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Pflicht zur Führung eines Kassenbuches bei Bareinnahmen und -ausgaben

FG Hamburg v. 28.2.2020 - 2 V 129/19

Wi­ckelt der Steu­er­pflich­tige Bar­verkäufe im Rah­men sei­ner ge­werb­li­chen Tätig­keit der­ge­stalt ab, dass die Kun­den den Kauf­preis un­mit­tel­bar nach Kauf­ver­trags­schluss in bar be­glei­chen, ist er zur Führung ei­nes Kas­sen­buchs gem. § 146 Abs. 1 Satz 2 AO ver­pflich­tet. Die nachträgli­che Bu­chung als Ent­nahme ei­ner Kauf­preis­for­de­rung und ver­meint­li­che Ver­ein­nah­mung des Bar­gel­des im Pri­vat­vermögen führt je­den­falls nicht dazu, dass keine Bar­ein­nah­men i.S.d. § 146 Abs. 1 Satz 2 AO vor­lie­gen. Der Be­griff der "Kasse" i.S.d. § 146 Abs. 1 Satz 2 AO ist weit zu fas­sen.

Der Sach­ver­halt:
Der An­trag­stel­ler be­treibt einen Nutz­fahr­zeug­han­del .... Ein großer Teil sei­ner Kund­schaft be­zahlt den je­wei­li­gen Kauf­preis per Banküber­wei­sung. Ei­nige Kun­den be­zahl­ten laut den vor­lie­gen­den Aus­gangs­rech­nun­gen den Kauf­preis je­doch bar an den An­trag­stel­ler. Nach ei­ner Um­satz­steu­er­son­derprüfung für den Prüfungs­zeit­raum 1. Quar­tal 2018 kam der Prüfer zu dem Er­geb­nis, dass der An­trag­stel­ler im Prüfungs­zeit­raum zwar er­heb­li­che Bar­ein­nah­men und -aus­ga­ben er­zielt bzw. getätigt habe, je­doch keine Kas­sen­ein­zel­auf­zeich­nun­gen habe vor­le­gen können. Es sei im Rah­men der Prüfung auch nicht möglich ge­we­sen, nach­zu­voll­zie­hen, wo­her das auf dem Bank­konto ein­ge­zahlte Bar­geld tatsäch­lich stamme. Not­wen­di­ger­weise habe hierfür zu­vor ein Bar­geld­zu­fluss im Ak­tiv­vermögen statt­ge­fun­den ha­ben müssen, ge­ge­be­nen­falls han­dele es sich um nicht er­fasste Bar­ein­nah­men.

Das Fi­nanz­amt über­nahm die vor­ge­nom­mene Hin­zu­schätzung von Um­sat­zerlösen zu 19 % Um­satz­steuer und er­ließ un­ter Hin­weis auf das Er­geb­nis der Um­satz­steu­er­son­derprüfung einen geänder­ten Be­scheid über die Fest­set­zung der Um­satz­steuer-Vor­aus­zah­lung für das 1. Ka­len­der­vier­tel­jahr 2018. Der An­trag­stel­ler hielt da­ge­gen, dass er sei­ner Ein­zel­auf­zeich­nungs­pflicht da­durch nach­komme, dass er je­den ver­kauf­ten und ge­lie­fer­ten Ge­gen­stand ein­zeln und durch z.B. die Fahr­ge­stell­num­mer des Kfz ein­deu­tig iden­ti­fi­zier­bar in Rech­nung stelle. Sämt­li­che steuer- und buchführungs­re­le­van­ten In­for­ma­tio­nen (z.B. Lie­fer­zeit­punkt, Um­satz, Lie­fer­ge­gen­stand, Zah­lungs­me­thode) befänden sich auf die­ser Rech­nung, an­hand de­rer so­wohl der Er­trag als auch der Geld­fluss er­mit­telt und ge­bucht wer­den könne.

