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Steuerberatung

Pensionsrückstellungen: Überprüfung des 6-prozentigen Rechnungszinsfußes

FG Köln 19.12.2017, 10 K 977/17

Die feh­lende Überprüfung und An­pas­sung des Zinsfußes seit 1982 an das Nied­rig­zin­sum­feld führt nach Auf­fas­sung des FG Köln zu sei­ner Ver­fas­sungs­wid­rig­keit.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist ein mit­telständi­sches Un­ter­neh­men. Sie ging bis zum 31.12.1979 Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen im Rah­men der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung für ihre Ar­beit­neh­mer/in­nen ein. Die für die Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen ge­bil­de­ten Pen­si­onsrück­stel­lun­gen be­lie­fen sich zum 31.12.2015 auf rd. 11 Mio. €. Sie wur­den in der Han­dels­bi­lanz mit rd. 10 mio. € an­ge­setzt. Steu­er­bi­lan­zi­ell er­gab sich ein Wert­an­satz von rd. 7,5 Mio. €. Die un­ter­schied­li­che Höhe re­sul­tiert dar­aus, das Pen­si­onsrück­stel­lun­gen in der Han­dels­bi­lanz un­ter An­satz ei­nes sog. "at­men­den Rech­nungs­zinsfußes" von 3,89 % (2015) zu be­wer­ten sind, während für steu­er­bi­lan­zi­elle Zwecke der feste Rech­nungs­zinsfuß von 6 % an­zu­set­zen ist.


Die Kläge­rin er­mit­telte in ih­rem han­dels­recht­li­chen Jah­res­ab­schluss einen ge­rin­gen Jah­resüber­schuss. Auf­grund der an­de­ren Be­wer­tung der Pen­si­onsrück­stel­lun­gen erhöhte sich das zu ver­steu­ernde Ein­kom­men ge­genüber dem han­dels­recht­li­chen Jah­resüber­schuss um rd. 500.000 €.


Die Kläge­rin gab ihre Körper­schaft­steu­er­erklärung für 2015 ab. In die­ser erklärte sie un­ter An­satz des Rech­nungs­zinsfußes von 6 % ein zu ver­steu­ern­des Ein­kom­men von rd. 900.000 €. Die­ses legte das Fi­nanz­amt dem Körper­schaft­steu­er­be­scheid  zu­grunde. Hier­ge­gen wen­det sich die Kläge­rin mit ih­rer Klage. Sie ist der Auf­fas­sung, die Re­ge­lung des § 6a Abs. 3 S. 3 EStG zum Rech­nungs­zinsfuß sei ver­fas­sungs­wid­rig.


Das FG setzte das Ver­fah­ren aus und möchte nun vom BVerfG wis­sen, ob § 6 a Abs. 3 S. 3 EStG Stand 2015 mit dem GG ver­ein­bar ist .

Die Gründe:
Der Ge­setz­ge­ber ist zwar be­fugt, den Rech­nungs­zinsfuß zu ty­pi­sie­ren. Er muss aber in re­gelmäßigen Abständen überprüfen, ob die Ty­pi­sie­rung noch rea­litätsge­recht ist.

Der Rech­nungs­zinsfuß ist seit 1982 un­verändert. Der Zinsfuß hätte seit­her auf seine Gültig­keit überprüft wer­den müssen, ins­be­son­dere da er sich im Ver­gleich zum heu­ti­gen Zin­sum­feld sehr weit von der Rea­lität ent­fernt hat. Sämt­li­che an­dere Pa­ra­me­ter, die zu einem Ver­gleich ge­eig­net sind, z.B. Ka­pi­tal­markt­zins, An­lei­hen der öff­ent­li­chen Hand, Un­ter­neh­mens­an­lei­hen, Ge­samt­ka­pi­tal­ren­dite, sind seit vie­len Jah­ren teil­weise weit un­ter 6 % an­ge­sie­delt.

Die feh­lende Überprüfung und An­pas­sung des Zinsfußes führt nach Auf­fas­sung des FG zur Ver­fas­sungs­wid­rig­keit. Da Deutsch­land wie auch an­dere Staa­ten sich in einem struk­tu­rel­len (und nicht nur einem kon­junk­tu­rel­len) Nied­rig­zin­sum­feld be­fin­det, hätte der Ge­setz­ge­ber rea­gie­ren müssen.

Hin­ter­grund:
Je höher der Rech­nungs­zinsfuß ist, desto we­ni­ger darf ein Un­ter­neh­men der Pen­si­onsrück­stel­lung zuführen. Dies hat eine höhere steu­er­li­che Be­las­tung zur Folge. Im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ver­min­derte sich die han­dels­bi­lan­zi­elle Rück­stel­lung (Zinsfuß 3,89 %) in der Steu­er­bi­lanz um rd. 2,4 Mio €.

Link­hin­weise:
Für den auf den Web­sei­ten der Jus­tiz NRW veröff­ent­lich­ten Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier; für die dort veröff­ent­lichte Pres­se­mit­tei­lung bitte hier.

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