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Steuerberatung

Vorsteuerabzug bei gemischter Nutzung eines Marktplatzes

BFH 3.8.2017, V R 62/16

Ver­wen­det eine Stadt ih­ren Markt­platz so­wohl für wirt­schaft­li­che wie auch für ho­heit­li­che Zwecke, kann sie die­sen nicht in vol­lem Um­fang ih­rer wirt­schaft­li­chen Tätig­keit zu­ord­nen und ist des­halb nur an­tei­lig zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­tigt.

Der Sach­ver­halt:
Die kla­gende Stadt, die die Be­zeich­nung "Bad" im Stadt­na­men führen darf, hatte in den den Streit­jah­ren 2009 und 2010 in der Stadt­mitte auf dem Gelände ei­nes ehe­ma­li­gen Su­per­mark­tes einen als "Markt­platz" be­zeich­ne­ten Platz er­rich­tet. Die­ser be­steht aus ei­ner Bühnen­an­lage mit Zu­schau­er­tribüne, Ru­hebänken so­wie einem Geräte- und Ab­stell­raum. Wei­ter­hin wur­den Ba­saltsäulen er­rich­tet und Hin­weis­ta­feln an­ge­bracht, die über die Be­deu­tung des Ba­de­or­tes in­for­mie­ren. Schließlich ließ die Kläge­rin einen Was­ser­lauf mit zwei Brun­nen er­stel­len, den Platz ent­spre­chend be­fes­ti­gen, gärt­ne­ri­sch ge­stal­ten und teil­weise umzäunen. Im Zuge der Baumaßnah­men wurde auf dem an den Markt­platz an­gren­zen­den Kur­park eine öff­ent­li­che Toi­let­ten­an­lage er­rich­tet.

Nach den Fest­stel­lun­gen ei­ner die Streit­jahre be­tref­fen­den Um­satz­steuer-Son­derprüfung war der Platz in den Som­mer­mo­na­ten 2010 für die Aus­rich­tung ei­nes Wein­fes­tes, für "pu­blic viewing" zur Fußball­welt­meis­ter­schaft 2010 so­wie für ver­schie­dene Open-Air-Kon­zerte mit freiem Ein­tritt ge­nutzt wor­den, nicht aber für Zwecke des - je­weils am Diens­tag an an­de­rer Stelle statt­fin­den­den - Wo­chen­mark­tes. Hier­aus fol­gerte der Prüfer, dass der Markt­platz nicht für eine steu­er­pflich­tige wirt­schaft­li­che Tätig­keit (Kur­be­trieb der Kläge­rin) ver­wen­det werde und des­halb kein An­spruch auf Vor­steu­er­ab­zug be­stehe. Das Fi­nanz­amt schloss sich die­ser An­sicht an und ver­sagte den Vor­steu­er­ab­zug für die Kos­ten des Markt­plat­zes.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Das FG hat den Vor­steu­er­ab­zug zu Un­recht mit der Begründung ver­sagt, dass es an ei­ner recht­zei­ti­gen Do­ku­men­ta­tion der Zu­ord­nungs­ent­schei­dung fehle und da­mit § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 u. Abs. 4 S. 1 UStG ver­letzt.

Ver­wen­det der Un­ter­neh­mer einen für sein Un­ter­neh­men ge­lie­fer­ten Ge­gen­stand oder eine von ihm in An­spruch ge­nom­mene sons­tige Leis­tung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vor­steu­er­ab­zug aus­schließen, so ist der Teil der je­wei­li­gen Vor­steu­er­beträge nicht ab­zieh­bar, der den zum Aus­schluss vom Vor­steu­er­ab­zug führen­den Umsätzen wirt­schaft­lich zu­zu­rech­nen ist (§ 15 Abs. 4 S. 1 UStG).

Im vor­lie­gen­den Fall er­for­derte der Vor­steu­er­ab­zug keine zeit­nahe Do­ku­men­ta­tion ei­ner Zu­ord­nungs­ent­schei­dung, da eine sol­che nur zu tref­fen und zu do­ku­men­tie­ren ist, wenn ein Zu­ord­nungs­wahl­recht be­steht. Ein sol­ches Zu­ord­nungs­wahl­recht be­steht nicht für jede ge­mischte Nut­zung ei­nes Ge­gen­stands, son­dern nur für die ge­mischte Nut­zung im Rah­men des "Son­der­falls ei­ner Pri­va­tent­nahme, bei der ein Un­ter­neh­mer den ge­mischt wirt­schaft­lich und pri­vat ver­wen­de­ten Ge­gen­stand voll dem Un­ter­neh­men zu­ord­nen und dann auf­grund der Un­ter­neh­mens­zu­ord­nung in vol­lem Um­fang zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­tigt sein kann.

Hier ging es je­doch um die ge­mischte Nut­zung ei­nes Markt­plat­zes, weil die Kläge­rin die­sen Platz im Rah­men ih­res Kur­be­triebs un­ter­neh­me­ri­sch und im Rah­men ih­rer öff­ent­lich-recht­li­chen Auf­gabe als Straßen­bau­lastträger (Er­rich­tung von Straßen und Plätzen zur all­ge­mei­nen Nut­zung) nicht­un­ter­neh­me­ri­sch nutzt. In die­sem Fall be­steht keine Möglich­keit, ge­mischt ge­nutzte Ge­genstände ins­ge­samt ih­rer wirt­schaft­li­chen Tätig­keit zu­zu­ord­nen, viel­mehr kann der Vor­steu­er­ab­zug nur an­tei­lig gel­tend ge­macht wer­den. Die wei­tere Ver­wen­dung des Markt­plat­zes be­trifft hier den Ho­heits­be­reich der Steu­er­pflich­ti­gen und nicht de­ren pri­vate Zwecke, so dass ihr kein Wahl­recht zu­guns­ten ei­ner Zu­ord­nung des ge­sam­ten Ge­gen­stands zu ih­rer wirt­schaft­li­chen Tätig­keit zu­steht und da­mit auch kein Zu­ord­nungs­er­for­der­nis be­steht.

Da die Fest­stel­lun­gen des FG nicht aus­reich­ten, um be­ur­tei­len zu können, ob die Steu­er­pflich­tige aus den Kos­ten für die Er­rich­tung und Ge­stal­tung des sog. Markt­plat­zes einen (an­tei­li­gen) Vor­steu­er­ab­zug gel­tend ma­chen kann, war die Sa­che an die Vor­in­stanz zurück­zu­wei­sen. Der (an­tei­lige) Vor­steu­er­ab­zug könnte so­wohl an der Un­ter­neh­merei­gen­schaft der Kläge­rin als auch am Er­for­der­nis ei­nes di­rek­ten und un­mit­tel­ba­ren Zu­sam­men­hangs zwi­schen Ein­gangs- und Aus­gangs­um­satz schei­tern.

Link­hin­weis:

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