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Kooperationsapotheken sind zulässig

BGH 13.3.2014, I ZR 120/13

Es ist mit § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG ver­ein­bar, wenn ein Kran­ken­haus oder eine von einem Kran­ken­haus be­auf­tragte Per­son im Rah­men des Ent­lass­ma­nage­ments den Pa­ti­en­ten die von ih­nen im Zeit­punkt ih­rer Ent­las­sung aus der Kli­nik benötig­ten Me­di­ka­mente durch eine Apo­theke an ihr Kran­ken­bett lie­fern lässt, falls die Pa­ti­en­ten keine Be­lie­fe­rung durch eine an­dere Apo­theke wünschen. Der neue­ren und spe­zi­el­le­ren Re­ge­lung des Ent­lass­ma­nage­ments kommt ge­genüber § 11 Abs. 1 S. 1 Fall 3 ApoG der Vor­rang zu.

Der Sach­ver­halt:
Die Par­teien be­trei­ben in Frei­burg je­weils eine Apo­theke. Die im Jahr 2002 gegründete Pa­ti­en­ten­ring GmbH ver­folgt das Ziel, Pa­ti­en­ten der Uni­ver­sitätskli­nik Frei­burg, de­ren Ent­las­sung be­vor­steht, über ihre wei­tere Be­hand­lung und Ver­sor­gung zu un­ter­rich­ten, ih­nen die nötige sach­li­che Aus­stat­tung zu be­schaf­fen, sie bei der Be­nut­zung tech­ni­scher Hilfs­mit­tel an­zu­lei­ten und ih­nen wei­tere Be­ra­tungs- und Or­ga­ni­sa­ti­ons­hilfe zu gewähren. Zu die­sem Zweck ko­ope­riert sie mit ver­schie­de­nen Leis­tungs­er­brin­gern, dar­un­ter auch meh­re­ren Apo­the­ken, wie auch die des Be­klag­ten. Grundsätz­lich kann aber jede Apo­theke Ko­ope­ra­ti­ons­part­ner wer­den.

Wenn ein Pa­ti­ent die für ihn kos­ten­freie Be­treu­ung durch die Pa­ti­en­ten­ring GmbH wünscht und bei sei­ner Ent­las­sung eine phar­ma­zeu­ti­sche Be­treu­ung benötigt, bie­tet ihm die Pa­ti­en­ten­ring GmbH an, einen Kon­takt zu ei­ner Apo­theke her­zu­stel­len. So­fern der Pa­ti­ent da­mit ein­ver­stan­den ist, wird das aus­ge­stellte Re­zept von einem Mit­ar­bei­ter der Uni­ver­sitätskli­nik an die Pa­ti­en­ten­ring GmbH ge­faxt, die das Re­zept an eine Ko­ope­ra­ti­ons­apo­theke oder, wenn der Pa­ti­ent eine an­dere Apo­theke gewünscht hat, an diese wei­ter­lei­tet. Erhält der Be­klagte auf diese Weise ein Re­zept, lie­fert er die Me­di­ka­mente ge­gen Aushändi­gung des Ori­gi­nal­re­zepts ans Kran­ken­bett.

Die Kläge­rin sah in die­ser Ko­ope­ra­tion des Be­klag­ten mit der Pa­ti­en­ten­ring GmbH eine un­zulässige Ab­spra­che über die Zu­wei­sung von Ver­schrei­bun­gen und klagte u.a. auf Un­ter­las­sung. Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Auf die Re­vi­sion des Be­klag­ten hob der BGH die Ent­schei­dung des OLG auf und wies die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück.

Gründe:
Die Kläge­rin hat ge­gen den Be­klag­ten kei­ner­lei An­sprüche aus aus §§ 8, 9, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG.

