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Steuerberatung

Entwurf eines BMF-Schreibens zu Kryptowährungen

Am 17.06.2021 po­si­tio­niert sich das BMF mit dem Ent­wurf ei­nes BMF-Schrei­bens zu aus­gewähl­ten Ein­zel­fra­gen im Hin­blick auf die er­trag­steu­er­recht­li­che Be­hand­lung von vir­tu­el­len Währun­gen (Kryp­towährun­gen) und von To­ken.

Der Ent­wurf lässt er­ken­nen, dass das BMF ver­sucht, (fast) jeg­li­che Art und Weise der Betäti­gung in dem Um­feld der Kryp­towährun­gen und der dar­aus er­ziel­ten Einkünfte bzw. Ge­winne der Be­steue­rung zu un­ter­wer­fen. In­so­fern dürfte die Ver­wal­tungs­auf­fas­sung vor al­lem für die Per­so­nen von be­son­de­rer Bri­sanz sein, die nicht nur klas­si­sches Tra­ding (Kauf/Ver­kauf) be­trei­ben, son­dern bei­spiels­weise auch Mi­ning vor­neh­men oder vir­tu­elle Währun­gen an­de­ren ge­gen eine Vergütung zur Nut­zung über­las­sen.

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Das BMF-Schrei­ben enthält fol­gende zen­trale As­pekte, v. a. für im Pri­vat­vermögen ge­hal­tene vir­tu­elle Währun­gen:

Virtuelle Währungen als Wirtschaftsgüter

Ein­hei­ten von vir­tu­el­len Währun­gen sieht das BMF als „an­dere Wirt­schaftsgüter“ i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an (Rn. 39). Dies dürfte ge­mein­hin auf brei­ten Kon­sens stoßen, un­ge­ach­tet des Be­schlus­ses des FG Nürn­berg vom 08.04.2020 (Az. 3 V 1239/19), das eine sol­che Klas­si­fi­zie­rung in­frage stellt.

Mining

Laut BMF stellt Mi­ning einen An­schaf­fungs­vor­gang dar, der nach dem je­wei­li­gen Ein­zel­fall ent­we­der pri­vate Vermögens­ver­wal­tung oder ge­werb­li­che Tätig­keit sein kann (Rn. 24). Gleich­wohl wird hier­bei – un­ge­ach­tet der Höhe der hierfür er­for­der­li­chen Auf­wen­dun­gen (z. B. für Hard­ware und Strom) – wi­der­leg­bar ver­mu­tet, dass es sich beim Mi­ning um eine ge­werb­li­che Tätig­keit han­delt (Rn. 28) und so­mit ge­werb­li­che Einkünfte gemäß § 15 EStG vor­lie­gen. Eine Un­ter­schei­dung zwi­schen dem Block-Re­ward und ei­ner aus­ge­lob­ten Trans­ak­ti­ons­gebühr nimmt das BMF bzgl. der Be­steue­rung nicht vor. Beide Kom­po­nen­ten sol­len der Be­steue­rung – so­wohl im Pri­vat­vermögen als auch im Be­triebs­vermögen – un­ter­lie­gen.

Sollte der Ent­wurf in die­ser Ge­stalt fi­nal wer­den, könnte dies u. a. für die Fälle von Re­le­vanz sein, bei de­nen selbst her­ge­stellte Ein­hei­ten von vir­tu­el­len Währun­gen in­ner­halb ei­nes Jah­res veräußert wer­den, denn dann wäre der er­zielte Veräußerungs­ge­winn als pri­va­tes Veräußerungs­ge­schäft i.S.d. § 23 EStG voll steu­er­pflich­tig.

Die Auf­fas­sung des BMF wi­der­spricht der herr­schen­den Mei­nung, die im Mi­ning re­spek­tive im Hin­blick auf den er­hal­te­nen Block-Re­ward kei­nen An­schaf­fungs­vor­gang sieht.

Wei­tere Be­ach­tung soll­ten auch die Ausführun­gen zur Verlänge­rung der Spe­ku­la­ti­ons­frist bzw. Veräußerungs­frist fin­den. So kann sich im Falle des Sta­king die steu­er­lich re­le­vante Veräußerungs­frist von einem auf zehn Jahre verlängern, da nach An­sicht des BMF die Nut­zung ei­ner Ein­kunfts­quelle vor­liegt (Rn. 47–49).

Trading-Umfang und die Frage nach der Gewerblichkeit

Beim Kauf und Ver­kauf von vir­tu­el­len Währun­gen kann sich mit­un­ter die Frage stel­len, ob ein ho­her Um­fang be­reits eine ge­werb­li­che Tätig­keit dar­stellt oder noch als pri­vat an­zu­se­hen ist.

