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Steuerberatung

Zur Ermittlung abziehbarer Vorsteuer

BFH v. 23.10.2019 - XI R 18/17

Eine Schätzung des nicht ab­zieh­ba­ren Teils der Vor­steuer un­ter Ver­wen­dung ei­nes se­lek­ti­ven Per­so­nal­schlüssels ist nicht als sach­ge­rechte Schätzung an­zu­se­hen. Es be­steht da­her kein Vor­rang ge­genüber ei­ner Schätzung an­hand des Verhält­nis­ses der ge­sam­ten steu­er­freien zu den steu­er­pflich­ti­gen Umsätzen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist ein Kre­dit­in­sti­tut, de­ren Ge­schäfts­ge­gen­stand ins­be­son­dere die Durchführung von bankübli­chen und ergänzen­den Ge­schäften ist. Am 22.6.2007 teilte sie dem Fi­nanz­amt mit, dass sie be­ab­sich­tige, ab dem 1.1.2008 op­ti­onsfähige Bankleis­tun­gen nach § 9 UStG als um­satz­steu­er­pflich­tig zu be­han­deln.

Mit Blick auf um­satz­steu­er­recht­li­che Auf­zeich­nungs­pflich­ten soll­ten sämt­li­che Ein­gangs­umsätze ei­ner be­stimm­ten Auf­wands­art nur über ein Auf­wands­konto ver­bucht wer­den; außer­dem soll­ten für die in An­spruch ge­nom­mene Vor­steuer ge­trennt nach den Steu­ersätzen 19 % und 7 % je zwei Vor­steu­er­kon­ten geführt wer­den, und zwar "Vor­steuer 100 Pro­zent ab­zugsfähig" und "Vor­steuer teil­weise ab­zugsfähig". Die Quote für die teil­weise in An­spruch zu neh­mende Vor­steuer werde da­bei nach der sog. Phil­ipowski-Me­thode er­mit­telt. Die für das Vor­jahr er­mit­telte Quote werde im lau­fen­den Jahr ab­ge­zo­gen, eine geänderte Quote führe dann ggf. zur Vor­steu­er­be­rich­ti­gung in der De­zem­ber-Vor­an­mel­dung. Mit Schrei­ben vom 29.6.2007 teilte das FA mit, dass die­ser Ver­fah­rens­weise zu­ge­stimmt werde.

Mit ih­ren Um­satz­steu­er­erklärun­gen für 2008 und 2009 mel­dete die Kläge­rin bei ab­zieh­ba­ren Vor­steu­er­beträgen aus Rech­nun­gen von an­de­ren Un­ter­neh­mern ver­blei­bende Um­satz­steuer an. Die nach der sog. Phil­ipowski-Me­thode er­mit­tel­ten an­tei­lig ab­zieh­ba­ren Vor­steu­ern "bei ge­mischt ge­nutz­ten Auf­wen­dun­gen" be­lie­fen sich da­bei für 2008 auf rd. 70 % und für 2009 auf rd. 84 % der in den Streit­jah­ren ins­ge­samt gel­tend ge­mach­ten Vor­steu­er­beträge. Das Fi­nanz­amt er­kannte die Vor­steu­er­auf­tei­lung nach der sog. Phil­ipowski-Me­thode nicht an und setzte ent­spre­chend Um­satz­steuer für die Streit­jahre fest.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage über­wie­gend ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht mit dem Fi­nanz­amt die Vor­steu­er­auf­tei­lung nach der sog. Phil­ipowski-Me­thode als nicht sach­ge­recht an­ge­se­hen, was das Fi­nanz­amt zur Schätzung an­hand des Um­satz­schlüssels be­fugte.

Ver­wen­det der Un­ter­neh­mer einen für sein Un­ter­neh­men ge­lie­fer­ten Ge­gen­stand oder eine von ihm in An­spruch ge­nom­mene sons­tige Leis­tung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vor­steu­er­ab­zug aus­schließen, ist gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der je­wei­li­gen Vor­steu­er­beträge nicht ab­zieh­bar, der den zum Aus­schluss vom Vor­steu­er­ab­zug führen­den Umsätzen wirt­schaft­lich zu­zu­rech­nen ist. Der Un­ter­neh­mer kann die nicht ab­zieh­ba­ren Teil­beträge im Wege ei­ner sach­ge­rech­ten Schätzung er­mit­teln (§ 15 Abs. 4 Satz 2 UStG). Gem. § 15 Abs.  4 Satz 3 UStG ist eine Er­mitt­lung des nicht ab­zieh­ba­ren Teils der Vor­steu­er­beträge nach dem Verhält­nis der Umsätze, die den Vor­steu­er­ab­zug aus­schließen, zu den Umsätzen, die zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­ti­gen, nur zulässig, wenn keine an­dere wirt­schaft­li­che Zu­rech­nung möglich ist.

Wer­den die von einem Steu­er­pflich­ti­gen er­wor­be­nen Ge­genstände oder Dienst­leis­tun­gen für die Zwecke steu­er­be­frei­ter Umsätze ver­wen­det, so kann es nicht zum Ab­zug der Vor­steuer kom­men. Be­tref­fen Aus­ga­ben so­wohl eine be­steu­erte als auch eine von der Steuer be­freite Tätig­keit, kann die ent­rich­tete Vor­steuer nur an­tei­lig ab­ge­zo­gen wer­den. In Be­zug auf die­sen nur an­tei­li­gen Ab­zug ist bei zur ge­misch­ten Ver­wen­dung be­stimm­ten Ge­genständen und Dienst­leis­tun­gen das Ab­zugs­recht auf den Mehr­wert­steu­er­teil be­schränkt, der auf den Be­trag der erst­ge­nann­ten - be­steu­er­ten - Umsätze entfällt.

So­weit ein Steu­er­pflich­ti­ger über die ge­mischt ver­wen­de­ten Aus­ga­ben hin­aus Ge­genstände und Dienst­leis­tun­gen er­wirbt, die aus­schließlich für mehr­wert­steu­er­pflich­tige Umsätze ver­wen­det wer­den, kann die Mehr­wert­steuer auf diese Ge­genstände und Dienst­leis­tun­gen vollständig ab­ge­zo­gen. Da­ge­gen kann die Mehr­wert­steuer auf Ge­genstände und Dienst­leis­tun­gen, die aus­schließlich für die Zwecke et­wai­ger von der Steuer be­frei­ter Umsätze ver­wen­det wer­den, nicht ab­ge­zo­gen wer­den.

Vor dem Hin­ter­grund die­ser recht­li­chen Grund­la­gen hat das FG zu Recht die Vor­steu­er­auf­tei­lung nach der sog. Phil­ipowski-Me­thode als nicht sach­ge­recht ver­wor­fen und die Be­fug­nis des Fi­nanz­amts zur Schätzung der Vor­steu­er­auf­tei­lung be­jaht. Ge­gen die sog. Phil­ipowski-Me­thode als präzi­sere Be­rech­nungs­me­thode ge­genüber der Be­rech­nung an­hand des ge­sam­ten Um­satz­schlüssels spricht von vorn­her­ein die An­wen­dung ei­nes se­lek­ti­ven Per­so­nal­schlüssels. Denn bei die­ser "Per­so­nal­be­darfs­rech­nung" bleibt ein Großteil der Mit­ar­bei­ter der Kläge­rin un­berück­sich­tigt.

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