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Steuerberatung

Zur endgültigen Einnahmelosigkeit einer Kapitalbeteiligung

BFH v. 25.7.2019, IV R 51/16

Endgültig ein­nah­me­los ist eine Ka­pi­tal­be­tei­li­gung erst, wenn fest­steht, dass Ein­nah­men oder Be­triebs­vermögens­meh­run­gen aus der nämli­chen Be­tei­li­gung nie­mals als Ein­nah­men oder Be­triebs­vermögens­meh­run­gen i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG ei­ner be­standskräfti­gen Ver­an­la­gung des Steu­er­pflich­ti­gen oder ei­ner be­standskräfti­gen ge­son­der­ten und ggf. ein­heit­li­chen Fest­stel­lung sei­ner Einkünfte zu­grunde ge­le­gen ha­ben. Die endgültige Ein­nah­me­lo­sig­keit ist ein rück­wir­ken­des Er­eig­nis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH & Co. KG, an der ne­ben der R-GmbH als Kom­ple­mentärin nur natürli­che Per­so­nen als Kom­man­di­tis­ten be­tei­ligt sind. Sie war seit der Gründung im Jahr 2006 mit je­weils rund 21 % (106.000 €) am Stamm­ka­pi­tal der B1-GmbH und der B2-GmbH be­tei­ligt. Zur Ab­de­ckung zwi­schen­zeit­lich ent­stan­de­ner Ver­luste muss­ten die Ge­sell­schaf­ter der B1-GmbH Ein­zah­lun­gen i.H.v. rund 25 Mio. € leis­ten; der An­teil der Kläge­rin be­trug rund 5,3 Mio. €.

In der Han­dels- und Steu­er­bi­lanz der Kläge­rin zum 31.12.2008 war die Be­tei­li­gung an der B2-GmbH mit 106.000 € ak­ti­viert, die Be­tei­li­gung an der B1-GmbH mit rund 5,45 Mio. €. Nach ei­ner durch­ge­hen­den Ver­lust­phase von mehr als drei Jah­ren fass­ten die Ge­sell­schaf­ter bei­der Ge­sell­schaf­ten im No­vem­ber 2009 den Be­schluss, diese zu li­qui­die­ren. Der Erlös sollte ent­spre­chend der Be­tei­li­gungs­quote auf­ge­teilt wer­den. In ih­rem Jah­res­ab­schluss auf den 31.12.2009 schrieb die Kläge­rin die Be­tei­li­gun­gen we­gen vor­aus­sicht­lich dau­ern­der Wert­min­de­run­gen außer­planmäßig auf 0 € ab. Im Hin­blick auf den (zu die­sem Zeit­punkt noch) er­war­te­ten Li­qui­da­ti­ons­erlös ak­ti­vierte sie eine For­de­rung ge­gen die B1-GmbH i.H.v. rund 200.000 €. In der diese For­de­rung über­stei­gen­den Höhe wies sie in der Ge­winn- und Ver­lust­rech­nung so­mit einen Auf­wand i.H.v. 5,35 Mio. € aus.

Mit Be­stel­lung des Li­qui­da­tors wurde ver­ein­bart, dass die Kläge­rin aus der Li­qui­da­tion der bei­den Ge­sell­schaf­ten je­weils einen Fest­be­trag i.H.v. 60.000 € erhält. In ih­rer Fest­stel­lungs­erklärung für das Streit­jahr 2009 rech­nete die Kläge­rin die auf die Kom­ple­mentärin ent­fal­len­den Teil­wert­ab­schrei­bun­gen (nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG) dem Ge­winn wie­der hinzu. Bezüglich der An­teile der Kom­man­di­tis­ten nahm sie die Teil­wert­ab­schrei­bun­gen je­doch in vol­ler Höhe (rd. 2,6 Mio. €) er­folgs­wirk­sam vor.

Nach ei­ner Außenprüfung ver­trat der Prüfer die Auf­fas­sung, auf die auf die Kom­man­di­tis­ten ent­fal­lende Teil­wert­ab­schrei­bung sei das Teil­ab­zugs­ver­bot (nach § 3c EStG) an­zu­wen­den. Leis­tun­gen im Rah­men der Auflösung ei­ner Ge­sell­schaft, Veräußerungs­erlöse, Aus­schüttun­gen u.a. führ­ten zu des­sen An­wen­dung, auch wenn sie noch so ge­ring seien. Da die Kläge­rin aus der Li­qui­da­tion der Ge­sell­schaf­ten nach ei­ge­nen An­ga­ben noch An­sprüche er­halte, sei die Teil­wert­ab­schrei­bung nur zu 60 % ab­zieh­bar. Dar­auf­hin rech­nete das Fi­nanz­amt die auf die Kom­man­di­tis­ten ent­fal­len­den Teil­wert­ab­schrei­bun­gen (i.H.v. 40 %) über die ge­son­derte und ein­heit­li­che Fest­stel­lung der Be­steue­rungs­grund­la­gen für die Kläge­rin wie­der hinzu.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hat der BFH das Ur­teil auf ge­ho­ben und die Sa­che an des FG zurück­ver­wie­sen.

