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Steuerberatung

Zusammenveranlagung nach bestandskräftiger Einzelveranlagung

BFH 14.6.2018, III R 20/17

Erfüllen Ehe­gat­ten die Vor­aus­set­zun­gen der Ehe­gat­ten­ver­an­la­gung (§ 26 Abs. 1 EStG), können sie nach der im Jahr 2008 gel­ten­den Rechts­lage zwi­schen ge­trenn­ter Ver­an­la­gung (§ 26a EStG), Zu­sam­men­ver­an­la­gung (§ 26b EStG) so­wie der be­son­de­ren Ver­an­la­gung im Jahr der Ehe­schließung (§ 26c EStG) wählen und die ein­mal ge­trof­fene Wahl bis zur Un­an­fecht­bar­keit ei­nes Be­rich­ti­gungs- oder Ände­rungs­be­schei­des frei wi­der­ru­fen. Die­ses Wahl­recht be­steht auch dann, wenn ei­ner der Ehe­gat­ten zu­vor ein­zeln ver­an­lagt wurde. Eine Zu­sam­men­ver­an­la­gung setzt in einem sol­chen Fall vor­aus, dass der Be­scheid des an­de­ren Ehe­gat­ten geändert wer­den kann. Falls die­ser be­standskräftig ist, kommt als Rechts­grund­lage § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auch dann in Be­tracht, wenn der an­dere Ehe­gatte be­son­ders ver­an­lagt wurde.

Der Sach­ver­halt:

Der Kläger erklärte in sei­ner im Ja­nuar 2010 beim Fi­nanz­amt ein­ge­gan­ge­nen Ein­kom­men­steu­er­erklärung für 2008, seit dem "20.8.2009" ver­hei­ra­tet zu sein, ob­wohl er be­reits seit dem 20.9.2008 ver­hei­ra­tet war. Wei­tere An­ga­ben zur Ehe­frau und zur Wahl der Ver­an­la­gungs­art ent­hielt die Erklärung nicht. Das Fi­nanz­amt setzte die Ein­kom­men­steuer für das Streit­jahr (2008) ge­genüber dem Kläger zunächst auf 0 € fest. Auf­grund ei­ner Mit­tei­lung im No­vem­ber 2011 über die ge­son­derte Fest­stel­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen für 2008 er­ging ein geänder­ter Be­scheid, mit dem die Ein­kom­men­steuer auf rd. 5.000 € fest­ge­setzt wurde. Nach ei­ner geänder­ten Mit­tei­lung über die ge­son­dert fest­ge­stell­ten Be­steue­rungs­grund­la­gen min­derte sich die Ein­kom­men­steuer für 2008 so­dann wie­der auf 0 €.

Im Ja­nuar 2012 be­an­trag­ten der Kläger und seine Ehe­frau für das Jahr 2008 die Zu­sam­men­ver­an­la­gung. Dem An­trag war eine ge­mein­same Ein­kom­men­steu­er­erklärung der Ehe­leute bei­gefügt; als Da­tum der Ehe­schließung war zu­tref­fend der 20.9.2008 an­ge­ge­ben. Bei­gefügt war fer­ner der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid der Ehe­frau für 2008 von April 2010. Für sie war eine be­son­dere Ver­an­la­gung für den Ver­an­la­gungs­zeit­raum der Ehe­schließung durch­geführt und die Ein­kom­men­steuer auf rd. 13.000 € fest­ge­setzt wor­den (§ 26c EStG a.F.). Das Fi­nanz­amt lehnte den An­trag auf Zu­sam­men­ver­an­la­gung dem Kläger ge­genüber ab.

