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Steuerberatung

Hinzurechnung von Zinsen bei durchlaufenden Krediten

BFH v. 17.7.2019 - III R 24/16

Be­steht der Ge­schäfts­zweck ei­nes Un­ter­neh­mens darin, Dar­le­hen auf­zu­neh­men und an eine Toch­ter­ge­sell­schaft wei­ter­zu­rei­chen, han­delt es sich auch dann nicht um durch­lau­fende Kre­dite, wenn die Kre­dite ohne Ge­winn­auf­schlag an die Toch­ter­ge­sell­schaft wei­ter­ge­ge­ben wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine im Jahr 2011 gegründete Hol­ding Li­mited mit Sitz in Li­be­ria. An­teils­eig­ne­rin ist zu 100 % eine Ree­de­rei. Der Ort der Ge­schäfts­lei­tung ist im In­land. Die wirt­schaft­li­che Tätig­keit be­steht nach der Dar­stel­lung im Be­richt über die Prüfung des Jah­res­ab­schlus­ses zum 31.12.2012 in der Auf­nahme von Dar­le­hen bei der X-Bank und der Wei­ter­rei­chung an eine eben­falls in Li­be­ria ansässige 100-pro­zen­tige Toch­ter­ge­sell­schaft der Kläge­rin (Toch­ter­ge­sell­schaft) zur Ermögli­chung des Kaufs und Be­triebs ei­nes be­stimm­ten Schif­fes. Im Ja­nuar 2012 kaufte die Toch­ter­ge­sell­schaft der Kläge­rin das be­tref­fende Schiff. Die Bank hatte zu die­sem Zeit­punkt ge­genüber der Verkäuferin eine mit einem Schiffs­hy­po­the­ken­dar­le­hen ge­si­cherte Dar­le­hens­for­de­rung aus der Fi­nan­zie­rung des An­kaufs des Schif­fes (USD-Dar­le­hen).

Die Toch­ter­ge­sell­schaft über­nahm das Schiff von der Verkäuferin in der Weise, dass alle Ak­tiva und Pas­siva der Verkäuferin zu Buch­wer­ten auf die Toch­ter­ge­sell­schaft über­tra­gen wur­den. Das USD-Dar­le­hen wurde nicht un­mit­tel­bar von der Verkäuferin auf die Toch­ter­ge­sell­schaft über­tra­gen, son­dern die Kläge­rin wurde als Kre­dit­neh­me­rin ein­ge­schal­tet. Mit Dar­le­hens­ver­trag wurde die Kläge­rin Schuld­ne­rin des USD-Dar­le­hens, darüber hin­aus nahm sie einen Be­triebs­mit­tel­kre­dit auf. Da­bei wurde in der Präam­bel des Ver­trags fest­ge­hal­ten, dass das USD-Dar­le­hen durch die Kläge­rin als Kre­dit­neh­me­rin für die Toch­ter­ge­sell­schaft zur Fi­nan­zie­rung des Schif­fes auf­ge­nom­men wurde. Eben­falls mit Ver­trag von Ja­nuar 2012 reichte die Kläge­rin das USD-Dar­le­hen und den Be­triebs­mit­tel­kre­dit an die Toch­ter­ge­sell­schaft wei­ter. Da­ne­ben er­hielt die Kläge­rin von der Ree­de­rei ein Dar­le­hen ("Cash De­po­sit") i.H.v. 600.000 €, das sie eben­falls an die Toch­ter­ge­sell­schaft wei­ter­reichte. Für die­ses Dar­le­hen wur­den keine Zin­sen be­rech­net.