Für die Ab­gren­zung zwi­schen „ge­werb­lich“ und „pri­vat“ ver­weist das BMF auf die Kri­te­rien zum ge­werb­li­chen Wert­pa­pier- und De­vi­sen­han­del. Da­nach dürfte auch bei einem sehr ak­ti­ven Han­deln mit vir­tu­el­len Währun­gen keine ge­werb­li­che Tätig­keit begründet wer­den, so­fern sich der Steu­er­pflich­tige nicht wie ein „Händ­ler“ bzw. „ban­ken­ty­pi­sch“ verhält und „kei­nen in kaufmänni­scher Weise ein­ge­rich­te­ten Ge­schäfts­be­trieb“ un­terhält; eine Hin­tertür behält sich das BMF al­ler­dings in­so­weit of­fen, als „im je­wei­li­gen Ein­zel­fall zu prüfen“ ist (Rn. 38).

Verwendungsreihenfolge

Im Hin­blick auf das zur An­wen­dung ge­lan­gende Ver­brauchs­fol­ge­ver­fah­ren ist zwi­schen Be­triebs­vermögen und Pri­vat­vermögen zu un­ter­schei­den:

Im Be­triebs­vermögen sind zur Er­mitt­lung des Veräußerungs­ge­winns grundsätz­lich die in­di­vi­du­el­len (fort­geführ­ten) An­schaf­fungs­kos­ten der veräußer­ten Ein­hei­ten ei­ner vir­tu­el­len Währung zu an­zu­set­zen. Den da­mit vor­ge­se­hen Grund­satz der Ein­zel­be­wer­tung als Stan­dard­me­thode begründet das BMF da­mit, dass auf­grund „des Rückwärts­be­zugs je­des Trans­ak­ti­ons­out­puts eine Zu­ord­nung und Iden­ti­fi­zie­rung von Ein­hei­ten ei­ner vir­tu­el­len Währung grundsätz­lich bis hin zu de­ren Ur­sprungs­trans­ak­tion (…) möglich ist.“ Sollte dies nicht möglich sein, kann auf die durch­schnitt­li­chen An­schaf­fungs­kos­ten ab­ge­stellt wer­den. (Rn. 37) Diese Möglich­keit ist, so zeigt un­sere Er­fah­rung, begrüßen­swert, da eine Ein­zel­be­wer­tung oft­mals nicht durchführ­bar ist.

Wer­den Kryp­towährun­gen im Pri­vat­vermögen ge­hal­ten, gilt eben­falls der Grund­satz der Ein­zel­be­trach­tung. Aus Ver­ein­fa­chungsgründen kann auch hier die FiFo-Me­thode an­ge­wen­det wer­den; dies ent­spricht in­so­weit der Äußerung der Fi­nanz­behörde Ham­burg in ih­rem Er­lass vom 11.12.2017 (DB 2018, 159). Steu­er­pflich­tige, die das LiFo-Ver­fah­ren ver­wen­den (wol­len), soll­ten diese Äußerun­gen (in ih­ren Pla­nun­gen) berück­sich­ti­gen.

Fer­ner weist das BMF dar­auf hin, dass die ein­mal gewählte Me­thode auf jede ein­zelne Wal­let an­zu­wen­den ist. Erst nach ei­ner vollständi­gen Veräußerung der Ein­hei­ten ei­ner vir­tu­el­len Währung in die­ser Wal­let kommt ein Me­tho­den­wech­sel in­frage. So­nach be­steht für jede vir­tu­elle Währung in ei­ner Wal­let ein ge­son­der­tes Wahl­recht (Rn. 45).

Forks

Eine of­fen­kun­dige Un­ter­schei­dung zwi­schen Hard- und Soft-Forks un­ter­nimmt das BMF nicht. Viel­mehr wird da­von aus­ge­gan­gen, dass bei einem Fork die neuen Ein­hei­ten ei­ner neuen vir­tu­el­len Währung als Be­stand­teil der Ein­hei­ten der vor dem Fork exis­tie­ren­den vir­tu­el­len Ein­hei­ten ent­gelt­lich an­ge­schafft wer­den (Rn. 56) und so­mit An­schaf­fungs­kos­ten er­hal­ten, wel­che bei ei­ner späte­ren Veräußerung von Re­le­vanz sind. Eine im Schrift­tum dis­ku­tierte und durch­aus ver­tret­bare An­sicht ei­ner Steu­er­frei­heit man­gels An­schaf­fungs­vor­gang bil­ligt das BMF den Steu­er­pflich­ti­gen nicht zu. Viel­mehr hat es den An­schein, dass jeg­li­che Wert­stei­ge­rung und an­schließende Veräußerung im Rah­men ei­nes pri­va­ten Veräußerungs­ge­schäfts der Be­steue­rung un­ter­lie­gen soll.

