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Steuerberatung

Keine AdV wegen verfassungsrechtlicher Zweifel am Zinssatz nach § 238 AO

FG Köln 29.1.2018, 15 V 3279/17

Ge­gen die Höhe des ge­setz­li­chen Zins­sat­zes von 6 % p.a. nach § 238 AO sind der­zeit meh­rere Re­vi­si­ons­ver­fah­ren beim BFH anhängig. Diese Ver­fah­ren führen nach Über­zeu­gung des Se­nats aber nicht dazu, dass ein Aus­set­zungs­in­ter­esse der An­trag­stel­ler so hoch zu ge­wich­ten wäre, dass die­ses eine - fak­ti­sch auch über den ent­schie­de­nen Ein­zel­fall hin­aus wir­kende - Sus­pen­die­rung der Ver­zin­sungs­re­ge­lung be­wirkt.

Der Sach­ver­halt:
Im Jahre 2017 fand beim An­trag­stel­ler eine für die Ein­kom­men­steuer 2009 so­wie die Ein­kom­men­steuer und Um­satz­steuer 2013 an­ge­ord­nete steu­er­li­che Außenprüfung (Be­triebsprüfung) statt. An­lass war der Er­werb von An­tei­len an ei­ner GmbH durch den An­trag­stel­ler im Jahr 2004 so­wie eine vom sei­ner­zei­ti­gen Veräußerer ge­genüber dem An­trag­stel­ler im Jahr 2009 gel­tend ge­machte (Rück-)Veräußerungs­pflicht der Be­tei­li­gung.

In der Fol­ge­zeit stritt der An­trag­stel­ler mit dem Fi­nanz­amt bezüglich der Fest­set­zung von Zin­sen gem. § 233a AO zur Ein­kom­men­steuer 2009. Zwi­schen ih­nen war ins­be­son­dere strei­tig, ob ver­fas­sungs­recht­li­che Zwei­fel an dem in § 238 Abs. 1 AO ge­re­gel­ten Zins­satz von 6 % p.a. eine Aus­set­zung ge­bie­ten oder ob - un­abhängig von ei­genständi­gen Ein­wen­dun­gen ge­gen die Zins­fest­set­zung - eine Aus­set­zung der Voll­zie­hung der Zin­sen je­den­falls we­gen gel­tend ge­mach­ter Ein­wen­dun­gen ge­gen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2009 ge­bo­ten ist, wenn ge­gen die­sen Be­scheid zwar Ein­spruch ein­ge­legt wor­den ist, je­doch kein An­trag auf Aus­set­zung der Voll­zie­hung ge­stellt wor­den ist und in­so­weit keine Aus­set­zung be­gehrt wird.

Das FG wies den An­trag auf Gewährung vorläufi­gen Rechts­schut­zes bezüglich der Zins­fest­set­zung ab. Al­ler­dings wurde die Be­schwerde zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Der An­trag hat kei­nen Er­folg. Die von den An­trag­stel­lern durch Ver­weis auf anhängige Ver­fah­ren dar­ge­leg­ten ver­fas­sungs­recht­li­chen Zwei­fel an dem in § 238 AO ge­re­gel­ten Zins­satz ge­bie­ten keine Aus­set­zung der Voll­zie­hung.

Ge­gen die Höhe des ge­setz­li­chen Zins­sat­zes von 6 % p.a. nach § 238 AO sind der­zeit meh­rere Re­vi­si­ons­ver­fah­ren beim BFH anhängig (etwa Az.: X R 15/17, zu­vor Ur­teil des FG München vom 30.6.2016, Az.: 11 K 406/15 so­wie Az.: III R 15/17, zu­vor Ur­teil des FG Ba­den-Würt­tem­berg vom 18.4.2016, Az.: 6 K 3082/15). Diese Ver­fah­ren führen nach Über­zeu­gung des Se­nats aber nicht dazu, dass ein Aus­set­zungs­in­ter­esse der An­trag­stel­ler so hoch zu ge­wich­ten wäre, dass die­ses eine - fak­ti­sch auch über den ent­schie­de­nen Ein­zel­fall hin­aus wir­kende - Sus­pen­die­rung der Ver­zin­sungs­re­ge­lung be­wirkt. An­ge­sichts der früheren Nicht­an­nah­me­be­schlüsse des BVerfG zur Ver­zin­sungs­re­ge­lung (vgl. Be­schlüsse vom 3.9.2009, 1 BvR 2539/07 so­wie 1 BvR 1098/08) ist un­ge­wiss, ob das BVerfG den Zins­satz von 6 % p.a. bei ei­ner neu­er­li­chen Prüfung un­ter Berück­sich­ti­gung der wei­te­ren Markt­zins­ent­wick­lung in den jünge­ren Jah­ren als ver­fas­sungs­wid­rig ein­stu­fen wird.

An­der­wei­tige spe­zi­fi­sche Ein­wen­dun­gen (z.B. ge­gen die Zinsläufe und Teil(zins)beträge) wur­den ge­gen den Zins­be­scheid zur Ein­kom­men­steuer 2009 nicht gel­tend ge­macht und sind nach Ak­ten­lage auch nicht er­kenn­bar; ins­be­son­dere be­wir­ken die vom An­trags­geg­ner nach § 233a Abs. 2a AO er­rech­ne­ten Zinsläufe (in Fällen rück­wir­ken­der Er­eig­nisse) einen güns­ti­ge­ren Zins­lauf als die re­guläre Be­rech­nung nach § 233a Abs. 2 AO.

So­weit der An­trag­stel­ler im hie­si­gen AdV-Ver­fah­ren Ein­wen­dun­gen ge­gen den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2009 (als Grund­la­gen­be­scheid zur Zins­fest­set­zung) gel­tend ge­macht hatte, war der An­trag man­gels Rechts­schutz­bedürf­nis un­zulässig). Ein­kom­men­steu­er­be­scheid und Zins­be­scheid ste­hen - was zwi­schen den Be­tei­lig­ten auch un­strei­tig ist - in einem Verhält­nis von Grund­la­gen­be­scheid und Fol­ge­be­scheid zu­ein­an­der. Eine in­zi­dente Prüfung von Ein­wen­dun­gen ge­gen einen (in der Haupt­sa­che an­ge­foch­te­nen) Grund­la­gen­be­scheid ist je­doch auf Fol­ge­be­schei­de­bene auch in Aus­set­zungs­ver­fah­ren nicht vor­ge­se­hen.

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