Das USD-Dar­le­hen war mit dem LI­BOR-Satz zzgl. 3,5 % p. a. zu ver­zin­sen. Die Zin­sen für das USD-Dar­le­hen machte die Bank di­rekt ge­genüber der Toch­ter­ge­sell­schaft gel­tend. Für den Be­triebs­mit­tel­kre­dit wur­den die Zin­sen von der Bank eben­falls di­rekt der Toch­ter­ge­sell­schaft be­las­tet. In ih­rer Bi­lanz zum 31.12.2012 wies die Kläge­rin Aus­lei­hun­gen an ver­bun­dene Un­ter­neh­men aus. Für 2012 er­mit­telte die Kläge­rin einen Jah­res­fehl­be­trag. Da­bei er­fasste sie bei der Er­stel­lung ih­res Jah­res­ab­schlus­ses die von der Bank ih­rer Toch­ter­ge­sell­schaft be­las­te­ten Zin­sen für das USD-Dar­le­hen und den Be­triebs­mit­tel­kre­dit als Zins­auf­wand und stellte die­sem einen ent­spre­chen­den Zins­er­trag ge­genüber. Da­ne­ben er­zielte die Kläge­rin sons­tige be­trieb­li­che Erträge und trug sons­tige be­trieb­li­che Auf­wen­dun­gen (im We­sent­li­chen Rechts- und Be­ra­tungs­kos­ten so­wie Ab­schluss- und Prüfungs­kos­ten).

In ih­rer Körper­schaft- und Ge­wer­be­steu­er­erklärung für 2012 erklärte die Kläge­rin dem­ent­spre­chend ein zu ver­steu­ern­des Ein­kom­men und einen Ge­wer­be­er­trag. Das Fi­nanz­amt rech­nete die Zins­auf­wen­dun­gen als Ent­gelte für Schul­den un­ter Ab­zug ei­nes Frei­be­trags i.H.v. 100.000 € zu ¼ dem Ge­wer­be­er­trag gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG hinzu und setzte ent­spre­chend den Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trag für 2012 so­wie für Zwecke der Vor­aus­zah­lung ab 2015 fest. Eben­falls setzte es die Ge­wer­be­steu­er­mess­beträge für Zwecke der nachträgli­chen Vor­aus­zah­lun­gen für 2013 und 2014 so­wie die Körper­schaft­steuer für 2012 fest.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Nach § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG wird dem Ge­winn aus Ge­wer­be­be­trieb ein Vier­tel der Summe aus Ent­gel­ten für Schul­den wie­der hin­zu­ge­rech­net, so­weit sie bei der Er­mitt­lung des Ge­winns ab­ge­setzt wor­den sind und so­weit die Summe der nach § 8 Nr. 1 GewStG vor­zu­neh­men­den Hin­zu­rech­nun­gen den Be­trag von 100.000 € über­steigt. Nach der noch zur Vorgänger­fas­sung des § 8 Nr. 1 GewStG er­gan­ge­nen Recht­spre­chung sind von der Hin­zu­rech­nung je­doch Zin­sen für durch­lau­fende Kre­dite aus­zu­neh­men, da es sich in­so­weit um keine Dau­er­schul­den i.S.d. Vor­schrift han­delt. Die Recht­spre­chung hat die An­nahme ei­nes sol­chen durch­lau­fen­den Kre­dits von meh­re­ren Vor­aus­set­zun­gen abhängig ge­macht. Da­nach muss der auf­ge­nom­mene Kre­dit nach dem Wil­len der Ver­trag­schließen­den zu einem außer­halb des Be­triebs des Dar­le­hens­neh­mers lie­gen­den Zweck ver­wen­det wer­den. Der Steu­er­pflich­tige muss dem­nach den Kre­dit nicht im ei­ge­nen, son­dern im frem­den In­ter­esse auf­ge­nom­men ha­ben.

Für eine sol­che Kre­dit­auf­nahme im frem­den In­ter­esse spricht z.B., wenn ge­genüber dem Dar­le­hens­ge­ber of­fen ge­legt wird, dass die Dar­le­hens­auf­nahme für Rech­nung ei­nes Drit­ten er­folgt. Ge­gen eine Kre­dit­auf­nahme im frem­den In­ter­esse spricht hin­ge­gen, wenn der Dar­le­hens­neh­mer die Kre­dite bi­lan­ziert und die ent­spre­chen­den Zin­sen selbst als Auf­wand ver­bucht. Der Dar­le­hens­neh­mer muss auf eine ihm ge­nau vor­ge­schrie­bene Wei­ter­ver­mitt­lung des Kre­dits und auf des­sen Ver­wal­tung be­schränkt blei­ben. Wei­ter darf dem Dar­le­hens­neh­mer aus dem Vor­gang kein über die bloßen Ver­wal­tungs­kos­ten hin­aus­ge­hen­der Nut­zen er­wach­sen. Da­bei sind auch mit­tel­bar mit der Dar­le­hens­auf­nahme in Zu­sam­men­hang ste­hende Vor­teile schädlich.

