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Steuerberatung

Betriebsfortführung: Vergütungsantrag des vorläufigen Insolvenzverwalters

BGH v. 19.12.2019 - IX ZB 72/18

Der Vergütungs­an­trag des vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ters hat im Fall ei­ner Be­triebs­fortführung eine ge­son­derte Auf­stel­lung der da­mit ver­bun­de­nen Ein­nah­men und Aus­ga­ben zu ent­hal­ten. Dies gilt grundsätz­lich auch in den Fällen, in de­nen die Be­triebs­fortführung mit einem Ver­lust en­det.

Der Sach­ver­halt:
Die Schuld­ne­rin stellte mit 24 Be­schäftig­ten Elek­tro­an­la­gen her. Im Mai 2015 be­an­tragte sie, das In­sol­venz­ver­fah­ren über ihr Vermögen we­gen Zah­lungs­unfähig­keit zu eröff­nen. Der wei­tere Be­tei­ligte wurde zum vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ter mit Zu­stim­mungs­vor­be­halt be­stellt. Das schuld­ne­ri­sche Un­ter­neh­men wurde in dem Eröff­nungs­ver­fah­ren fort­geführt. Im Juli 2015 wurde das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der Schuld­ne­rin we­gen Zah­lungs­unfähig­keit und Über­schul­dung eröff­net und der wei­tere Be­tei­ligte zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt.

Der wei­tere Be­tei­ligte be­an­tragte, seine Vergütung als vorläufi­ger In­sol­venz­ver­wal­ter ein­schließlich Aus­la­gen­pau­schale und Um­satz­steuer auf rd. 34.000 € fest­zu­set­zen. Sei­ner Be­rech­nung legte er ein ver­wal­te­tes Ak­tiv­vermögen i.H.v. rd. 400.000 € zu­grunde, das sich u.a. aus halb­fer­ti­gen Ar­bei­ten i.H.v. rd. 40.000 €, For­de­run­gen aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen i.H.v. rd. 260.0007 € und einem Gut­ha­ben auf einem An­der­konto i.H.v. rd. 50.000 € zu­sam­men­setzte. Zu­dem erklärte er, un­ter be­triebs­wirt­schaft­li­cher Be­trach­tung habe kein Über­schuss aus der Be­triebs­fortführung er­zielt wer­den können. Fer­ner be­an­tragte er Zu­schläge zur Re­gel­vergütung we­gen der Be­triebs­fortführung i.H.v. 20 %, der Wahr­neh­mung der Ar­beit­ge­ber­funk­tion i.H.v. 10 %, der Vor­fi­nan­zie­rung des In­sol­venz­gel­des i.H.v. 10 % und für Sa­nie­rungs­bemühun­gen i.H.v. 15 %. Ins­ge­samt be­an­spruchte der wei­tere Be­tei­ligte eine Vergütung für seine Tätig­keit als vorläufi­ger In­sol­venz­ver­wal­ter i.H.v. 80 % der Re­gel­vergütung.

Das AG - In­sol­venz­ge­richt - setzte die Vergütung ein­schließlich Aus­la­gen und Um­satz­steuer auf rd. 19.000 € fest. Da­bei legte es sei­ner Be­rech­nung einen Be­trag i.H.v. rd. 155.000 € zu­grunde, da von dem Ak­tiv­vermögen For­de­run­gen aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen i.H.v. rd. 243.000 € als Einkünfte aus der Be­triebs­fortführung ab­zu­zie­hen seien. Es gewährte Zu­schläge zur Re­gel­vergütung we­gen der Be­triebs­fortführung i.H.v. 20 %, der Vor­fi­nan­zie­rung des In­sol­venz­gel­des i.H.v. 5 % und für Sa­nie­rungs­bemühun­gen i.H.v. 15 %. Für die Wahr­neh­mung der Ar­beit­ge­ber­funk­tion bil­ligte es dem wei­te­ren Be­tei­lig­ten kei­nen Zu­schlag zu. Ins­ge­samt er­gab sich eine Vergütung des vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ters i.H.v. 65 % der Re­gel­vergütung.

