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BMF zu Einzelfragen der Besteuerung von Kryptowährungen

Am 10.05.2022 hat das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­rium der Fi­nan­zen das fi­nale Schrei­ben zur er­trag­steu­er­recht­li­chen Be­hand­lung von Kryp­towährun­gen veröff­ent­licht.

Ein ers­ter Ent­wurf des BMF-Schrei­bens lag be­reits am 17.06.2021 vor. Dar­auf­hin er­folgte im Herbst 2021 eine Anhörung von Mit­glie­dern der In­dus­trie und der Be­ra­ter­schaft. Die aus der Anhörung ge­won­ne­nen Er­kennt­nisse wur­den nun bei der Fi­na­li­sie­rung des BMF-Schrei­bens berück­sich­tigt.

Das BMF-Schrei­ben ist ein ers­ter großer Schritt auf dem Weg zu mehr Rechts­si­cher­heit. Denn seit Jah­ren ver­sucht sich die Pra­xis und die steu­er­recht­li­che Li­te­ra­tur an der An­wen­dung der be­ste­hen­den Re­ge­lun­gen auf Kryp­towährun­gen und die mit die­sen ver­bun­de­nen Sach­ver­hal­ten. Stan­dardfälle wie die An­schaf­fung und Veräußerung las­sen sich durch die be­ste­hen­den Re­ge­lun­gen im Grund­satz leicht lösen. Pro­bleme be­rei­ten nach wie vor die mit der Tech­no­lo­gie ein­her­ge­hen­den neu­ar­ti­gen Ein­kunftsmöglich­kei­ten, wie z.B. aus Air­drops, aus der Fortführung der Block­chain (Mi­ning oder Sta­king, bzw. „For­ging“ wie das BMF den Vor­gang bei Proof of Stake Block­chains be­zeich­net), aus Hard­forks, Len­ding oder De­cen­tra­li­sed Fi­nance (DeFi). Aber auch grund­le­gende Fra­ge­stel­lun­gen, wie z. B. ob es sich bei Kryp­towährun­gen und To­ken um Wirt­schaftsgüter han­delt, sind bis­lang höchstrich­ter­lich nicht ent­schie­den. Dazu wird der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) in einem anhängi­gen Ver­fah­ren nun erst­mals Ge­le­gen­heit ha­ben (Az. IX R 3/22). Über­ra­schend und äußerst po­si­tiv ist, dass das BMF die Verlänge­rung der Spe­ku­la­ti­ons­frist auf 10 Jahre, die nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 EStG dann greift, wenn das Wirt­schafts­gut zur Er­zie­lung von Einkünf­ten ge­nutzt wird, bei Kryp­towährun­gen grundsätz­lich nicht an­wen­det.

Das be­ste­hende Re­ge­lungs­sys­tem führt dazu, dass lang­fris­tige Veräußerungs­er­folge aus Kryp­towährun­gen - wie vor Einführung der Ab­gel­tung­steuer aus Wert­pa­pie­ren - im Pri­vat­vermögen steu­er­frei sind. Das ist im Er­folgs­fall für den An­le­ger po­si­tiv, be­deu­tet aber auch, dass Ver­luste steu­er­lich nicht gel­tend ge­macht wer­den können, wenn der Zeit­raum zwi­schen An­schaf­fung und Veräußerung mehr als ein Jahr beträgt. In­ner­halb der Jah­res­frist sind Veräußerungs­er­folge mit dem persönli­chen Ein­kom­men­steu­er­satz zu be­steu­ern. Dazu sind die Er­geb­nisse aus Kryp­towährun­gen vom An­le­ger zunächst zu er­mit­teln und im Rah­men der jähr­li­chen Ein­kom­men­steu­er­erklärung selbst zu erklären. Dies ist ge­genüber dem Ab­gel­tung­steu­er­sys­tem, bei dem inländi­sche Kre­dit­in­sti­tute die Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen er­mit­teln und der Ab­gel­tung­steuer un­ter­wer­fen, für den Pri­vat­an­le­ger mitt­ler­weile un­ge­wohnt. Er muss bei Kryp­towährun­gen selbst tätig wer­den und seine Einkünfte er­mit­teln. Auf der einen Seite muss er dazu die re­le­van­ten Da­ten von Kryp­tobörsen und aus Wal­lets zu­sam­men­tra­gen, wo­bei er bei die­ser Auf­gabe mitt­ler­weile auf spe­zia­li­sierte Tools bzw. Web­sei­ten zurück­grei­fen kann. Auf der an­de­ren Seite muss er aber auch wis­sen, wie die je­wei­li­gen Einkünfte zu erklären und zu ver­steu­ern sind. Dazu dürfte für die meis­ten An­le­ger nur die Un­terstützung durch einen auf Kryp­towährun­gen spe­zia­li­sier­ten Steu­er­be­ra­ter in Frage kom­men. Denn es kann sein, dass be­stimmte Sach­ver­halte als Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb oder - ab­seits der Veräußerun­gen und sons­ti­gen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG (wie z.B. Len­ding) - als Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen qua­li­fi­zie­ren können. In ers­te­rem Fall würde dies so­gar eine Ge­wer­be­steu­er­pflicht die­ser Einkünfte be­deu­ten. In letz­te­rem Fall wären die spe­zi­fi­schen Re­ge­lun­gen des § 20 EStG zu be­ach­ten und es würde nur der Ab­gel­tung­steu­er­satz mit 26,38 % fällig. Ge­rade bei die­ser Abwägung und Begründung kann nur ein Ex­perte hel­fen.

Einen grund­le­gend an­de­ren Weg der Be­steue­rung als Deutsch­land hat Öster­reich mit ei­ner Ge­set­zesände­rung ab dem 01.03.2022 be­schrit­ten. Das als „Öko­so­zia­les Steu­er­re­form­ge­setz 2022“ be­zeich­nete Ge­setz er­fasst die Veräußerungs­er­folge mit Kryp­towährun­gen - un­abhängig von der Hal­te­dauer - stets und un­ter­wirft sie dem in Öster­reich gel­ten­den Ab­gel­tung­steu­er­satz von 27,5 %. Außer­dem, und das ist tatsäch­lich be­mer­kens­wert, ist der Tausch aus ei­ner Kryp­towährung in eine an­dere Kryp­towährung in Öster­reich steu­er­frei. Es kommt erst bei einem Ver­kauf der Kryp­towährung ge­gen ein ge­setz­li­ches Zah­lungs­mit­tel (FIAT) steu­er­recht­lich zu ei­ner Rea­li­sie­rung. Zu­dem können Veräußerungs­ver­luste aus Kryp­towährun­gen mit Veräußerungs­ge­win­nen aus Wert­pa­pie­ren ver­rech­net wer­den.

Die­ser Weg steht letzt­lich auch dem deut­schen Ge­setz­ge­ber of­fen. Ob er die­sen Weg be­schrei­tet, ist eine steu­er­po­li­ti­sche Fra­ge­stel­lung. Wer weiß, was die Le­gis­la­tur­pe­riode un­ter dem seit 2021 von der FDP geführ­ten BMF noch für Über­ra­schun­gen be­reithält.

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