Die steuerliche Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token steht immer wieder in der Diskussion. Mit dem in 2021 veröffentlichten Entwurf eines BMF-Schreibens bzw. mit dem finalen Schreiben vom 10.05.2022 zur ertragsteuerlichen Behandlung solcher Sachverhalte wurde jedoch seitens der Finanzbehörden klargestellt, dass der Fiskus von einer grundsätzlichen steuerlichen Relevanz dieser Vorgänge ausgeht. Zudem zeigen die jüngsten Entwicklungen, dass insbesondere auch die Steuerfahndungsstellen mit der Aufarbeitung dieser Thematik begonnen haben. Betreiber von Handelsplattformen erhalten vermehrt Auskunftsersuchen, die darauf abzielen, entsprechende Prüfungshandlungen vornehmen zu können.
Die vermeintliche Anonymität der Blockchain schwindet daher zunehmend. Vor diesem Hintergrund stellen sich insbesondere zahlreiche Investoren im Bereich der Kryptowährungen die Frage, ob sie in der Vergangenheit eine ordnungsgemäße Steuerdeklaration ihrer Einkünfte vorgenommen haben oder ob ggf. Korrekturbedarf besteht.
In vielen Fällen wird es erforderlich sein, eine Erklärung einzureichen, die den Anforderungen einer strafbefreienden Selbstanzeige im Sinne des § 371 AO genügt.
Staatsanwaltschaften sowie Bußgeld- und Strafsachenstellen gehen in solchen Konstellationen - gerade bei hohe Nachzahlungsbeträgen - zumindest in einer Erstbewertung nicht selten von einer vorsätzlichen Begehungsweise aus.
Um der Entdeckung seitens der Finanzbehörden und den korrespondierenden steuerstrafrechtlichen Folgen vorzukommen bzw. eine strafrechtliche Sanktionierung zu vermeiden, sollten die Betroffene proaktiv auf die Finanzämter zugehen.
Mit Blick auf eine stark steigende Zahl von Auskunftsersuchen der Finanzbehörden nimmt auch die Gefahr einer möglichen „Tatentdeckung“ erheblich zu - ab diesem Zeitpunkt haben etwaige Nacherklärungen im Übrigen keine strafbefreiende Wirkung mehr.
Die Beratungspraxis zeigt, dass es in dieser „Gemengelage“ keinen Königsweg gibt. Vielmehr kommt es auf eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls an.
Für eine erste Einschätzung spielt insbesondere die Beantwortung der folgen Fragen eine zentrale Rolle
- Erfolgte ein Handel mit Kryptowährungen und wurde dabei ein Gewinn erzielt, der 600 Euro übersteigt (Haltedauer < 1 Jahr)?
- Wurden die Einkünfte in der Steuererklärung deklariert oder die Transaktionen zumindest hinreichend offengelegt?
- Gab es neben dem Handel auch weitere Aktivitäten wie Mining und Staking und wenn ja, wie wurden diese in der Steuererklärung berücksichtigt?
- Sofern bislang keine Deklaration erfolgte: Kann jede Transaktion hinreichend aufbereitet werden? Ggf. sind im Rahmen der Korrektur Schätzungen erforderlich.
- Sofern eine Berücksichtigung in der Steuererklärung erfolgte: Entsprechen die angegebenen Einkünfte der in dem finalen BMF-Schreiben vom 10.05.2022 festgehaltenen Ansicht der Finanzverwaltung oder wurde zumindest die Vertretung einer anderweitigen Auffassung in der Erklärung hinreichend offengelegt?
Bereits die vorgenannten Fragen zeigen, dass je nach Sachverhalt und Ausgangslage eine individuelle steuerliche und steuerstrafrechtliche Beratung und Vorgehensweise erforderlich ist. Für die Betroffenen besteht in jedem Fall Handlungsbedarf. Mit Blick auf die mittlerweile auf 15 Jahre erweiterte strafrechtliche Verfolgungsverjährungsfrist für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung sind das Abwarten und Hoffen auf eine Nichtentdeckung etwaiger Steuerstraftaten sicherlich keine ernsthaften Handlungsoptionen.Sofern bereits ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden ist, kann die proaktive Aufarbeitung des Falles zumindest eine erhebliche Strafmilderung bringen.