Gründe:
Zu Un­recht ist das FG (still­schwei­gend) da­von aus­ge­gan­gen, dass die Frage, ob Ein­nah­men oder Be­triebs­vermögens­meh­run­gen, die die Kläge­rin in einem an­de­ren Jahr als dem Streit­jahr aus den Be­tei­li­gun­gen an der B1-GmbH und der B2-GmbH er­zielt hatte, dem § 3 Nr. 40 EStG un­ter­fal­len, im Streit­jahr 2009 zu prüfen ist. Nach § 3c Abs. 2 EStG in der auf den Streit­fall noch an­zu­wen­den­den Fas­sung des Un­ter­neh­men­steu­er­re­form­ge­set­zes 2008 vom 14.8.2007 dürfen (u.a.) Be­triebs­vermögens­min­de­run­gen oder Be­triebs­aus­ga­ben, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zu­grunde lie­gen­den Be­triebs­vermögens­meh­run­gen oder Ein­nah­men in wirt­schaft­li­chem Zu­sam­men­hang ste­hen, un­abhängig da­von, in wel­chem Ver­an­la­gungs­zeit­raum die Be­triebs­vermögens­meh­run­gen oder Ein­nah­men an­fal­len, bei der Er­mitt­lung der Einkünfte nur zu 60 % ab­ge­zo­gen wer­den.

Fal­len keine Be­triebs­vermögens­meh­run­gen oder Ein­nah­men an, kommt eine an­tei­lige Steu­er­be­frei­ung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Be­tracht. Es tritt die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßge­bende Be­din­gung dafür, ent­spre­chende Auf­wen­dun­gen nur an­tei­lig zu berück­sich­ti­gen, nicht ein. Wer­den da­her aus ei­ner Ka­pi­tal­be­tei­li­gung endgültig keine Ein­nah­men oder Be­triebs­vermögens­meh­run­gen er­zielt, ist für Ver­an­la­gungs­zeiträume bis 2010 das Teil­ab­zugs­ver­bot - vor Gel­tung des heu­ti­gen § 3c Abs. 2 Satz 7 EStG - nicht an­zu­wen­den und der Er­werbsauf­wand in vol­lem Um­fang ab­zieh­bar. Dies gilt auch, wenn die Ka­pi­tal­be­tei­li­gung, wie im Streit­fall, in einem Be­triebs­vermögen ge­hal­ten wird.

Endgültig ein­nah­me­los ist eine Ka­pi­tal­be­tei­li­gung erst, wenn fest­steht, dass Ein­nah­men oder Be­triebs­vermögens­meh­run­gen aus der nämli­chen Be­tei­li­gung nie­mals als Ein­nah­men oder Be­triebs­vermögens­meh­run­gen i.S.d. § 3 Nr. 40 EStG ei­ner be­standskräfti­gen Ver­an­la­gung des Steu­er­pflich­ti­gen oder ei­ner be­standskräfti­gen ge­son­der­ten und ggf. ein­heit­li­chen Fest­stel­lung sei­ner Einkünfte zu­grunde ge­le­gen ha­ben. Die endgültige Ein­nah­me­lo­sig­keit ist ein rück­wir­ken­des Er­eig­nis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Aus­ge­hend von den dar­ge­stell­ten Grundsätzen durfte das FG die Frage, ob die strei­ti­gen Beträge i.H.v. je­weils 60.000 € dem § 3 Nr. 40 EStG un­ter­fal­len, nicht im Rah­men des ge­gen den Fest­stel­lungs­be­scheid 2009 ge­rich­te­ten Kla­ge­ver­fah­rens ent­schei­den. In­so­fern war das Ur­teil auf­zu­he­ben.

Auf der Grund­lage der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen kann der Se­nat al­ler­dings nicht ent­schei­den, ob die im Streit­jahr 2009 gel­tend ge­mach­ten Teil­wert­ab­schrei­bun­gen auf die Be­tei­li­gun­gen der Kläge­rin an der B1-GmbH und an der B2-GmbH dem Teil­ab­zugs­ver­bot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG un­ter­fal­len.
 

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