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Steuerberatung

Nachträgliche Anschaffungskosten bei last-Minute-Gesellschaftereinlagen

BFH 11.10.2017, IX R 5/15

Das BMF wird zur Stel­lung­nahme auf­ge­for­dert, ob Ge­sell­schaf­ter-Zu­zah­lun­gen in das Ei­gen­ka­pi­tal, die bei der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft als Ka­pi­talrück­lage aus­zu­wei­sen sind, zu An­schaf­fungs­kos­ten i.S.d. § 255 Abs. 1 S. 1 u. 2 HGB führen und nach § 17 Abs. 2 S. 1 EStG zu berück­sich­ti­gen sind.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind Ehe­leute, die im Streit­jahr 2010 zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt wur­den. Der Kläger war seit 2003 ne­ben sei­nen drei Brüdern an der von sei­nem Va­ter im Jahr 1989 gegründe­ten A-GmbH be­tei­ligt. Der Kläger und sein Bru­der D. wa­ren als Ge­schäftsführer be­stellt. Das Stamm­ka­pi­tal der A-GmbH be­trug 51.640 €. Nach dem Tod des Va­ters im Jahr 2004 ging des­sen An­teil von 511 € auf die Mut­ter des Klägers über.

Be­reits im Jahr 1999 hatte der Kläger eine Bürg­schaft für Ver­bind­lich­kei­ten der A-GmbH ge­genüber ei­ner Bank über­nom­men. Darüber hin­aus stand der Bank eine Grund­schuld auf einem der Mut­ter des Klägers gehören­den Grundstücks von 177.418 € als Si­cher­heit zur Verfügung. Zum Ende des Jah­res 2009 stellte die A-GmbH ih­ren Ge­schäfts­be­trieb ein und veräußerte ihr ge­sam­tes An­la­ge­vermögen an die I-GmbH. An die­ser wa­ren ne­ben dem Kläger, sein Bru­der D. und ein Drit­ter zu glei­chen Tei­len be­tei­ligt. Durch den Tod der Mut­ter im Fe­bruar 2010 gin­gen de­ren An­teil an der A-GmbH ebenso wie das Grundstück im Wege der Ge­samt­rechts­nach­folge auf den Kläger und seine Brüder als Er­ben­ge­mein­schaft zu glei­chen Tei­len über.

Zwi­schen Juni und No­vem­ber 2010 leis­te­ten der Kläger und seine drei Brüder - je­weils in glei­cher Höhe - Zuführun­gen in die Ka­pi­talrück­lage der A-GmbH i.H.v. ins­ge­samt 281.800 €, um eine an­sons­ten dro­hende Li­qui­da­tion der Ge­sell­schaft zu ver­mei­den. Ein Teil der Ein­zah­lung i.H.v. 222.000 € stammte aus der mit der Bank ab­ge­stimm­ten Veräußerung des Grundstücks an den Bru­der F. Nach­dem die Bank Ende 2010 einen Teil­ver­zicht auf ihre ge­genüber der A-GmbH be­ste­hen­den For­de­run­gen in Aus­sicht ge­stellt hatte, zahlte die A-GmbH an die Bank einen Be­trag von ins­ge­samt 275.000 €. Im De­zem­ber 2010 veräußer­ten der Kläger und seine Brüder schließlich ihre An­teile an der A-GmbH für 0 € an die I-GmbH. Die Grund­schuld zu­guns­ten der Bank wurde im Ja­nuar 2011 im Grund­buch gelöscht. In ih­rer Bi­lanz zum 31.12.2010 wies die A-GmbH ein Stamm­ka­pi­tal i.H.v. 51.640 €, einen Jah­resüber­schuss i.H.v. 72.199 € so­wie einen Ver­lust­vor­trag i.H.v. ./. 404.030 € aus.

In ih­rer Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Jahr 2010 mach­ten die Kläger einen Veräußerungs­ver­lust nach § 17 EStG i.H.v. 83.232 € gel­tend, den sie aus einem an­tei­li­gen Ver­lust der Stam­mein­lage i.H.v. 12.782 € und nachträgli­chen An­schaf­fungs­kos­ten aus der Ka­pi­tal­zuführung i.H.v. 70.450 € er­rech­ne­ten. Im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für das Streit­jahr berück­sich­tigte das Fi­nanz­amt le­dig­lich den Ver­lust der ein­ge­zahl­ten Stam­mein­lage. Im Ein­spruchs­ver­fah­ren be­an­trag­ten die Kläger erst­mals, auch den auf den Kläger im Wege der Erb­folge über­ge­gan­ge­nen An­teil der ver­stor­be­nen Mut­ter an der Stam­mein­lage i.H.v. 127 € im Rah­men der nachträgli­chen An­schaf­fungs­kos­ten zu berück­sich­ti­gen. Im Ände­rungs­be­scheid für das Streit­jahr er­kannte das Fi­nanz­amt nun­mehr einen Veräußerungs­ver­lust des Klägers i.H.v. 39.006 € an.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Es war der An­sicht, dass dem Kläger aus den Ein­zah­lun­gen in die Ka­pi­talrück­lage letzt­lich nur i.H.v. 1.700 € nachträgli­che An­schaf­fungs­kos­ten ent­stan­den seien. Die wei­tere Zuführung in die Ka­pi­talrück­lage i.H.v. ins­ge­samt 275.000 € habe wirt­schaft­lich be­trach­tet der Ablösung der von Ge­sell­schaf­ter­seite gewähr­ten Si­cher­hei­ten (Grund­schuld und Bürg­schaf­ten) ge­dient. So­weit die Zah­lung der A-GmbH an die Bank der Ablösung der Grund­schuld ge­dient habe, seien dem Kläger be­reits des­halb keine nachträgli­chen An­schaf­fungs­kos­ten ent­stan­den, weil ihm zu kei­nem Zeit­punkt ein wert­hal­ti­ger Rück­griffs­an­spruch ge­gen die A-GmbH zu­ge­stan­den habe.

Auf die Re­vi­sion der Kläger hat der BGH das BMF auf­ge­for­dert, dem Ver­fah­ren bei­zu­tre­ten.

Gründe:
Der Se­nat nimmt das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zum An­lass, sich grund­le­gend mit der Rechts­frage zu be­fas­sen, ob Zu­zah­lun­gen, die der Ge­sell­schaf­ter in das Ei­gen­ka­pi­tal leis­tet und die bei der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft als Ka­pi­talrück­lage aus­zu­wei­sen sind (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB), bei die­sem in je­dem Fall und zu je­dem denk­ba­ren Zeit­punkt zu - nachträgli­chen - An­schaf­fungs­kos­ten i.S.d. § 255 Abs. 1 S. 1 u. 2 HGB führen und mit­hin im Rah­men der Ge­winn­er­mitt­lung nach § 17 Abs. 2 S. 1 EStG zu berück­sich­ti­gen sind und ob sol­che Zu­zah­lun­gen einen Miss­brauch von Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten des Rechts (§ 42 AO) dar­stel­len könn­ten.

Link­hin­weis:

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