­der Ge­winn zu ver­steu­ern. Denn der Kläger habe nicht alle we­sent­li­chen Be­triebs­grund­la­gen veräußert. Schließlich sei über den Ruf und Na­men des Markts nur ein Fran­chise­ver­trag ab­ge­schlos­sen wor­den.

Außer­dem schätzte das Fi­nanz­amt griff­weise einen Be­trag i.H.v. 10 % der erklärten Umsätze aus dem Be­reich Vi­deo/Kino hinzu. In­so­weit sah das Fi­nanz­amt die Kas­sen­sturzfähig­keit als nicht ge­ge­ben an. Denn die Geld­spei­cher der Au­to­ma­ten, die als Kas­sen an­zu­se­hen seien, seien in un­re­gelmäßigen Abständen ge­leert, Münzen und Geld­scheine ohne ei­gene Zählung bei der Bank ab­ge­lie­fert und dort gut­ge­schrie­ben wor­den. Nur durch Ad­di­tion der Bank­gut­schrif­ten und der ver­aus­gab­ten Beträge habe der Kläger die Summe der Ein­nah­men er­mit­telt. Für die ein­zel­nen Kas­sen seien keine ge­trenn­ten Auf­zeich­nun­gen vor­ge­nom­men wor­den.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Zwar ist das FG zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der Veräußerungs­ge­winn als lau­fen­der Ge­winn zu be­steu­ern ist, da der Kläger nicht alle we­sent­li­chen Be­triebs­grund­la­gen veräußert hat. Auch geht das FG zu­tref­fend da­von aus, dass die Kas­sen­sturzfähig­keit der Geld­spei­cher und da­mit die for­melle Ord­nungsmäßig­keit der Buchführung nicht ge­ge­ben wa­ren. Al­ler­dings be­durfte die Zu­schätzung von 10 % der Umsätze im Be­reich Vi­deo/Kino ei­ner wei­ter­ge­hen­den Begründung, um für den Se­nat überprüfbar zu wer­den.

Nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG un­ter­liegt ein Veräußerungs- oder Auf­ga­be­ge­winn i.S.v. § 16 EStG der Ta­rif­begüns­ti­gung nur, wenn er auch "außer­or­dent­lich" ist. Dies setzt bei al­len Tat­beständen des § 34 Abs. 2 EStG eine aty­pi­sche Zu­sam­men­bal­lung vor­aus. Die Ta­rif­begüns­ti­gung gem. § 34 EStG er­for­dert dem­nach, dass alle stil­len Re­ser­ven, die in den we­sent­li­chen Grund­la­gen ei­ner be­trieb­li­chen Sach­ge­samt­heit an­ge­sam­melt wur­den, in einem ein­heit­li­chen Vor­gang auf­gelöst wer­den. Da­bei ist der Be­griff der we­sent­li­chen Be­triebs­grund­lage norm­spe­zi­fi­sch aus­zu­le­gen, d.h. zu den we­sent­li­chen Grund­la­gen ei­nes Be­triebs im Zu­sam­men­hang mit der Ta­rif­begüns­ti­gung ei­nes Ge­winns aus ei­ner Be­triebs­veräußerung oder -auf­gabe gehören die funk­tio­nal we­sent­li­chen Wirt­schaftsgüter und darüber hin­aus auch sol­che Wirt­schaftsgüter, die zwar funk­tio­nal ge­se­hen für den Be­trieb, Teil­be­trieb oder Mit­un­ter­neh­me­ran­teil nicht er­for­der­lich sind, in de­nen aber er­heb­li­che stille Re­ser­ven ge­bun­den sind.

Grundsätz­lich können auch im­ma­te­ri­elle Wirt­schaftsgüter als we­sent­li­che Be­triebs­grund­la­gen in Be­tracht kom­men, etwa der Name bzw. das Zei­chen ei­nes Be­triebs. Im Streit­fall er­folgte der Ver­kauf ei­nes Ge­schäfts­be­triebs mit zeit­glei­chem Ab­schluss ei­nes Fran­chise­ver­trags zwi­schen dem Verkäufer als Fran­chise­ge­ber und dem Käufer als Fran­chise­neh­mer hin­sicht­lich der wei­te­ren Na­mens­nut­zung des ver­kauf­ten Be­triebs. Vor­lie­gend ist darin eine we­sent­li­che, nicht mit­veräußerte Be­triebs­grund­lage zu se­hen, die nicht über­tra­gen wurde und da­mit der begüns­tig­ten Be­steue­rung des Veräußerungs­ge­winns ent­ge­gen­stand.

Im Übri­gen ist fest­zu­stel­len, dass Geld­spei­cher von Geld­ein­wur­fau­to­ma­ten Kas­sen sind, wes­halb bei ih­rer Lee­rung der Be­stand zu zählen und das Er­geb­nis auf­zu­zeich­nen ist, um die Kas­sen­sturzfähig­keit zu gewähr­leis­ten. Vor­lie­gend war die Kas­sen­buchführung des Klägers, so­weit es um die Bar­ein­nah­men aus den Geld­spei­chern der Au­to­ma­ten ging, nicht ord­nungs­gemäß, da man­gels Kas­sen­be­richts die Kas­sen­sturzfähig­keit nicht ge­ge­ben war. Das Fi­nanz­amt mus­ste da­her die Umsätze die­ses Ge­schäfts­be­reichs nach § 162 Abs. 2 S. 1 AO schätzen. Vor­lie­gend war der vom Fi­nanz­amt vor­ge­nom­mene Un­si­cher­heits­zu­schlag von 10 % je­doch durch den BFH nicht auf seine An­ge­mes­sen­heit hin überprüfbar, so dass die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück­zu­ver­wei­sen war.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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