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Steuerberatung

Beim Abzugsverbot für Schuldzinsen ist die Bemessungsgrundlage auf den Entnahmenüberschuss zu begrenzen

BFH 14.3.2018, X R 17/16

Für die Be­rech­nung der Übe­rent­nahme nach § 4 Abs. 4a S. 2 EStG ist zunächst vom ein­kom­men­steu­er­recht­li­chen Ge­winn aus­zu­ge­hen; die­ser Be­griff um­fasst auch Ver­luste. Beim Ab­zugs­ver­bot für be­trieb­lich ver­an­lasste Schuld­zin­sen ist die Be­mes­sungs­grund­lage im Wege te­leo­lo­gi­scher Re­duk­tion -ent­ge­gen der Ver­wal­tungs­pra­xis - auf den pe­rio­denüberg­rei­fen­den Ent­nah­menüber­schuss zu be­gren­zen.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger er­zielt aus dem Han­del mit neuen und ge­brauch­ten Fahr­zeu­gen Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb. Er hatte in den Jah­ren 1999 bis 2008 teils Ge­winne, teils Ver­luste er­zielt, und tätigte Ent­nah­men und Ein­la­gen in eben­falls stark schwan­ken­der Höhe. Zu­gleich wa­ren im Be­trieb Schuld­zin­sen an­ge­fal­len.

Das Fi­nanz­amt ver­sagte in den Streit­jah­ren 2007 und 2008 für einen Teil der Schuld­zin­sen den Be­triebs­aus­ga­ben­ab­zug, weil Übe­rent­nah­men i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG vor­ge­le­gen hätten. Die Be­rech­nung des der Fi­nanz­behörde ent­sprach den Vor­ga­ben des BMF-Schrei­bens vom 17.11.2005 (IV B 2 -S 2144- 50/05 - BStBl I 2005, 1019). Da­her kam es zu ei­ner Ver­rech­nung mit in den Vor­jah­ren un­berück­sich­tigt ge­blie­be­nen Ver­lus­ten im Wege ei­ner form­lo­sen Ver­lust­fort­schrei­bung.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hat der BFH das Ur­teil auf­ge­ho­ben und der Klage teil­weise statt­ge­ge­ben.

Gründe:

Nach § 4 Abs. 4a EStG sind Schuld­zin­sen i.H.v. 23.488 € im Jahr 2007 und von 25.194 € im Jahr 2008 nicht ab­zieh­bar und dem Ge­winn hin­zu­zu­rech­nen.

Nach § 4 Abs. 4a EStG sind - un­ter den dort im Ein­zel­nen be­zeich­ne­ten Vor­aus­set­zun­gen - be­trieb­lich ver­an­lasste Schuld­zin­sen nicht ab­zieh­bar, son­dern dem Ge­winn hin­zu­zu­rech­nen, wenn die Ent­nah­men die Summe aus Ge­winn und Ein­la­gen über­stei­gen und da­mit sog. Übe­rent­nah­men vor­lie­gen. Die Be­mes­sungs­grund­lage für das Ab­zugs­ver­bot er­gibt sich aus der Summe von Über- und Un­ter­ent­nah­men während ei­ner To­tal­pe­riode be­gin­nend mit dem ers­ten Wirt­schafts­jahr, das nach dem 31.12.1998 ge­en­det hat, bis zum ak­tu­el­len Wirt­schafts­jahr. § 4 Abs. 4a EStG be­ruht auf der ge­setz­ge­be­ri­schen Vor­stel­lung, dass der Be­triebs­in­ha­ber dem Be­trieb bei ne­ga­ti­vem Ei­gen­ka­pi­tal nicht mehr Mit­tel ent­zie­hen darf als er er­wirt­schaf­tet und ein­ge­legt hat. Da­mit kommt es zu ei­ner Ein­schränkung des Schuld­zin­sen­ab­zugs für den Fall, dass der Steu­er­pflich­tige mehr ent­nimmt als ihm hierfür an Ei­gen­ka­pi­tal zur Verfügung steht.