Ein durch­lau­fen­der Kre­dit liegt da­nach nicht vor, wenn eine Or­gan­ge­sell­schaft einen Kre­dit auf­nimmt und die Kre­dit­mit­tel an einen an­de­ren zum Or­gankreis gehören­den Be­trieb wei­ter­lei­tet. In einem sol­chen Fall ist es (auch) Zweck des Be­triebs des Kre­dit­neh­mers, ein an­de­res zum Or­gankreis gehören­des Un­ter­neh­men zu fi­nan­zie­ren; die Wei­ter­lei­tung der Kre­dit­mit­tel ent­spricht in die­sem Fall dem be­trieb­li­chen Zweck des die Kre­dit­mit­tel wei­ter­lei­ten­den Un­ter­neh­mens. Glei­ches gilt, wenn ein Be­sitz­un­ter­neh­men im Rah­men ei­ner Be­triebs­auf­spal­tung Kre­dite an das Be­triebs­un­ter­neh­men mit dem Zweck wei­ter­reicht, das Be­triebs­un­ter­neh­men zu fi­nan­zie­ren. Ein ei­ge­ner Zweck des das Dar­le­hen wei­ter­rei­chen­den Un­ter­neh­mens wird auch dann ver­folgt, wenn sich die An­teile des Un­ter­neh­mens, an das das Dar­le­hen wei­ter­ge­reicht wird, im Be­triebs­vermögen des ers­te­ren Un­ter­neh­mens be­fin­den und sich der Wert der An­teile durch die zweck­ent­spre­chende Ver­wen­dung des Dar­le­hens erhöht. Schließlich wird ein ei­ge­ner Zweck des Dar­le­hens­neh­mers auch be­reits dann ver­folgt, wenn es sei­nen Ge­schäfts­zweck bil­det, be­stimmte Fremd­in­ter­es­sen zu fördern.

Bei An­wen­dung die­ser Rechts­grundsätze la­gen hier keine durch­lau­fen­den Kre­dite vor, da die Kre­dit­auf­nahme zu­min­dest auch im ei­ge­nen In­ter­esse der Kläge­rin er­folgte. Denn de­ren be­trieb­li­cher Zweck be­stand ge­rade darin, das Dar­le­hen und den Be­triebs­mit­tel­kre­dit auf­zu­neh­men und an ihre Toch­ter­ge­sell­schaft wei­ter­zu­rei­chen. Mit der Wei­ter­rei­chung der Dar­le­hen ver­folgte die Kläge­rin da­mit nicht nur ein frem­des In­ter­esse, son­dern erfüllte zu­gleich ih­ren ei­ge­nen Ge­schäfts­zweck. Zu­dem hielt die Kläge­rin 100 % der An­teile an ih­rer Toch­ter­ge­sell­schaft, so dass mit der zweck­ent­spre­chen­den Ver­wen­dung des Dar­le­hens nicht nur das Be­triebs­vermögen der Toch­ter­ge­sell­schaft ge­mehrt, son­dern auch der Wert der von der Kläge­rin an der Toch­ter­ge­sell­schaft ge­hal­te­nen An­teile erhöht wurde.

