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Eigenbetriebsverordnung Baden-Württemberg: Zur Auflösung von Pensions- und Beihilferückstellungen

Das In­nen­mi­ni­sierum Ba­den-Würt­tem­berg hat am 1.10.2020 die neue Ei­gen­be­triebs­ver­ord­nung er­las­sen. Diese rich­tet sich an Ei­gen­be­triebe, Zweck­verbände und an­dere Recht­sträger in Ba­den-Würt­tem­berg, de­ren Rech­nungs­we­sen nach dem Ei­gen­be­triebs­ge­setz zu er­fol­gen hat.

Spätes­tens ab dem Ge­schäfts­jahr 2023 müssen diese Be­triebe die neue Ver­ord­nung an­wen­den. Eine frei­wil­lige An­wen­dung ist un­ter wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen be­reits zum ak­tu­el­len Zeit­punkt möglich. Eine frühzei­tige Aus­ein­an­der­set­zung mit den Ände­run­gen emp­fiehlt sich schon jetzt.

Eine we­sent­li­che Neue­rung be­steht in § 7 Abs. 2 EigBVO-HGB bzw. § 7 Abs. 2 EigBVO-Dop­pik, wo­nach Pen­si­ons- und Bei­hil­ferück­stel­lun­gen, für die der Kom­mu­nale Ver­sor­gungs­ver­band Ba­den-Würt­tem­berg (KVBW) Rück­stel­lun­gen bil­det, grundsätz­lich auf Ebene des Ei­gen­be­triebs nicht mehr zu bil­den sind bzw. be­ste­hende Rück­stel­lun­gen in­ner­halb von 15 Jah­ren oder ein­ma­lig auf­gelöst wer­den müssen. Da der KVBW ent­spre­chende Rück­stel­lun­gen bil­det, greift hier das Auflösungs­ge­bot. Dass der KVBW die Rück­stel­lun­gen deut­lich nied­ri­ger be­wer­tet als nach HGB (Ab­zin­sung mit zu ho­hen Zinssätzen) und die Rück­stel­lun­gen auch nicht aus­fi­nan­ziert sind (ho­her ver­si­che­rungs­tech­ni­scher Fehl­be­trag, De­ckungslücke Ende 2018 rd. 82 %), wird in der Ver­ord­nung und in der Begründung nicht wei­ter erörtert.

Fer­ner kann durch das Wahl­recht der § 7 Abs. 1 Satz 2 EigBVO-HGB i. V. m § 44 Abs. 4 Satz 2 GemHVO auf eine Ab­zin­sung von Rück­stel­lun­gen ver­zich­tet wer­den. Dies be­trifft lang­fris­tige Rück­stel­lun­gen wie Ju­biläum­szah­lun­gen, De­po­nierück­stel­lun­gen, Ar­chi­vie­rungsrück­stel­lun­gen, Ab­raum­be­sei­ti­gung oder Schluss­re­no­vie­run­gen, für die dann eine vom HGB ab­wei­chende Bi­lan­zie­rung möglich ist. Die­ses Wahl­recht so­wie die Ver­pflich­tung zur Auflösung der Pen­si­ons- und Bei­hil­ferück­stel­lun­gen be­steht je­doch nicht, wenn vor­ran­gi­ges Bun­des­recht dem ent­ge­gen­steht und eine An­wen­dung des HGB for­dert (z. B. nach ENWG).

So­fern der Jah­res­ab­schluss (bei Ei­gen­be­trie­ben und Zweck­verbänden) auf frei­wil­li­ger Ba­sis durch einen Wirt­schaftsprüfer geprüft wird, stellt sich die Frage, ob die­ser den Bestäti­gungs­ver­merk auf­grund der Nicht­bil­dung bzw. Auflösung ein­zu­schränken hat. Im Grund­satz hat er nach der IDW Stel­lung­nahme des IDW RS HFA 23 zur Bi­lan­zie­rung von Pen­si­onsrück­stel­lun­gen bei Be­am­ten hin­sicht­lich der Bei­hil­fen die all­ge­mei­nen Bi­lan­zie­rungs­re­geln von Rück­stel­lun­gen zu be­ach­ten. Hierzu hat sich der IDW in sei­nem fach­li­chen Hin­weis vom 26.6.2020 be­fasst. Da­nach ist un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen der Bestäti­gungs­ver­merk nicht ein­zu­schränken, insb. wenn aus­rei­chende An­ga­ben im An­hang zur Auflösung ge­macht wer­den. Was das Testat der Wirt­schaftsprüfer an­be­langt, muss der Ei­gen­be­trieb oder Zweck­ver­band hin­neh­men, dass der Hin­weis auf das „den tatsäch­li­chen Verhält­nis­sen ent­spre­chende Bild der Vermögens-, Fi­nanz- und Er­trags­lage“ un­ter­bleibt. Grund ist hier, dass der Lan­des­ge­setz­ge­ber „den Bedürf­nis­sen ei­ner be­stimm­ten Gruppe von Adres­sa­ten ein­deu­tig Vor­rang über die der an­de­ren Adres­sa­ten einräumt, so­dass die Ab­schlüsse die In­for­ma­ti­ons­funk­tion für die an­de­ren Adres­sa­ten nicht aus­rei­chend erfüllen“. Zusätz­lich sind ver­schie­dene Erläute­run­gen im Be­richt zu ma­chen (Be­wer­tungs­grund­la­gen).

