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Steuerberatung

Verschmelzung nach Forderungsverzicht mit Besserungsklausel

BFH 21.2.2018, I R 46/16

Wird eine vermögens­lose und in­ak­tive Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, de­ren Ge­sell­schaf­ter ihr ge­genüber auf Dar­le­hens­for­de­run­gen mit Bes­se­rungs­schein ver­zich­tet hat­ten, auf eine fi­nan­zi­ell gut aus­ge­stat­tete Schwes­ter­ka­pi­tal­ge­sell­schaft mit der wei­te­ren Folge des Ein­tritts des Bes­se­rungs­falls und dem "Wie­der­auf­le­ben" der For­de­run­gen ver­schmol­zen, so kann die beim über­neh­men­den Recht­sträger aus­gelöste Pas­si­vie­rungs­pflicht durch eine außer­bi­lan­zi­elle Hin­zu­rech­nung we­gen ei­ner vGA zu kor­ri­gie­ren sein.

Der Sach­ver­halt:
An der kla­gen­den GmbH wa­ren in den Streit­jah­ren 1995 und 1996 sechs natürli­che Per­so­nen be­tei­ligt. Diese wa­ren zu­gleich Ge­sell­schaf­ter der G-GmbH. In 1996 er­warb die Kläge­rin sämt­li­che An­teile an der G-GmbH zum Nenn­wert der Stam­mein­lage. Die Ge­winn­be­zugs­rechte gin­gen mit Wir­kung vom 1.1.1996 auf sie über. Mit Ver­trag vom sel­ben Tag wurde so­dann die G-GmbH als über­tra­gende Recht­sträge­rin mit der Kläge­rin als über­neh­men­der Recht­sträge­rin ver­schmol­zen. Die Ver­schmel­zung er­folgte auf der Grund­lage der Bi­lanz der G-GmbH vom 31.12.1995, die im Rah­men der Ver­schmel­zung als Schluss­bi­lanz der über­tra­gen­den Ge­sell­schaft gel­ten sollte. Ver­schmel­zungs­stich­tag war der 31.12.1995, 24 Uhr. Die Ver­schmel­zung wurde 1996 in das Han­dels­re­gis­ter der Kläge­rin als über­neh­mende Recht­sträge­rin ein­ge­tra­gen.

Be­reits in ih­rer Bi­lanz zum 31.12.1994 hatte die G-GmbH einen Ver­lust­vor­trag und einen Jah­res­fehl­be­trag und da­mit einen nicht durch Ei­gen­ka­pi­tal ge­deck­ten Fehl­be­trag aus­ge­wie­sen. Die Bi­lanz per 31.12.1995 wies einen Jah­resüber­schuss aus. Dem Jah­resüber­schuss lag ein außer­or­dent­li­cher Er­trag zu Grunde, der aus dem Ver­zicht der bei­den mit 25 % be­tei­lig­ten Ge­sell­schaf­ter B. und L. auf Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hen herrührte, die ur­sprüng­lich zur Fi­nan­zie­rung der ge­schäft­li­chen Ak­ti­vitäten der G-GmbH gewährt wor­den wa­ren.

Nach der Ver­schmel­zung der G-GmbH auf die Kläge­rin sah diese (fi­nan­zi­ell gut aus­ge­stat­tet) die Bes­se­rungs­be­din­gung aus den Ver­zichts­erklärun­gen als ge­ge­ben an und ver­buchte in ih­rer Ge­winn- und Ver­lust­rech­nung für das Streit­jahr 1996 außer­or­dent­li­che Auf­wen­dun­gen, zu de­nen sie erläuternd ausführte, dass es sich um Auf­wen­dun­gen aus der Pas­si­vie­rung von Bes­se­rungs­schein­ver­pflich­tun­gen der ehe­ma­li­gen G-GmbH ge­genüber ih­ren Ge­sell­schaf­tern han­dele. Die Dar­le­hen wur­den zunächst nicht ge­tilgt.

Das Fi­nanz­amt ging in Höhe der pas­si­vier­ten Bes­se­rungs­schein­ver­pflich­tun­gen von ei­ner ver­deck­ten Ge­winn­aus­schüttung (vGA) aus. Die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage blieb in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Gründe:
Es konnte da­hin­ste­hen, ob und in wel­cher Höhe die Kläge­rin Bes­se­rungs­schein­ver­pflich­tun­gen ge­winn­min­dernd zu pas­si­vie­ren hatte. Je­den­falls wäre im Um­fang der Ge­winn­min­de­rung eine außer­bi­lan­zi­elle Ein­kom­mens­kor­rek­tur we­gen ei­ner vGA vor­zu­neh­men.

Durch die Wie­der­ein­bu­chung der im Zuge der Ver­schmel­zung über­ge­gan­ge­nen (be­ding­ten) Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten nach Ein­tritt des Bes­se­rungs­fal­les war das Vermögen der Kläge­rin ge­min­dert wor­den. Die Ge­stal­tung (Ein­stel­lung der Ge­schäftstätig­keit der G-GmbH nach den For­de­rungs­ver­zich­ten der Ge­sell­schaf­ter, Über­tra­gung der An­teile an der GmbH auf die Kläge­rin, Ver­schmel­zung der G-GmbH auf die Kläge­rin) hatte dazu ge­dient, die Möglich­keit zur Rückführung der dar­le­hens­weise hin­ge­ge­be­nen Gelder an die Ge­sell­schaf­ter si­cher­zu­stel­len. Die Über­nahme der G-GmbH als "leere Hülle" mit der Be­las­tung zu erfüllen­der Ver­bind­lich­kei­ten bei Ein­tritt des Bes­se­rungs­fal­les hatte nur den Zweck ge­habt, die Ver­bind­lich­kei­ten aus der Bes­se­rungs­ab­rede zu­guns­ten der Ge­sell­schaf­ter zu über­neh­men. Die Vermögens­min­de­rung war da­mit al­lein durch das Ge­sell­schafts­verhält­nis ver­an­lasst ge­we­sen.