Der An­trag auf Aus­set­zung der Voll­zie­hung war vor dem FG teil­weise er­folg­reich.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt ging zu­tref­fend da­von aus, dass die Buchführung des An­trag­stel­lers im Prüfungs­zeit­raum der­art feh­ler­be­haf­tet war, dass sie der Be­steue­rung nicht zu­grunde ge­legt wer­den konnte und des­halb eine Hin­zu­schätzung ge­bo­ten war.

Wi­ckelt der Steu­er­pflich­tige Bar­verkäufe im Rah­men sei­ner ge­werb­li­chen Tätig­keit der­ge­stalt ab, dass die Kun­den den Kauf­preis un­mit­tel­bar nach Kauf­ver­trags­schluss in bar be­glei­chen, ist er zur Führung ei­nes Kas­sen­buchs gem. § 146 Abs. 1 Satz 2 AO ver­pflich­tet. Die nachträgli­che Bu­chung als Ent­nahme ei­ner Kauf­preis­for­de­rung und ver­meint­li­che Ver­ein­nah­mung des Bar­gel­des im Pri­vat­vermögen führt je­den­falls nicht dazu, dass keine Bar­ein­nah­men i.S.d. § 146 Abs. 1 Satz 2 AO vor­lie­gen.

Der Be­griff der "Kasse" i.S.d. § 146 Abs. 1 Satz 2 AO ist weit zu fas­sen. Die Pflicht zur Er­fas­sung der Bar­ein­nah­men nach § 146 Abs. 1 Satz 2 AO kann nicht daran schei­tern, dass der Kläger über kein Kas­sen­behält­nis verfügen will, in dem er die Ein­nah­men auf­be­wahrt. Hier weist das Fi­nanz­amt zu­tref­fend dar­auf­hin, dass "zur Not auch die Ho­sen­ta­sche" des An­trag­stel­lers als Kasse im Sinne der Vor­schrift an­zu­se­hen sei.

Die Schätzung ist bei sum­ma­ri­scher Prüfung al­ler­dings der Höhe nach zu be­an­stan­den. Das Ge­richt geht bei sum­ma­ri­scher Prüfung da­von aus, dass die Hin­zu­schätzung in Höhe von 5 % der Umsätze im Verhält­nis der vom An­trag­stel­ler erklärten steu­er­freien und steu­er­pflich­ti­gen Umsätzen zu er­fol­gen hat. In­so­weit macht das Ge­richt von sei­ner ei­ge­nen Schätzungs­be­fug­nis (§ 96 Abs. 1 FGO i. V. m. § 162 AO) Ge­brauch. Die Wahl der Schätzungs­me­thode steht im pflicht­gemäßen Er­mes­sen der Fi­nanz­behörde bzw. des FG, wenn es - wie hier - seine ei­gene Schätzungs­be­fug­nis aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 AO ausübt.

Nach An­sicht des Se­nats be­steht zu­dem An­lass zu Zwei­feln hin­sicht­lich der vom Fi­nanz­amt vor­ge­nom­me­nen Auf­tei­lung der hin­zu­ge­schätz­ten Umsätze. Ent­ge­gen der An­sicht der Steu­er­behörde spricht zu­min­dest bei sum­ma­ri­scher Prüfung nichts dafür, den Si­cher­heits­zu­schlag al­lein den Umsätzen zu 19 % zu­zu­ord­nen. Viel­mehr dürfte grundsätz­lich da­von aus­zu­ge­hen sein, dass die hin­zu­ge­schätz­ten Umsätze sich gleichmäßig auf die (um­satz-)steu­er­freien und steu­er­pflich­ti­gen Umsätze ver­tei­len. Zu­min­dest hat die Behörde bis­her keine plau­si­ble Begründung vor­ge­tra­gen, dass dich der Hin­zu­rech­nungs­be­trag al­lein auf die steu­er­pflich­ti­gen Umsätze be­zie­hen sollte.

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