Ne­ben den Aus­wir­kun­gen auf die han­dels­recht­li­che Rech­nungs­le­gung und die Ab­schlussprüfung wer­den die Ände­run­gen steu­er­li­che und gebühren­recht­li­che Aus­wir­kun­gen nach sich zie­hen.

Ob die Rück­stel­lun­gen, so­fern ge­bil­det, auch steu­er­lich auf­zulösen sind, ist nicht ex­pli­zit ge­re­gelt. Frag­lich ist, ob hier das Maßgeb­lich­keits­prin­zip der Han­dels­bi­lanz eine Auflösung in der Steu­er­bi­lanz zur Folge hat.

Dies könnte be­zwei­felt wer­den, zu­mal im Steu­er­recht ei­gene Be­wer­tungsmaßstäbe für Pen­si­onsrück­stel­lun­gen exis­tie­ren und hin­sicht­lich der Be­wer­tung eine Durch­bre­chung der Maßgeb­lich­keit be­steht. Nach herr­schen­der Mei­nung be­steht hier der Maßgeb­lich­keits­grund­satz fort. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass § 6a EStG hin­sicht­lich der Pen­si­onsrück­stel­lun­gen eine selbständige Bi­lan­zie­rungs­vor­schrift ist. Ein steu­er­li­ches Wahl­recht im ei­gent­li­chen Sinne, auf­grund des Wort­lau­tes „darf“, be­steht nach herr­schen­der Auf­fas­sung für Neu­zu­sa­gen, auf­grund des Maßgeb­lich­keits­prin­zips nicht, son­dern es be­steht auch steu­er­lich eine Pas­si­vie­rungs­pflicht, die zum einen durch das Maßgeb­lich­keits­prin­zip und zum an­de­ren durch den Wort­laut des § 6a Abs. 1 Satz 1 EStG „darf […] nur ge­bil­det wer­den, wenn und so­weit“ begründet wird. § 6a EStG enthält dem­nach le­dig­lich Ein­schränkun­gen der Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen des § 249 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB für Zwecke des steu­er­li­chen An­sat­zes.

Im Falle der Auflösung stellt sich die Frage, ob diese als Ein­mal­be­trag oder ver­teilt über 15 Jahre zu er­fol­gen hat. Hier sind be­triebs­wirt­schaft­li­che Erwägun­gen an­zu­stel­len, da im Falle ei­ner Gut­schrift des Auflösungs­be­trags an die Kun­den des Ei­gen­be­triebs oder an Ver­bands­mit­glie­der evtl. eine Fi­nan­zie­rung zu bewälti­gen ist. Zu­dem sind steu­er­li­che Über­le­gun­gen an­zu­stel­len, da, wie dar­ge­stellt, auch die in der Steu­er­bi­lanz ge­bil­dete Rück­stel­lung auf­zulösen ist.

Nach dem Gebühren­recht dürfen höchs­tens die nach be­triebs­wirt­schaft­li­chen Grundsätzen ins­ge­samt an­satzfähi­gen Kos­ten der Ein­rich­tung ge­deckt wer­den (§ 14 Abs. 1 KAG). Dar­un­ter fal­len auch die Zuführun­gen zu Pen­si­ons- und Bei­hil­ferück­stel­lun­gen ebenso wie die Auf­wen­dun­gen aus lau­fen­den Um­la­ge­zah­lun­gen. Er­folgt eine Auflösung der Rück­stel­lun­gen, ent­steht ein Er­trag, der zum Teil auf Kos­ten der Vor­jahre und des ak­tu­el­len Jah­res entfällt. Für die lau­fende Pe­riode würde kein Auf­wand für die Rück­stel­lungs­bil­dung an­ge­setzt wer­den und durch Erträge aus der Auflösung aus­ge­gli­chen wer­den. Erträge für die Vor­pe­riode stel­len einen pe­rio­den­frem­den Er­trag dar. Im Ein­zel­fall ist zu prüfen, ob es sich hier­bei um Erlöse im Sinne des KAG han­delt und so­mit ob die­ser Er­trag den Gebühren­zah­lern gut­zu­schrei­ben ist oder ob es sich hier um ein Wahl­recht han­delt.

Als pro­ble­ma­ti­sch er­ach­ten wir die künf­tige Be­las­tung mit Um­la­ge­zah­lun­gen an den KVBW für aus­ge­schie­dene Be­amte, für die dann keine Rück­stel­lun­gen mehr be­ste­hen. Diese sind pe­rio­den­fremd, da sie den Vor­pe­rio­den zu­zu­rech­nen sind, also den Pe­rio­den, in de­nen der aus­ge­schie­dene Be­amte seine Ar­beits­leis­tung er­bracht hat. Hier sind ver­schie­dene Mo­delle denk­bar, wo­nach zweck­ge­bun­dene Rück­la­gen ge­bil­det wer­den, um diese zukünf­ti­gen Be­las­tun­gen aus­zu­glei­chen. Für wei­tere Ein­zel­hei­ten spre­chen Sie uns gerne an.

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