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Steuerberatung

Rechtliche Einordnung von Bitcoins als Wirtschaftsgut

FG Berlin-Brandenburg v. 20.6.2019 - 13 V 13100/19

Bei sum­ma­ri­scher Prüfung spricht al­les dafür, dass eine Be­steue­rung von Veräußerungs­ge­win­nen bei sog. Krypto-As­sets gem. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG zulässig ist. Vir­tu­elle Währun­gen können ein­kom­men­steu­er­recht­lich als an­dere Wirt­schaftsgüter qua­li­fi­ziert wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trag­stel­ler wer­den als Ehe­leute ge­mein­sam zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt. Sie erklärten im Streit­jahr Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit und - der An­trag­stel­ler - aus frei­be­ruf­li­cher Tätig­keit. Außer­dem erklärten sie einen Rein­ge­winn aus C i.H.v. rd. 1 Mio. €. Dazu führ­ten sie in ei­ner der Ein­kom­men­steu­er­erklärung bei­gefügten Auf­stel­lung aus, der An­trag­stel­ler habe keine wei­te­ren Aus­zah­lun­gen in € getätigt. Ein­zah­lun­gen in € seien nur in den Jah­ren 2013 bis 2015 vor­ge­nom­men wor­den. Han­del habe wie auch in den Vor­jah­ren auch auf an­de­ren Han­dels­platt­for­men statt­ge­fun­den, je­doch nur in C. Ein- und Aus­zah­lun­gen in € seien aus­schließlich über eine Platt­form im In­ter­net getätigt und auf das Bank­konto des An­trag­stel­lers aus­ge­zahlt wor­den.

Auf Nach­frage durch den An­trags­geg­ner erklärte der An­trag­stel­ler, er habe am 28.7.2015 als Soft­ware-Ent­wick­ler der D-UG von sei­nem Ar­beit­ge­ber 25.474 ETH für 0,0005 ETH/BTC in BTC kau­fen können. Der An­trags­geg­ner setzte ge­genüber den An­trag­stel­lern die Ein­kom­men­steuer für 2017 auf rd. 460.000 € fest. Da­bei be­han­delte er den von den An­trag­stel­lern erklärten Ge­winn aus C von rd. 1 Mio. € als sons­tige Einkünfte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Die An­trag­stel­ler sind dem­ge­genüber der An­sicht, die Einkünfte des An­trag­stel­lers seien um rd. 1 Mio. € re­du­ziert zu berück­sich­ti­gen. Außer­dem be­an­trag­ten sie die Aus­set­zung der Voll­zie­hung so­wie das Ru­hen des Ver­fah­rens im Hin­blick auf das bei dem BFH anhängige Re­vi­si­ons­ver­fah­ren IX R 10/18.

Das FG wies den An­trag auf Gewährung der Aus­set­zung der Voll­zie­hung zurück.

Die Gründe:
Die Frage der Ein­ord­nung von Bit­coins in recht­li­cher Hin­sicht als Wirt­schafts­gut ist der­zeit nicht zwei­fel­haft. In Be­tracht kommt die Qua­li­fi­zie­rung als of­fi­zi­el­les Zah­lungs­mit­tel bzw. Geld im ju­ris­ti­schen Sinn oder aber die Ein­ord­nung als Wirt­schafts­gut. Vir­tu­elle Währun­gen sind zwar von der Ba­Fin als Fi­nanz­in­stru­mente in der Form von Rech­nungs­ein­hei­ten i.S.d. § 1 Abs. 11 Nr. 7 KWG ein­ge­stuft wor­den, ihre Nut­zung als Zah­lungs­mit­tel löst aber grundsätz­lich keine Er­laub­nis­pflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG aus, da kein Bank­ge­schäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG und keine Fi­nanz­dienst­leis­tung i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG vor­liegt. Ein of­fi­zi­el­les Zah­lungs­mit­tel sind sie da­mit nicht. Ge­gen die Qua­li­fi­ka­tion der Bit­coin als Geld spricht ne­ben der Tat­sa­che, dass sie kein ge­setz­li­ches Zah­lungs­mit­tel sind, vor al­lem, dass Bit­coins nicht phy­si­sch über­trag­bar sind, die Geld­funk­tion also nur in­ner­halb des vir­tu­el­len Raums über­neh­men könne.

Es spricht bei der ge­bo­te­nen sum­ma­ri­schen Prüfung al­les dafür, dass eine Be­steue­rung von Veräußerungs­ge­win­nen bei sog. Krypto-As­sets ent­ge­gen der An­sicht der An­trag­stel­ler gem. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG zulässig ist. Vir­tu­elle Währun­gen können ein­kom­men­steu­er­recht­lich als an­dere Wirt­schaftsgüter qua­li­fi­ziert wer­den. Wirt­schaftsgüter sind alle Wert­ge­genstände der pri­va­ten Vermögens­sphäre. Nach ständi­ger Recht­spre­chung des BFH be­inhal­tet der Be­griff des "Wirt­schafts­guts" in An­leh­nung an den Be­griff "Vermögens­ge­gen­stand" im Han­dels­recht nicht nur Sa­chen und Rechte i.S.d. BGB, son­dern auch tatsäch­li­che Zustände und kon­krete Möglich­kei­ten, d.h. sämt­li­che Vor­teile für den Be­trieb, de­ren Er­lan­gung sich der Kauf­mann et­was kos­ten lässt.

Da­mit ver­tritt die ständige Rechts­pra­xis einen wei­ten Be­griff des Wirt­schafts­gu­tes. Für steu­er­li­che Zwecke aus­rei­chend sind auch bloße Möglich­kei­ten oder kon­krete Zustände, so­fern ih­nen ein ei­genständi­ger Wert im Rechts­ver­kehr zu­kommt. Da­her ist es zu­tref­fend, Krypto-As­sets als steu­er­ver­strickte, pri­vate Vermögens­ge­genstände ein­zu­stu­fen, da sie im Ge­schäfts­ge­brauch als Zah­lungs­mit­tel für einen Sach- oder Dienst­leis­tungs­er­werb ak­zep­tiert wer­den. Sie sind in­so­weit struk­tu­rell ver­gleich­bar mit Fremdwährun­gen oder De­vi­sen, de­ren Trans­ak­tio­nen eben­falls von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG er­fasst wer­den.

Die An­sicht, dass es sich bei Bit­coins bzw. an­de­ren Kryp­towährun­gen bzw. vir­tu­el­len Währun­gen um ein im­ma­te­ri­el­les Wirt­schafts­gut han­delt, wird - so­weit er­sicht­lich - im Schrift­tum aus­nahms­los ge­teilt, mit der Folge, dass der Ver­kauf von vir­tu­el­len Währun­gen durch einen Pri­va­ten zu Einkünf­ten i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG führt, wenn zwi­schen An­schaf­fung und Veräußerung we­ni­ger als ein Jahr liegt. Die da­ge­gen auf tech­ni­scher Grund­lage von den An­trag­stel­lern vor­ge­brach­ten Ar­gu­mente begründen keine hin­rei­chen­den Zwei­fel an der Ein­ord­nung der Kryp­towährun­gen als Wirt­schaftsgüter. Dass sich aus den tech­ni­schen Abläufen re­le­vante Be­son­der­hei­ten er­ge­ben, die ge­gen die Ein­ord­nung als Wirt­schafts­gut spre­chen, ist der­zeit nicht er­kenn­bar. Hin­rei­chend starke Un­ge­wiss­hei­ten für die recht­li­che Ein­ord­nung der Kryp­towährun­gen sind nach dem bis­he­ri­gen Vor­brin­gen nicht er­sicht­lich.

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