Lending

Einkünfte aus Len­ding­ak­ti­vitäten sol­len steu­er­bare Einkünfte sein, § 22 Nr. 3 EStG. Soll­ten die dar­aus er­ziel­ten Erträge in Ein­hei­ten ei­ner vir­tu­el­len Währung er­zielt wer­den, gel­ten diese im Zeit­punkt des Zu­flus­ses als an­ge­schafft (mit ent­spre­chen­den steu­er­li­chen Fol­gen bei späte­rer Veräußerung).

Ob und in­wie­weit diese Ausführun­gen Zu­stim­mung er­fah­ren, mag of­fen blei­ben. Gleich­wohl ist auf einen As­pekt im Hin­blick auf das Len­ding ex­pli­zit hin­zu­wei­sen: Wenn Ein­hei­ten ei­ner vir­tu­el­len Währung im Wege des Len­dings ge­gen Ent­gelt über­las­sen wer­den, stellt dies nach An­sicht des BMF eine Nut­zung als Ein­kunfts­quelle dar, mit der Folge ei­ner Verlänge­rung der steu­er­lich re­le­van­ten Veräußerungs­frist von einem auf zehn Jahre (Rn. 47).

Airdrops

Grundsätz­lich ist zwi­schen ak­ti­ven und pas­si­ven Air­drops zu un­ter­schei­den. Diese Dif­fe­ren­zie­rung nimmt das BMF je­doch nicht ex­pli­zit, son­dern nur in­di­rekt vor.

Bei ak­ti­ven Air­drops lie­gen in­folge der ak­ti­ven Par­ti­zi­pa­tion des Kun­den steu­er­pflich­tige sons­tige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG vor. Pas­sive Air­drops könn­ten laut BMF hier­von nicht tan­giert sein. Gleich­wohl behält sich das BMF zur steu­er­li­chen Er­fas­sung eine Hin­tertür of­fen, da für die Fälle, in de­nen keine Ge­gen­leis­tung er­folgt, eine Schen­kung in Be­tracht kom­men soll, für wel­che die schen­kung­steu­er­li­chen Re­ge­lun­gen gel­ten (Rn. 79).

Fazit

In der Zu­sam­men­schau lässt sich fest­hal­ten, dass das BMF mit sei­nem Ent­wurf zur Be­steue­rung von Kryp­towährun­gen den Ver­such un­ter­neh­men will, alle Vermögens­stei­ge­run­gen und er­ziel­ten/er­ziel­ba­ren Einkünfte aus Kryp­towährungs­ak­ti­vitäten steu­er­lich zu er­fas­sen.

An­le­ger, die auf eine we­ni­ger strenge Aus­le­gung bzw. Ver­wal­tungs­auf­fas­sung ge­hofft ha­ben, dürf­ten mit die­sem Ent­wurf enttäuscht wer­den.

Ins­be­son­dere die un­dif­fe­ren­zierte Fik­tion, dass Mi­ning einen An­schaf­fungs­vor­gang hin­sicht­lich bei­der Kom­po­nen­ten, dem Block-Re­ward und der Trans­ak­ti­ons­gebühr, dar­stellt und grundsätz­lich eine ge­werb­li­che Tätig­keit repräsen­tie­ren soll, dürfte durch­aus (be­rech­tigte) kri­ti­sche Re­so­nanz her­vor­ru­fen.

Auch im Be­reich der Air­drops, Forks so­wie der Verlänge­rung der Spe­ku­la­ti­ons­frist von einem auf zehn Jahre (wie im Fall des Len­dings) soll­ten ei­ner Überprüfung sei­tens des BMF un­ter­zo­gen wer­den.

Steu­er­pflich­tige, die sich bis­lang nur ru­di­mentär mit den steu­er­li­chen The­men rund um Kryp­towährun­gen und de­ren Dar­le­gung ge­genüber dem Fi­nanz­amt be­fasst ha­ben, sind spätes­tens jetzt gut be­ra­ten, ihre be­reits voll­zo­ge­nen und ge­plan­ten Ak­ti­vitäten ei­ner fun­dier­ten Ana­lyse und steu­er­recht­li­chen Be­trach­tung zu un­ter­zie­hen.

Au­tor: Dr. Mar­kus Er­tel

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