Zu Recht ist das FG auch da­von aus­ge­gan­gen, dass eine Sal­die­rung der Zins­auf­wen­dun­gen der Kläge­rin mit den von der Toch­ter­ge­sell­schaft er­hal­te­nen Zins­erträgen aus­schei­det. Bei der Prüfung, ob die Vor­aus­set­zun­gen des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG vor­lie­gen, muss grundsätz­lich je­des Schuld­verhält­nis für sich be­trach­tet wer­den. Die Zu­sam­men­fas­sung meh­re­rer Schuld­verhält­nisse ist grundsätz­lich nicht möglich. Dies gilt ent­spre­chend für die Ent­gelte für Schul­den, nämlich für die Ge­gen­leis­tun­gen für die Zur­verfügung­stel­lung von Fremd­ka­pi­tal. Dazu zählen in ers­ter Li­nie die lau­fen­den Zin­sen i.S.d. Bürger­li­chen Rechts. Da­nach ist grundsätz­lich auch eine Sal­die­rung von Schuld- und Ha­ben­zin­sen aus­ge­schlos­sen; dies gilt selbst dann, wenn ein Gut­ha­ben- und ein Dar­le­hens­konto in einem wirt­schaft­li­chen Zu­sam­men­hang ste­hen, ohne ein­an­der nicht denk­bar sind und die Dar­le­hens­mit­tel nur zweck­ge­bun­den ver­wen­det wer­den dürfen. Die wirt­schaft­li­che Be­trach­tungs­weise tritt hin­ter die von den Ver­trags­par­teien gewählte bürger­lich-recht­li­che Ge­stal­tung zurück. Es kommt nicht dar­auf an, wie die Par­teien ihre Be­zie­hun­gen hätten ge­stal­ten können, ent­schei­dend ist, wie sie sie ge­stal­tet ha­ben.

Aus­nah­men von die­sem Sal­die­rungs­ver­bot hat die Recht­spre­chung nur hin­sicht­lich meh­re­rer bei einem Kre­dit­ge­ber un­ter­hal­te­ner Kon­ten und bei wech­sel­sei­tig zwi­schen zwei Per­so­nen ge­ge­be­nen Dar­le­hen an­er­kannt, wenn die Dar­le­hens­verhält­nisse gleich­ar­tig sind, der­sel­ben Zweck­be­stim­mung die­nen und re­gelmäßig tatsäch­lich mit­ein­an­der ver­rech­net wer­den. Han­delt es sich hin­ge­gen um Dar­le­hens­verhält­nisse zwi­schen ver­schie­de­nen Ver­trags­par­teien kommt eine Ver­rech­nung der Zins­auf­wen­dun­gen nur in Be­tracht, wenn mit der emp­fan­ge­nen Leis­tung eine un­mit­tel­bare Ver­rin­ge­rung der Zins­last be­ab­sich­tigt ist.

Im Streit­fall lag kei­ner die­ser Aus­nah­mefälle vor. We­der han­delte es sich um meh­rere bei einem Kre­dit­ge­ber un­ter­hal­tene Kon­ten noch um wech­sel­sei­tig zwi­schen zwei Per­so­nen ge­ge­bene Dar­le­hen. Die Zin­sen wa­ren des­halb das Ent­gelt für das der Toch­ter­ge­sell­schaft zur Verfügung ge­stellte Ka­pi­tal. Die Zins­zah­lungs­pflicht der Kläge­rin war auch nicht ursäch­lich für die Zins­zah­lungs­pflicht der Toch­ter­ge­sell­schaft. Viel­mehr hätte die Toch­ter­ge­sell­schaft auch dann Zin­sen zah­len müssen, wenn ihr die Kläge­rin das für die In­ves­ti­tion er­for­der­li­che Ka­pi­tal nicht aus Fremd- son­dern aus Ei­gen­mit­teln zur Verfügung ge­stellt hätte. In­so­fern würde die An­er­ken­nung ei­ner Sal­die­rung auch dem Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG zu­wi­der­lau­fen, der darin liegt, den Er­trag des im Be­trieb ar­bei­ten­den Ka­pi­tals in vol­lem Um­fang der Be­steue­rung nach dem Ge­wer­be­er­trag zu un­ter­wer­fen und im We­sent­li­chen eine Gleich­stel­lung von Erträgen aus ei­gen- und fremd­fi­nan­zier­tem Ka­pi­tal her­bei­zuführen.

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