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Steuerberatung

Anwendung des gesonderten Tarifs gem. § 32d Abs. 1 EStG bei mittelbarer Beteiligung

BFH 20.10.2016, VIII R 27/15

Zin­sen aus dem Dar­le­hen ei­nes mit­tel­ba­ren Ge­sell­schaf­ters an eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft können dem ge­son­der­ten Steu­er­ta­rif des § 32d Abs. 1 EStG (25 %) un­ter­lie­gen. Im Rah­men des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1b S. 1 EStG be­steht keine Ver­an­las­sung für eine Gleich­stel­lung un­mit­tel­ba­rer und mit­tel­ba­rer An­teils­eig­ner.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin und ihr ver­stor­be­ner Ehe­mann hat­ten 2006 an eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, an der sie nicht un­mit­tel­bar be­tei­ligt wa­ren (En­kel­ge­sell­schaft), ein Grundstück veräußert und die Kauf­preis­for­de­rung in ein ver­zins­li­ches Dar­le­hen um­ge­wan­delt. An die­ser Ge­sell­schaft war zu 94 % eine wei­tere Ka­pi­tal­ge­sell­schaft (Mut­ter­ge­sell­schaft) be­tei­ligt, an der im Streit­jahr 2011 die Kläge­rin zunächst An­teile i.H.v. 10,86 % und später dann i.H.v. 22,80 % des Stamm­ka­pi­tals hielt.

Im Streit­jahr be­lie­fen sich die Zins­zah­lun­gen der En­kel­ge­sell­schaft auf ins­ge­samt 13.258 €. Die Zins­zah­lun­gen ord­ne­ten die Kläge­rin und ihr Ehe­mann in ei­ner ge­mein­sa­men Steu­er­erklärung für das Streit­jahr zunächst den Ka­pi­tal­erträgen zu, die gem. § 32d Abs. 2 und 3 EStG der ta­rif­li­chen Ein­kom­men­steuer un­ter­la­gen. Das Fi­nanz­amt ver­an­lagte erklärungs­gemäß. Hier­ge­gen wandte sich die Kläge­rin mit der Begründung, die Re­ge­lung des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1b S. 1 EStG greife nicht ein, da sie an der En­kel­ge­sell­schaft nicht di­rekt, son­dern le­dig­lich mit­tel­bar be­tei­ligt seien.

Während das Fi­nanz­amt den Ein­spruch ab­ge­wie­sen hatte, gab das FG der Klage teil­weise statt. Es zog die von der En­kel­ge­sell­schaft an die Kläge­rin ge­zahl­ten Dar­le­hens­zin­sen in den ge­son­der­ten Steu­er­ta­rif des § 32d Abs. 1 EStG ein. Das Fi­nanz­amt machte in der Re­vi­sion gel­tend, die Zin­sen seien wie Zin­sen auf ein Dar­le­hen ei­nes un­mit­tel­ba­ren Ge­sell­schaf­ters aus dem ge­son­der­ten Ta­rif für die Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen aus­ge­schlos­sen und dem pro­gres­si­ven Re­gel­ta­rif gem. § 32a EStG zu un­ter­wer­fen. Die Re­vi­sion blieb al­ler­dings er­folg­los.

Die Gründe:
Die strei­ti­gen Ka­pi­tal­einkünfte der Kläge­rin un­ter­la­gen dem ge­son­der­ten Steu­er­ta­rif des § 32d Abs. 1 EStG. Die Vor­aus­set­zun­gen der Aus­nah­me­re­ge­lung des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1b S. 1 EStG wa­ren durch die mit­tel­bare Be­tei­li­gung der Kläge­rin an der En­kel­ge­sell­schaft nicht erfüllt.

Da­nach gilt der ge­son­derte Steu­er­ta­rif des § 32d Abs. 1 EStG nicht, wenn Ka­pi­tal­erträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG von ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft an einen An­teils­eig­ner ge­zahlt wer­den, der zu min­des­tens 10 % an der Ge­sell­schaft oder Ge­nos­sen­schaft be­tei­ligt ist. Diese Un­gleich­be­hand­lung der An­teils­eig­ner im Ver­gleich zu den durch den Ab­gel­tung­steu­er­satz begüns­tig­ten Steu­er­pflich­ti­gen verstößt nicht ge­gen Art. 3 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG, da sie durch sach­li­che Gründe ge­recht­fer­tigt ist.

Im Rah­men des § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1b S. 1 EStG be­steht keine Ver­an­las­sung für eine Gleich­stel­lung un­mit­tel­ba­rer und mit­tel­ba­rer An­teils­eig­ner. Der im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren dis­ku­tierte Wort­laut und der Um­kehr­schluss zu § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG, in dem die mit­tel­bare Be­tei­li­gung ausdrück­lich ge­nannt ist, schließen ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Fi­nanz­am­tes ein ge­setz­ge­be­ri­sches Re­dak­ti­ons­ver­se­hen aus. Mit­tel­bar be­tei­ligte Ge­sell­schaf­ter als Gläubi­ger der Ka­pi­tal­erträge fal­len da­mit nicht un­ter § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1b S. 1 EStG.

Auch die An­wen­dung der wei­te­ren Aus­nah­me­re­ge­lung gem. § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1b S. 2 EStG kam hier nicht in Be­tracht. Diese ver­langt, dass der Ge­sell­schaf­ter der Mut­ter­ge­sell­schaft als Dar­le­hens­ge­ber im Verhält­nis zur En­kel­ge­sell­schaft als Dar­le­hens­neh­me­rin eine "nahe ste­hende Per­son" sein muss. Das hierzu er­for­der­li­che Nähe- und Abhängig­keits­verhält­nis zu ei­ner En­kel­ge­sell­schaft liegt je­den­falls dann vor, wenn der Dar­le­hens­ge­ber als Gläubi­ger der Ka­pi­tal­erträge eine Be­tei­li­gung an der Mut­ter­ge­sell­schaft inne hat, die es ihm ermöglicht, sei­nen Wil­len in de­ren Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung durch­zu­set­zen. Zusätz­lich muss die Mut­ter­ge­sell­schaft an der En­kel­ge­sell­schaft (Dar­le­hens­schuld­ne­rin) zu min­des­tens 10% be­tei­ligt sein. Da die Kläge­rin im Streit­jahr 2011 je­doch zu kei­nem Zeit­punkt über eine Mehr­heit der Stimm­rechte in der Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung der Mut­ter­ge­sell­schaft verfügt hatte, war sie im Verhält­nis zur En­kel­ge­sell­schaft keine nahe ste­hende Per­son gem. § 32d Abs. 2 S. 1 Nr. 1b S. 2 EStG.

Link­hin­weis:

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