Nach § 11 Abs. 1 S. 1 Fall 3 ApoG dürfen zwar Er­laub­nis­in­ha­ber und Per­so­nal von Apo­the­ken mit Ärz­ten oder an­de­ren Per­so­nen, die sich mit der Be­hand­lung von Krank­hei­ten be­fas­sen, keine Rechts­ge­schäfte vor­neh­men oder Ab­spra­chen tref­fen, die die Zu­wei­sung von Ver­schrei­bun­gen zum Ge­gen­stand ha­ben. Die Tren­nung zwi­schen dem Be­ruf des Arz­tes und dem Be­ruf des Apo­the­kers, auf die die Vor­schrift ab­zielt, soll gewähr­leis­ten, dass der Arzt sich bei der Aus­wahl der Arz­nei­mit­tel aus­schließlich von fach­lich-me­di­zi­ni­schen Ge­sichts­punk­ten und sei­nem ärzt­li­chen Ge­wis­sen lei­ten lässt und der Apo­the­ker die ihm zu­ge­wie­sene Kon­troll­funk­tion bei der Be­lie­fe­rung von Ver­schrei­bun­gen gemäß § 17 Ap­Be­trO sach­lich und ei­gen­ver­ant­wort­lich wahr­nimmt.

Das in § 11 Abs. 4 SGB V ge­re­gelte Ver­sor­gungs­ma­nage­ment und das in § 39 Abs. 1 S. 4 bis 6 SGB V ge­re­gelte Ent­lass­ma­nage­ment er­for­dern je­doch eine ein­schränkende Aus­le­gung des § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG. Es ist da­her mit die­ser Vor­schrift ver­ein­bar, wenn ein Kran­ken­haus oder eine von einem Kran­ken­haus be­auf­tragte Per­son im Rah­men des Ent­lass­ma­nage­ments den Pa­ti­en­ten die von ih­nen im Zeit­punkt ih­rer Ent­las­sung aus der Kli­nik benötig­ten Me­di­ka­mente durch eine Apo­theke an ihr Kran­ken­bett lie­fern lässt, falls die Pa­ti­en­ten keine Be­lie­fe­rung durch eine an­dere Apo­theke wünschen. Der Wi­der­spruch, der auf den ers­ten Blick zwi­schen der Be­stim­mung des § 11 Abs. 1 S. 1 Fall 3 ApoG so­wie dem Um­stand be­steht, dass das Ge­setz für das Ent­lass­ma­nage­ment - an­ders als in § 11 Abs. 1 S. 2 ApoG für die in den §§ 140a ff. SGB V ge­re­gelte in­te­grierte Ver­sor­gung - keine ausdrück­li­che Aus­nahme von den in § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG be­stimm­ten Ver­bo­ten vor­sieht, war da­hin auf­zulösen, dass der neue­ren und spe­zi­el­le­ren Re­ge­lung des Ent­lass­ma­nage­ments ge­genüber § 11 Abs. 1 S. 1 Fall 3 ApoG der Vor­rang zu­kommt.

Die be­an­stan­dete Ver­hal­tens­weise des Be­klag­ten ver­stieß auch nicht ge­gen § 12 der Be­rufs­ord­nung der Lan­des­apo­the­ker­kam­mer Ba­den-Würt­tem­berg. Zwar un­ter­sagt diese Vor­schrift Ver­ein­ba­run­gen, Ab­spra­chen und Hand­lun­gen, die die Zuführung von Pa­ti­en­ten oder die Zu­wei­sung von Ver­schrei­bun­gen zum Ge­gen­stand ha­ben, an­ders als § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG un­abhängig da­von, ob die Zu­wei­sung durch einen Arzt oder eine an­dere Per­son er­folgt, die sich mit der Be­hand­lung von Krank­hei­ten be­fasst. Doch auch diese Vor­schrift ist aus den vor­ste­hend im Zu­sam­men­hang mit § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG dar­ge­leg­ten Gründen nicht ge­eig­net, die aus den Be­stim­mun­gen des SGB V über das Ent­lass­ma­nage­ment fol­gende Be­rech­ti­gung des Be­klag­ten zu dem von der Kläge­rin be­an­stan­de­ten Ver­hal­ten ent­fal­len zu las­sen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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