Durch die Wie­der­ein­bu­chung der Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten wurde bei der Kläge­rin eine Vermögens­min­de­rung be­wirkt, die aus­schließlich durch das Ge­sell­schafts­verhält­nis ver­an­lasst war. Der Vor­gang war auch ge­eig­net auf Sei­ten der Ge­sell­schaf­ter B. und L. einen Vor­teil aus­zulösen, konn­ten sie doch nach der Ver­schmel­zung und dem Ein­tritt des Bes­se­rungs­fal­les Zah­lun­gen auf ihre wie­der wert­hal­tig ge­wor­de­nen Dar­le­hens­for­de­run­gen be­an­spru­chen. Dass ihre An­teile an der Steu­er­pflich­ti­gen durch die Ein­bu­chung der er­heb­li­chen Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten zu­gleich auch an Wert ver­lo­ren hat­ten, ver­mochte daran schon des­halb nichts zu ändern, weil die An­teils­wert­min­de­rung alle Ge­sell­schaf­ter traf während das Wie­der­auf­le­ben der Dar­le­hens­for­de­run­gen al­lein die Ge­sell­schaf­ter B. und L. begüns­tigte.

Auch die um­wand­lungs­steu­er­recht­li­chen Spe­zi­al­re­ge­lun­gen stan­den einem Rück­griff auf die all­ge­meine Ein­kom­men­ser­mitt­lungs­vor­schrift des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG nicht ent­ge­gen. Denn die Ver­schmel­zung war aus­schließlich durch das Ge­sell­schafts­verhält­nis ver­an­lasst. Dem­gemäß ging es nicht um den Re­gel­fall ei­ner Um­wand­lung aus be­triebs­wirt­schaft­lich sinn­vol­len Gründen. Kenn­zei­chen des Streit­falls war viel­mehr, dass das In­stru­men­ta­rium des Um­wStG ge­nutzt wurde, um die Wert­hal­tig­keit der Ge­sell­schaf­ter­dar­le­hens­for­de­run­gen durch einen Schuld­ner­wech­sel im In­ter­esse und zum al­lei­ni­gen Vor­teil der Ge­sell­schaf­ter zu erhöhen. Da hier­durch das von der Steu­er­pflich­ti­gen er­zielte Ein­kom­men des Jah­res 1996 aus außer­be­trieb­li­chen Gründen ver­rin­gert wurde, ist eine Ein­kom­mens­kor­rek­tur ge­recht­fer­tigt.

Zwar ist die vGA ohne den Ver­schmel­zungs­ver­trag nicht denk­bar, je­doch wurde sie nicht durch den Ge­schäfts­vor­fall der Ver­schmel­zung als sol­chen, son­dern durch den "Ein­tritt des Bes­se­rungs­falls", also durch einen Um­stand aus­gelöst, der der Ver­schmel­zung nach­folgte. In der Schluss­bi­lanz der über­tra­gen­den G-GmbH war die Dar­le­hens­ver­bind­lich­keit nicht aus­zu­wei­sen, weil die Ge­sell­schaf­ter auf die For­de­run­gen ver­zich­tet hat­ten und die auflösende Be­din­gung nicht ein­ge­tre­ten war. Dem­gemäß er­gab sich auf Sei­ten der Kläge­rin als über­neh­men­der Körper­schaft zum um­wand­lungs­steu­er­recht­lich für den Vermögensüberg­ang und die hier­aus zu zie­hen­den steu­er­li­chen Fol­gen maßgeb­li­chen Stich­tag (31.12.1995) auf­grund des gem. § 12 Abs. 1 S. 1 Um­wStG ent­spre­chend an­wend­ba­ren § 4 Abs. 1 Um­wStG we­der eine durch Ein­bu­chung ei­ner Ver­bind­lich­keit be­wirkte Vermögens­min­de­rung noch - im Un­ter­schied zur Ver­schmel­zung ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft mit einem Über­hang ak­tu­ell be­ste­hen­der Ver­bind­lich­kei­ten - einen Ver­schmel­zungs­ver­lust i.S.d. § 12 Abs. 2 S. 1 Um­wStG, der die An­wen­dung des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG hätte sper­ren können.

Die Vermögens­min­de­rung trat auch noch nicht mit dem zi­vil­recht­li­chen Wirk­sam­wer­den der Ver­schmel­zung (Han­dels­re­gis­ter­ein­trag im Au­gust 1996) ein, son­dern erst mit Ab­lauf des 31.12.1996, als fest­stand, dass die Kläge­rin in die­sem Jahr tatsäch­lich einen Bi­lanz­ge­winn er­zielt hatte, also neues Vermögen an­ge­fal­len war. Zum um­wand­lungs­steu­er­recht­lich maßgeb­li­chen Zeit­punkt war also der Bes­se­rungs­fall noch ein zukünf­ti­ges un­ge­wis­ses Er­eig­nis.

Link­hin­weis:

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