Auf die so­for­tige Be­schwerde des wei­te­ren Be­tei­lig­ten setzte das LG die Vergütung ein­schließlich Aus­la­gen und Um­satz­steuer auf rd. 24.000 € fest. Da­bei legte es der Be­rech­nung ein ver­wal­te­tes Ak­tiv­vermögen i.H.v. 211.000 € zu­grunde. Der Wert der halb­fer­ti­gen Ar­bei­ten i.H.v. rd. 40.000 € so­wie For­de­run­gen aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen i.H.v. rd. 243.000 € seien fortführungs­be­dingt ab­zu­zie­hen. Das ver­wal­tete Ak­tiv­vermögen sei aber im Hin­blick auf den Be­stand des An­der­kon­tos um einen Be­trag i.H.v. rd. 97.000 € zu erhöhen. Das LG ge­stand dem wei­te­ren Be­tei­lig­ten über die vom AG gewähr­ten Zu­schläge hin­aus für die Wahr­neh­mung der Ar­beit­ge­ber­funk­tion einen Zu­schlag zur Re­gel­vergütung i.H.v. 5 % zu. Da­mit er­gab sich eine Vergütung des vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ters i.H.v. 70 % der Re­gel­vergütung. Die Rechts­be­schwerde des wei­te­ren Be­tei­lig­ten hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Im Fall der Un­ter­neh­mens­fortführung ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b In­sVV zur Be­stim­mung der für die Vergütung des vorläufi­gen Ver­wal­ters maßgeb­li­chen Masse nur der Über­schuss zu berück­sich­ti­gen, der sich nach Ab­zug der Aus­ga­ben von den Ein­nah­men er­gibt. Zur Er­mitt­lung der Be­rech­nungs­grund­lage ist eine ge­son­derte Ein­nah­men-/Aus­ga­ben­rech­nung vor­zu­le­gen. Auf den Hin­weis des LG hat der wei­tere Be­tei­ligte eine ent­spre­chende Ein­nah­men-/Aus­ga­ben­rech­nung je­doch nicht vor­ge­legt.

Gem. § 63 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 11 Abs. 1 Satz 1 In­sVV ist für die Be­rech­nung der Vergütung des vorläufi­gen In­sol­venz­ver­wal­ters das Vermögen zu­grunde zu le­gen, auf das sich die Tätig­keit des vorläufi­gen Ver­wal­ters während des Eröff­nungs­ver­fah­rens er­streckt. Zu berück­sich­ti­gen sind sol­che Vermögens­werte, die zu dem ge­si­cher­ten und ver­wal­te­ten oder sonst für die (künf­tige) Masse zu re­kla­mie­ren­den Vermögen gehört ha­ben. Die Kos­ten des In­sol­venz­ver­fah­rens und die sons­ti­gen Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten wer­den hier­von grundsätz­lich nicht ab­ge­setzt (§§ 10, 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 In­sVV). Als Aus­nahme hier­von ist, wenn das Un­ter­neh­men des Schuld­ners fort­geführt wird, nur der Über­schuss zu berück­sich­ti­gen, der sich nach Ab­zug der Aus­ga­ben von den Ein­nah­men er­gibt (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. b In­sVV). Der Über­schuss aus der Be­triebs­fortführung ist durch eine Ein­nah­men-/Aus­ga­ben­rech­nung zu er­mit­teln, die auf den Zeit­punkt der Be­en­di­gung der ab­ge­rech­ne­ten Tätig­keit zu be­zie­hen ist.

In diese Rech­nung sind auf der einen Seite alle Ein­nah­men und For­de­run­gen, an­de­rer­seits alle Aus­ga­ben und Ver­bind­lich­kei­ten auf­zu­neh­men, die durch die Be­triebs­fortführung ent­stan­den sind, ohne dass es dar­auf an­kommt, ob die For­de­run­gen oder Ver­bind­lich­kei­ten be­reits erfüllt wor­den sind. Diese Grundsätze gel­ten nicht nur im eröff­ne­ten Ver­fah­ren, son­dern auch für eine Be­triebs­fortführung im Eröff­nungs­ver­fah­ren. Sie gel­ten auch in den Fällen, in de­nen die Be­triebs­fortführung mit einem Ver­lust en­det, weil es dem Ver­wal­ter ob­liegt, eine Ab­gren­zung der für die Un­ter­neh­mens­fortführung er­for­der­li­chen Kos­ten ge­genüber den­je­ni­gen vor­zu­neh­men, die nicht im Zu­sam­men­hang mit der Be­triebs­fortführung ent­stan­den sind. Ob von der Vor­lage ei­ner ge­son­der­ten Auf­stel­lung der mit der Be­triebs­fortführung ver­bun­de­nen Ein­nah­men und Aus­ga­ben ab­ge­se­hen wer­den kann, wenn aus­ge­schlos­sen ist, dass die Be­triebs­fortführung Ein­fluss auf die Be­rech­nungs­grund­lage hat, kann vor­lie­gend da­hin­ste­hen.

Mit der Verfügung von April 2018 hat das LG den wei­te­ren Be­tei­lig­ten dar­auf hin­ge­wie­sen, dass zur Er­mitt­lung der Be­rech­nungs­grund­lage die fortführungs­be­ding­ten Vermögens­werte zu be­zif­fern seien. Die mit dem Vergütungs­an­trag ein­ge­reichte Auf­stel­lung zu dem "Er­geb­nis der vorläufi­gen In­sol­venz", nach der sich ein Ver­lust i.H.v. rd. 7.000 € er­ge­ben habe, stehe zu den wei­te­ren An­ga­ben des wei­te­ren Be­tei­lig­ten in dem Ver­fah­ren im Wi­der­spruch. In sei­ner Stel­lung­nahme hier­auf hat der wei­tere Be­tei­ligte im Kern le­dig­lich auf seine bis­he­ri­gen An­ga­ben ver­wie­sen. Nach den oben dar­ge­stell­ten Maßstäben ist die Ent­schei­dung des LG da­her nicht zu be­an­stan­den.

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