Die Be­schränkung des Schuld­zin­sen­ab­zugs bei Übe­rent­nah­men stellte bei ih­rer Einführung zum Ver­an­la­gungs­zeit­raum 1999 eine Ant­wort des Ge­setz­ge­bers auf Steu­er­ge­stal­tung durch Zwei- und Mehr­kon­ten­mo­delle (Ver­la­ge­rung pri­vat ver­an­lass­ter Schuld­zin­sen in die be­trieb­li­che Sphäre) dar. Sie ist nach ein­hel­li­ger Auf­fas­sung im Wort­laut zu weit ge­ra­ten, weil bei ih­rer me­cha­ni­schen An­wen­dung be­reits ein be­trieb­li­cher Ver­lust ohne jede Ent­nahme zur teil­wei­sen Ver­sa­gung des Schuld­zin­sen­ab­zugs führen könnte.

In­so­fern ist die nach den Übe­rent­nah­men er­mit­telte Be­mes­sungs­grund­lage der nicht ab­zieh­ba­ren Schuld­zin­sen im Wege der te­leo­lo­gi­schen Re­duk­tion auf den von 1999 bis zum Be­ur­tei­lungs­jahr er­ziel­ten Ent­nah­menüber­schuss und da­mit auf den Über­schuss al­ler Ent­nah­men über alle Ein­la­gen zu be­gren­zen. So wird si­cher­ge­stellt, dass ein in der To­tal­pe­riode er­wirt­schaf­te­ter Ver­lust die Be­mes­sungs­grund­lage für § 4 Abs. 4a EStG nicht erhöht und da­mit der Ge­fahr vor­ge­beugt, dass ein be­trieb­li­cher Ver­lust ohne jede Ent­nahme zur teil­wei­sen Ver­sa­gung des Schuld­zin­sen­ab­zugs führen kann. Zu­dem wird der Ver­lust des ak­tu­el­len Jah­res nicht an­ders be­wer­tet als der Ver­lust aus Vor­jah­ren. Dies kann für den Steu­er­pflich­ti­gen in be­stimm­ten Jah­ren güns­ti­ger, in an­de­ren Jah­ren aber auch nach­tei­li­ger sein als der Ver­rech­nungs­mo­dus des BMF.

Im vor­lie­gen­den Fall la­gen zwar ku­mu­lierte Übe­rent­nah­men im Zeit­raum zwi­schen 1999 und dem Streit­jahr 2007 i.H.v. 696.931 € (zwi­schen 1999 und dem Streit­jahr 2008 i.H.v. 630.908 €) vor. Der Kläger hatte in die­sem Zeit­raum aber nur ins­ge­samt 391.467 € (zwi­schen 1999 und dem Streit­jahr 2008: 419.913 €) mehr ent­nom­men als ein­ge­legt. Da die­ser Ent­nah­menüber­schuss die ku­mu­lier­ten Übe­rent­nah­men un­ter­schrei­tet, bil­det er die Be­mes­sungs­grund­lage für die nach § 4 Abs. 4a EStG nicht ab­zieh­ba­ren Schuld­zin­sen. Die beim Kläger ent­stan­de­nen Ver­luste führen so­mit nicht zu Übe­rent­nah­men i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG. Die nicht ab­zieh­ba­ren Schuld­zin­sen be­lie­fen sich da­mit im Streit­jahr 2007 auf 23.488,02 € (6 % von 391.467 €) und im Streit­jahr 2008 auf 25.194,78 € (6 % von 419.913 €).

Hin­ter­grund:

Die Ent­schei­dung ist ins­be­son­dere für Ein­zel­un­ter­neh­mer und Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten im Be­reich des Mit­tel­stands von großer Be­deu­tung. Da es gleichgültig ist, in wel­chem Jahr in­ner­halb der To­tal­pe­riode Ge­winne oder Ver­luste er­zielt so­wie Ent­nah­men oder Ein­la­gen getätigt wur­den, ist der Steu­er­pflich­tige zu ei­ner vor­aus­schau­en­den Pla­nung sei­ner Ent­nah­men auch in Ge­winn­jah­ren ver­an­lasst, da­mit diese sich nicht durch spätere Ver­luste in steu­er­schädli­che Übe­rent­nah­men ver­wan­deln.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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