Spätestens ab dem Geschäftsjahr 2023 müssen diese Betriebe die neue Verordnung anwenden. Eine freiwillige Anwendung ist unter weiteren Voraussetzungen bereits zum aktuellen Zeitpunkt möglich. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Änderungen empfiehlt sich schon jetzt.
Eine wesentliche Neuerung besteht in § 7 Abs. 2 EigBVO-HGB bzw. § 7 Abs. 2 EigBVO-Doppik, wonach Pensions- und Beihilferückstellungen, für die der Kommunale Versorgungsverband Baden-Württemberg (KVBW) Rückstellungen bildet, grundsätzlich auf Ebene des Eigenbetriebs nicht mehr zu bilden sind bzw. bestehende Rückstellungen innerhalb von 15 Jahren oder einmalig aufgelöst werden müssen. Da der KVBW entsprechende Rückstellungen bildet, greift hier das Auflösungsgebot. Dass der KVBW die Rückstellungen deutlich niedriger bewertet als nach HGB (Abzinsung mit zu hohen Zinssätzen) und die Rückstellungen auch nicht ausfinanziert sind (hoher versicherungstechnischer Fehlbetrag, Deckungslücke Ende 2018 rd. 82 %), wird in der Verordnung und in der Begründung nicht weiter erörtert.
Ferner kann durch das Wahlrecht der § 7 Abs. 1 Satz 2 EigBVO-HGB i. V. m § 44 Abs. 4 Satz 2 GemHVO auf eine Abzinsung von Rückstellungen verzichtet werden. Dies betrifft langfristige Rückstellungen wie Jubiläumszahlungen, Deponierückstellungen, Archivierungsrückstellungen, Abraumbeseitigung oder Schlussrenovierungen, für die dann eine vom HGB abweichende Bilanzierung möglich ist. Dieses Wahlrecht sowie die Verpflichtung zur Auflösung der Pensions- und Beihilferückstellungen besteht jedoch nicht, wenn vorrangiges Bundesrecht dem entgegensteht und eine Anwendung des HGB fordert (z. B. nach ENWG).
Sofern der Jahresabschluss (bei Eigenbetrieben und Zweckverbänden) auf freiwilliger Basis durch einen Wirtschaftsprüfer geprüft wird, stellt sich die Frage, ob dieser den Bestätigungsvermerk aufgrund der Nichtbildung bzw. Auflösung einzuschränken hat. Im Grundsatz hat er nach der IDW Stellungnahme des IDW RS HFA 23 zur Bilanzierung von Pensionsrückstellungen bei Beamten hinsichtlich der Beihilfen die allgemeinen Bilanzierungsregeln von Rückstellungen zu beachten. Hierzu hat sich der IDW in seinem fachlichen Hinweis vom 26.6.2020 befasst. Danach ist unter bestimmten Voraussetzungen der Bestätigungsvermerk nicht einzuschränken, insb. wenn ausreichende Angaben im Anhang zur Auflösung gemacht werden. Was das Testat der Wirtschaftsprüfer anbelangt, muss der Eigenbetrieb oder Zweckverband hinnehmen, dass der Hinweis auf das „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ unterbleibt. Grund ist hier, dass der Landesgesetzgeber „den Bedürfnissen einer bestimmten Gruppe von Adressaten eindeutig Vorrang über die der anderen Adressaten einräumt, sodass die Abschlüsse die Informationsfunktion für die anderen Adressaten nicht ausreichend erfüllen“. Zusätzlich sind verschiedene Erläuterungen im Bericht zu machen (Bewertungsgrundlagen).
Neben den Auswirkungen auf die handelsrechtliche Rechnungslegung und die Abschlussprüfung werden die Änderungen steuerliche und gebührenrechtliche Auswirkungen nach sich ziehen.
Ob die Rückstellungen, sofern gebildet, auch steuerlich aufzulösen sind, ist nicht explizit geregelt. Fraglich ist, ob hier das Maßgeblichkeitsprinzip der Handelsbilanz eine Auflösung in der Steuerbilanz zur Folge hat.
Dies könnte bezweifelt werden, zumal im Steuerrecht eigene Bewertungsmaßstäbe für Pensionsrückstellungen existieren und hinsichtlich der Bewertung eine Durchbrechung der Maßgeblichkeit besteht. Nach herrschender Meinung besteht hier der Maßgeblichkeitsgrundsatz fort. Dem steht nicht entgegen, dass § 6a EStG hinsichtlich der Pensionsrückstellungen eine selbständige Bilanzierungsvorschrift ist. Ein steuerliches Wahlrecht im eigentlichen Sinne, aufgrund des Wortlautes „darf“, besteht nach herrschender Auffassung für Neuzusagen, aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips nicht, sondern es besteht auch steuerlich eine Passivierungspflicht, die zum einen durch das Maßgeblichkeitsprinzip und zum anderen durch den Wortlaut des § 6a Abs. 1 Satz 1 EStG „darf […] nur gebildet werden, wenn und soweit“ begründet wird. § 6a EStG enthält demnach lediglich Einschränkungen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 249 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB für Zwecke des steuerlichen Ansatzes.
Im Falle der Auflösung stellt sich die Frage, ob diese als Einmalbetrag oder verteilt über 15 Jahre zu erfolgen hat. Hier sind betriebswirtschaftliche Erwägungen anzustellen, da im Falle einer Gutschrift des Auflösungsbetrags an die Kunden des Eigenbetriebs oder an Verbandsmitglieder evtl. eine Finanzierung zu bewältigen ist. Zudem sind steuerliche Überlegungen anzustellen, da, wie dargestellt, auch die in der Steuerbilanz gebildete Rückstellung aufzulösen ist.
Nach dem Gebührenrecht dürfen höchstens die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen insgesamt ansatzfähigen Kosten der Einrichtung gedeckt werden (§ 14 Abs. 1 KAG). Darunter fallen auch die Zuführungen zu Pensions- und Beihilferückstellungen ebenso wie die Aufwendungen aus laufenden Umlagezahlungen. Erfolgt eine Auflösung der Rückstellungen, entsteht ein Ertrag, der zum Teil auf Kosten der Vorjahre und des aktuellen Jahres entfällt. Für die laufende Periode würde kein Aufwand für die Rückstellungsbildung angesetzt werden und durch Erträge aus der Auflösung ausgeglichen werden. Erträge für die Vorperiode stellen einen periodenfremden Ertrag dar. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob es sich hierbei um Erlöse im Sinne des KAG handelt und somit ob dieser Ertrag den Gebührenzahlern gutzuschreiben ist oder ob es sich hier um ein Wahlrecht handelt.
Als problematisch erachten wir die künftige Belastung mit Umlagezahlungen an den KVBW für ausgeschiedene Beamte, für die dann keine Rückstellungen mehr bestehen. Diese sind periodenfremd, da sie den Vorperioden zuzurechnen sind, also den Perioden, in denen der ausgeschiedene Beamte seine Arbeitsleistung erbracht hat. Hier sind verschiedene Modelle denkbar, wonach zweckgebundene Rücklagen gebildet werden, um diese zukünftigen Belastungen auszugleichen. Für weitere Einzelheiten sprechen Sie uns gerne an.