Das FG wies die da­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:

Der Kläger hat wirk­sam be­an­tragt, mit sei­ner Ehe­frau zu­sam­men ver­an­lagt zu wer­den. Die Zu­sam­men­ver­an­la­gung wäre, da der Be­scheid der Ehe­frau geändert wer­den könnte, durch­zuführen, wenn der Kläger und seine Ehe­frau alle Vor­aus­set­zun­gen der Ehe­gat­ten­ver­an­la­gung erfüll­ten. Da dies vom FG nicht fest­ge­stellt und vom Fi­nanz­amt be­strit­ten wurde, ist der Rechts­streit nicht ent­schei­dungs­reif.

Erfüllen Ehe­gat­ten die Vor­aus­set­zun­gen der Ehe­gat­ten­ver­an­la­gung, können sie für das Streit­jahr zwi­schen ge­trenn­ter Ver­an­la­gung (§ 26a EStG a.F.) und Zu­sam­men­ver­an­la­gung (§ 26b EStG) wählen. Im Jahr der Ehe­schließung können sie auch die be­son­dere Ver­an­la­gung nach § 26c EStG a.F. wählen und die ein­mal ge­trof­fene Wahl bis zur Un­an­fecht­bar­keit ei­nes Be­rich­ti­gungs- oder Ände­rungs­be­schei­des frei wi­der­ru­fen. Wird ein Steu­er­pflich­ti­ger, der als Ehe­gatte nach § 26a EStG a.F. ge­trennt, nach § 26b EStG zu­sam­men oder nach § 26c EStG a.F. be­son­ders zu ver­an­la­gen ist, statt­des­sen rechts­wid­rig ein­zeln ver­an­lagt, so kann er da­ge­gen in­ner­halb der Ein­spruchs­frist Ein­spruch ein­le­gen. Statt­des­sen kann er bis zur Be­stands­kraft der Steu­er­fest­set­zung auch die Durchführung ei­nes an­de­ren, we­sens­ver­schie­de­nen Ver­an­la­gungs­ver­fah­rens be­an­tra­gen, also auch die Zu­sam­men­ver­an­la­gung mit sei­nem Ehe­gat­ten an­stelle der er­folg­ten Ein­zel­ver­an­la­gung.

Dies gilt auch, wenn der Steu­er­pflich­tige be­reits zu­vor rechts­wid­rig, aber be­standskräftig ein­zeln ver­an­lagt wurde und so­dann - wie hier - ein Ände­rungs­be­scheid er­geht, in dem er wie­derum ein­zeln ver­an­lagt wird. Da der Steu­er­be­scheid durch ein an­de­res Ver­an­la­gungs­ver­fah­ren nicht an­ge­grif­fen wird, kommt es auch nicht dar­auf an, ob von ei­ner Ehe­gat­ten­ver­an­la­gungs­art zu ei­ner an­de­ren oder von ei­ner Ein­zel­ver­an­la­gung zu ei­ner Ehe­gat­ten­ver­an­la­gung ge­wech­selt wer­den soll. § 351 Abs. 1 AO schließt eine Zu­sam­men­ver­an­la­gung mit­hin auch dann nicht aus, wenn zu­vor ein­zeln ver­an­lagt wurde.

Die be­an­tragte Zu­sam­men­ver­an­la­gung setzt wei­ter vor­aus, dass der be­standskräftige Be­scheid der Ehe­frau des Klägers geändert wer­den kann. Rechts­grund­lage dafür wäre § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO, da sich die Ände­rung des Ver­an­la­gungs­wahl­rechts - von der be­son­de­ren zur Zu­sam­men­ver­an­la­gung - als rück­wir­ken­des Er­eig­nis dar­stellt. Auf die Frage, ob eine be­standskräftige Ein­zel­ver­an­la­gung die nachträgli­che Zu­sam­men­ver­an­la­gung aus­schließt, weil die Wahl der Zu­sam­men­ver­an­la­gung dann kein rück­wir­ken­des Er­eig­nis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO wäre, kommt es nicht an, da die Ehe­frau nicht ein­zeln, son­dern als Ehe­gatte gem. § 26c Abs. 1 EStG a.F. be­son­ders ver­an­lagt wurde.

Link­hin­weis:

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