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Steuerberatung

Darlehensforderung eines Unternehmens als Gesellschafterdarlehen

BGH v. 15.11.2019 - IX ZR 39/18

Die Dar­le­hens­for­de­rung ei­nes Un­ter­neh­mens kann einem Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen auch dann gleich­zu­stel­len sein, wenn ein an der dar­le­hens­neh­men­den Ge­sell­schaft le­dig­lich mit­tel­bar be­tei­lig­ter Ge­sell­schaf­ter an der dar­le­hens­gewähren­den Ge­sell­schaft maßgeb­lich be­tei­ligt ist.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger ist Ver­wal­ter in dem auf einen An­trag vom 17.7.2012 am 21.3.2013 eröff­ne­ten In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der B-GmbH & Co. KG (Schuld­ne­rin). Mehr­heits­kom­man­di­tis­tin der Schuld­ne­rin ist die BK-AG. Ge­schäftsführer der Kom­ple­mentär-GmbH der Schuld­ne­rin und Vor­stand der BK-AG ist G.S. Die­ser ist fer­ner mit 50 vom Hun­dert der Ge­schäfts­an­teile Ge­sell­schaf­ter der A-GmbH, wel­che 10 vom Hun­dert der Ak­tien der BK-AG hält. Die Be­klagte ist eben­falls in der Rechts­form ei­ner GmbH & Co. KG tätig. Al­lei­ni­ger Kom­man­di­tist ist G.S., Kom­ple­mentärin die G-GmbH. Al­lei­nige Ge­sell­schaf­te­rin die­ser GmbH ist die BK-AG, Ge­schäftsführer ist G.S.

Die Be­klagte gewährte der Schuld­ne­rin am 1.2.2010 ein bis zum 31.12.2011 be­fris­te­tes Dar­le­hen über 36.000 €. Die Schuld­ne­rin zahlte der Be­klag­ten am 20.9.2011 einen Teil­be­trag von 20.000 € zurück. Die vom In­sol­venz­ver­wal­ter un­ter dem recht­li­chen Ge­sichts­punkt der In­sol­venz­an­fech­tung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO er­ho­bene Klage rich­tet sich auf Rück­gewähr des Be­trags von 20.000 € nebst Zin­sen.

Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Die Re­vi­sion der Be­klag­ten hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:

Der Kläger kann von der Be­klag­ten gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2, § 143 Abs. 1 InsO die Rück­gewähr der am 20.9.2011 ge­leis­te­ten Zah­lung i.H.v. 20.000 € ver­lan­gen. Das von der Be­klag­ten der Schuld­ne­rin gewährte Dar­le­hen ent­sprach wirt­schaft­lich einem Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen, weil es sich bei der Be­klag­ten um ein Un­ter­neh­men han­delte, das einem Ge­sell­schaf­ter der Schuld­ne­rin - ho­ri­zon­tal - ver­bun­den war.

Im An­fech­tungs­zeit­raum des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO stand das Dar­le­hen der Be­klag­ten schon des­halb einem Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen gleich, weil G.S. Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter der dar­le­hens­gewähren­den Be­klag­ten und mit­tel­ba­rer Ge­sell­schaf­ter der dar­le­hens­neh­men­den Schuld­ne­rin war. Fi­nan­zie­rungs­hil­fen Drit­ter wer­den er­fasst, wenn der Dritte bei wirt­schaft­li­cher Be­trach­tung einem Ge­sell­schaf­ter gleich­steht. Die Ver­bin­dung kann so aus­ge­stal­tet sein, dass ein Ge­sell­schaf­ter an bei­den Ge­sell­schaf­ten, der Dar­le­hen neh­men­den und der Dar­le­hen ge­ben­den Ge­sell­schaft, und zwar an der letzt­ge­nann­ten "maßgeb­lich" be­tei­ligt ist. Eine maßgeb­li­che Be­tei­li­gung in die­sem Sinn ist ge­ge­ben, wenn der Ge­sell­schaf­ter auf die Ent­schei­dun­gen des hil­fe­leis­ten­den Un­ter­neh­mens, nämlich auf die Gewährung oder auf den Ab­zug der Leis­tung an das an­dere Un­ter­neh­men, einen be­stim­men­den Ein­fluss ausüben, ins­be­son­dere dem Ge­schäftsführungs­or­gan der Hilfe gewähren­den Ge­sell­schaft durch Ge­sell­schaf­ter­be­schlüsse ent­spre­chende Wei­sun­gen er­tei­len kann. Diese Vor­aus­set­zung ist hier ge­ge­ben. S. konnte als Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter der Be­klag­ten nach ei­ge­nem Er­mes­sen über den Ab­zug des Dar­le­hens be­fin­den.

Zu­dem war G.S. mit­tel­bar an der dar­le­hens­neh­men­den Schuld­ne­rin be­tei­ligt. Er verfügte über die Hälfte der Ge­schäfts­an­teile an der A-GmbH, die ih­rer­seits 10 vom Hun­dert der Ak­tien der BK-AG, der Mehr­heits­kom­man­di­tis­tin der Schuld­ne­rin, hielt. Auf­grund der hier an­zu­stel­len­den wirt­schaft­li­chen Be­trach­tungs­weise ist es ohne Be­deu­tung, dass G.S. nicht un­mit­tel­bar an der Schuld­ne­rin be­tei­ligt war. Die Be­stim­mun­gen über die Be­hand­lung von Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen im In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der dar­le­hens­neh­men­den Ge­sell­schaft set­zen, weil de­ren Ge­sell­schaf­ter keine Fi­nan­zie­rungs­ent­schei­dung zu tref­fen ha­ben, ab­ge­se­hen von dem Klein­be­tei­lig­ten­pri­vi­leg des § 39 Abs. 5 InsO keine Min­dest­be­tei­li­gung vor­aus. Ent­spre­chen­des hat auch im Falle ei­ner mit­tel­ba­ren Be­tei­li­gung an der dar­le­hens­neh­men­den Ge­sell­schaft zu gel­ten.

Der Ge­sell­schaf­ter kann sich sei­ner Ver­ant­wor­tung nicht ent­zie­hen, in­dem er eine oder meh­rere Ge­sell­schaf­ten zwi­schen­schal­tet. Es wi­der­spräche Sinn und Zweck der vom Ge­setz an­ge­ord­ne­ten Gleich­stel­lung be­stimm­ter For­de­run­gen mit den Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen, einen etwa un­mit­tel­bar mit 15 vom Hun­dert be­tei­lig­ten Ge­sell­schaf­ter schlech­ter als einen mit­tel­bar in glei­cher Höhe oder gar stärker be­tei­lig­ten Ge­sell­schaf­ter zu stel­len. Der mit­tel­bar be­tei­ligte Ge­sell­schaf­ter bleibt ver­ant­wort­lich, so­lange die Me­dia­ti­sie­rung nicht be­wirkt, dass zu sei­nen Guns­ten das Klein­be­tei­lig­ten­pri­vi­leg des § 39 Abs. 5 InsO ein­greift. Letz­te­res ist hier nicht der Fall. Zwar ent­sprach die mit­tel­bare Be­tei­li­gung des G.S. an der Schuld­ne­rin wirt­schaft­lich einem An­teil von we­ni­ger als 4 v.H. Gleich­wohl ist das Klein­be­tei­lig­ten­pri­vi­leg nicht an­wend­bar, weil G.S. als Ge­schäftsführer der Kom­ple­mentär-GmbH auch die Ge­schäfte der Schuld­ne­rin führte.

Link­hin­weis:

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