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Steuerfreiheit von Beteiligungserträgen gemeinnütziger Körperschaften aus gewerblich geprägten Personengesellschaften

BFH 18.2.2016, V R 60/13

Be­tei­ligt sich eine ge­meinnützige Stif­tung an ei­ner ge­werb­lich geprägten vermögens­ver­wal­ten­den Per­so­nen­ge­sell­schaft, un­terhält sie kei­nen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb. Dies gilt auch dann, wenn die Per­so­nen­ge­sell­schaft zu­vor ori­ginär ge­werb­lich tätig war.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine ge­meinnützige rechtsfähige Stif­tung, die 1990 von den Ehe­leu­ten B mit einem Grund­stock­vermögen von 100.000 DM gegründet wor­den war. Stif­tungs­zwe­cke sind die Förde­rung des Tier­schut­zes, des Sports und des Um­welt­schut­zes. Nach dem Tode der Frau B erbte die Kläge­rin de­ren Kom­man­dit­an­teil (100 Pro­zent) an der B-GmbH & Co. KG so­wie alle An­teile an der Kom­ple­mentär-GmbH. Die KG be­trieb ur­sprüng­lich einen Schuh­wa­ren­ein­zel­han­del mit Schuh­ge­schäften in A, B und C. Seit 1986 nutzte die KG ihr Be­triebs­grundstück in A nicht mehr für Schuh­wa­ren­ein­zel­han­del, son­dern ver­mie­tete die­ses Wohn- und Ge­schäfts­haus an einen Drit­ten. Zum 30.6.2006 be­en­dete die KG ihre Tätig­keit als Schuh­wa­ren­ein­zelhänd­ler und veräußerte alle ihre Fi­lia­len. Im Be­triebs­vermögen ver­blieb le­dig­lich das Wohn- und Ge­schäfts­haus in A.

Die­ses Gebäude wurde um­ge­baut und da­nach eine (ehe­ma­lige) Woh­nung als Büro­raum für die KG und die Kläge­rin ge­nutzt. Die übri­gen Räum­lich­kei­ten ver­mie­tet die KG an ge­werb­li­che Mie­ter oder Woh­nungs­mie­ter. Wei­tere wirt­schaft­li­che Betäti­gun­gen übt die KG seit­dem nicht aus. Ge­genüber dem Fi­nanz­amt de­kla­rierte die KG die Veräußerung der Schuh­ge­schäfte im Jahre 2006 als Teil­be­triebs­veräußerung i.S.d. §§ 16, 34 EStG. Dem folgte das Fi­nanz­amt, da es sich nach übe­rein­stim­men­der An­sicht der Be­tei­lig­ten bei dem Grundstück in A im Jahr 2006 nicht (mehr) um eine we­sent­li­che Be­triebs­grund­lage des Schuh­wa­ren­ein­zel­han­dels ge­han­delt habe. Ebenso gewährte das Fi­nanz­amt der KG für die Fol­ge­jahre die er­wei­terte Kürzung für Grundstücks­un­ter­neh­men nach § 9 Nr. 1 S. 2 und 3 GewStG.

Die Kläge­rin be­han­delte ihre Be­tei­li­gung an der KG seit 2006 zunächst als steu­er­pflich­ti­gen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb. Die­ser Be­trach­tung schloss sich das Fi­nanz­amt an und er­fasste im Streit­jahr (2011) als Be­tei­li­gungs­er­geb­nis einen Ge­winn von rd. 100.000 €. Dem­ent­spre­chend setzte das Fi­nanz­amt die Körper­schaft­steuer für das Streit­jahr i.H.v. rd. 14.400 € fest. Da­ge­gen wandte sich die Kläge­rin in­folge des Ur­teils des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH) vom 25.5.2011, I R 60/10 und machte die Steu­er­frei­heit der Be­tei­li­gungs­einkünfte gel­tend.

Das FG gab der Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu­tref­fend keine Körper­schaft­steuer für das Streit­jahr fest­ge­setzt. Denn die Kläge­rin ist gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körper­schaft­steuer be­freit. Die Be­frei­ung ist nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG aus­ge­schlos­sen. Die Kläge­rin un­terhält mit ih­rer Be­tei­li­gung an der KG kei­nen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb.

Einen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb begründet in der Re­gel, wer als steu­er­be­freite Körper­schaft Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb i.S.d. § 15 EStG er­zielt. Dazu zählt auch die Be­tei­li­gung an ei­ner ge­werb­lich täti­gen Per­so­nen­ge­sell­schaft (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Be­tei­ligt sich eine ge­meinnützige Stif­tung in­des - wie im Streit­fall - an ei­ner ge­werb­lich geprägten vermögens­ver­wal­ten­den Per­so­nen­ge­sell­schaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), liegt kein wirt­schaft­li­cher Ge­schäfts­be­trieb vor.

Die­ser Recht­spre­chung des I. Se­nats des BFH folgt der er­ken­nende Se­nat. Sie er­gibt sich aus dem Zweck der Be­steue­rung wirt­schaft­li­cher Ge­schäfts­be­triebe, die aus Gründen der Wett­be­werbs­neu­tra­lität von der Steu­er­be­frei­ung aus­ge­nom­men sind. Vermögens­ver­wal­ten­den Tätig­kei­ten - auch sol­chen, die kraft der in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ent­hal­te­nen Fik­tion als ge­werb­lich gel­ten - misst § 14 S. 2 AO aber keine Be­deu­tung für die Wett­be­werbs­neu­tra­lität zu.

Die Kläge­rin ist als steu­er­be­freite Stif­tung an der KG be­tei­ligt, die le­dig­lich auf­grund von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Ge­wer­be­be­trieb gilt. Sie übt keine Tätig­keit i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG aus, in­dem sie ihr früheres Be­triebs­grundstück in A wei­ter­hin ver­pach­tet. Dem­nach lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Be­triebs­ver­pach­tung nicht vor: Die we­sent­li­chen Be­triebs­grund­la­gen des Schu­hein­zel­han­dels, die von der KG be­trie­be­nen Fi­lia­len, wur­den al­le­samt veräußert. Le­dig­lich das Grundstück in A wurde von der KG wei­ter­hin durch Ver­pach­tung ge­nutzt.

Begründet die Be­tei­li­gung der Kläge­rin an der KG mit­hin kei­nen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb i.S.d. § 14 AO, so ändert sich daran ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Fi­nanz­amts nichts, so­weit die ge­werb­lich geprägte Per­so­nen­ge­sell­schaft zu­vor - wie hier die KG bis 2006 - (ori­ginär) ge­werb­lich tätig war. Dar­aus folgt nicht, die Be­tei­li­gungs­erträge einem wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb so lange zu­zu­rech­nen und zu be­steu­ern, bis die während der ge­werb­li­chen Tätig­keit der KG ge­bil­de­ten stil­len Re­ser­ven des Be­triebs­vermögens auf­ge­deckt und der Be­steue­rung zu­geführt sind.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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