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Jahressteuergesetz 2020: relevante Änderungen im Gesundheitsbereich

Im Rah­men des Jah­res­steu­er­ge­set­zes 2020 (JStG 2020) wur­den ei­nige, auch das Ge­sund­heits­we­sen be­tref­fende Neu­re­ge­lun­gen ein­geführt.

Steuerbefreiung bestimmter Leistungen des öffentlichen Gesundheitswesens

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. f UStG n.F. sind ei­nige Leis­tun­gen des öff­ent­li­chen Ge­sund­heits­we­sens, die nicht be­reits als Heil­be­hand­lungs­leis­tun­gen steu­er­frei sind, von der Um­satz­steuer be­freit. Mit den Ein­rich­tun­gen des öff­ent­li­chen Ge­sund­heits­we­sens wer­den so­ziale Zwecke ver­folgt, weil sie dazu die­nen, bei Be­darf be­trof­fe­nen Per­so­nen in ei­ner me­di­zi­ni­schen Not­lage ab­zu­hel­fen (vgl. BFH-Ur­teil vom 2. Au­gust 2018, V R 37/17). Da­bei muss keine Ver­trags­be­zie­hung zu dem Hilfs­bedürf­ti­gen be­ste­hen. Er­folgt die Leis­tung tatsäch­lich ge­genüber der hilfs­bedürf­ti­gen Per­son, genügt in­so­weit eine schuld­recht­li­che Be­zie­hung zum Bei­spiel mit dem öff­ent­li­chen Träger des Ret­tungs­diens­tes.

Diese Leis­tun­gen zur Förde­rung des öff­ent­li­chen Ge­sund­heits­we­sens sind steu­er­frei, wenn sie von ju­ris­ti­schen Per­so­nen des öff­ent­li­chen Rechts er­bracht wer­den. Dies ist zum Bei­spiel der Fall, wenn der öff­ent­li­che Träger des Ret­tungs­diens­tes laut Ret­tungs­dienst­ge­setz des Lan­des die Auf­ga­ben im Ret­tungs­dienst selbst durchführt.

Von der Neu­re­ge­lung im Be­reich der Sa­nitätsdienste nach § 4 Nr. 14 Buchst. f Dop­pel­buchst. bb UStG sind bei­spiels­weise Sa­nitätsdienst­leis­tun­gen bei Großver­an­stal­tun­gen oder Ver­samm­lun­gen er­fasst, die von Sa­nitäts- und Ret­tungs­diens­ten er­bracht wer­den, die die je­wei­li­gen lan­des­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen erfüllen. Dies be­trifft zum einen Sa­nitätsdienste, so­weit de­ren Leis­tun­gen für die be­tref­fende Ver­an­stal­tung durch die ört­li­che Ord­nungs- bzw. Ver­wal­tungs­behörde (kom­mu­nale Ge­fah­ren­ab­wehr­behörde) an­ge­ord­net sind. Dies gilt un­abhängig da­von, dass der Sa­nitätsdienst durch den Ver­an­stal­ter ver­trag­lich be­auf­tragt ist.

Zum an­de­ren be­trifft dies Leis­tungs­er­brin­ger im Ret­tungs­dienst, so­weit die­sen der öff­ent­li­che Träger des Ret­tungs­diens­tes laut Ret­tungs­dienst­ge­setz des Lan­des seine Auf­ga­ben ganz oder teil­weise über­tra­gen hat. Die Be­frei­ung um­fasst ne­ben dem Vor­hal­ten von Heil­be­hand­lungs­leis­tun­gen in Form ei­ner Ruf­be­reit­schaft auch die ggf. tatsäch­lich er­brachte Erst­ver­sor­gung bei Ver­let­zun­gen und Er­kran­kun­gen (Er­ste-Hilfe-Maßnah­men) ein­schließlich le­bens­ret­ten­der So­fortmaßnah­men, die all­ge­meine Be­treu­ung ver­letz­ter Per­so­nen, die Her­stel­lung der Trans­portfähig­keit so­wie die Trans­port­be­glei­tung.

Eben­falls fal­len un­ter die Steu­er­be­frei­ung im Be­reich der Ret­tungs­dienste z. B. Leis­tun­gen im ärzt­li­chen Not­fall­dienst, wie das Be­reit­stel­len von Not­fall­fahr­zeu­gen samt Fah­rern bzw. Ret­tungs­sa­nitätern oder Ret­tungs­hel­fern, das Be­reit­stel­len und der Be­trieb ei­ner Ret­tungs­leit­stelle bzw. Ret­tungs­wa­che, die An­nahme und die Ver­mitt­lung ein­ge­hen­der Not­fall­rufe so­wie die Not­fall­ret­tung selbst (vgl. BFH-Ur­teil vom 8.8.2013, Az. V R 13/12).

Ge­gen­stand der Neu­re­ge­lung im Be­reich des ärzt­li­chen Not­diens­tes nach § 4 Nr. 14 Buchst. f Dop­pel­buchst. cc UStG sind vor al­lem die Leis­tun­gen der Be­reit­stel­lung und des Be­triebs ei­ner Not­fall­pra­xis im Sinne des § 75 SGB V. Diese Leis­tun­gen um­fas­sen ne­ben der Or­ga­ni­sa­tion des Be­reit­schafts­diens­tes auch die Leis­tun­gen des nichtärzt­li­chen Per­so­nals, das den dienst­ha­ben­den Arzt bei der (Not­fall-)Be­hand­lung un­terstützt. Begüns­tigte Ein­rich­tun­gen im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchst. f Dop­pel­buchst. cc UStG sind sol­che, die auf Grund ei­nes Ver­tra­ges mit der Kas­senärzt­li­chen Ver­ei­ni­gung nach § 75 SGB V die Durchführung des ärzt­li­chen Not­diens­tes si­cher­stel­len, wofür die Kos­ten durch die Kran­ken­kas­sen über­nom­men wer­den.

Umsatzsteuerbefreiung von eng mit Pflege- oder Betreuungsleistungen verbundenen Leistungen

Durch die Ände­rung des Ein­lei­tungs­sat­zes des Sat­zes 1 in § 4 Nr. 16 UStG n.F. wird vor dem Hin­ter­grund des Wort­lauts des Ar­ti­kels 132 Ab­satz 1 Buch­stabe g MwSt­Sys­tRL klar­ge­stellt, dass un­ter den übri­gen Vor­aus­set­zun­gen der Norm auch die Leis­tun­gen sol­cher Ein­rich­tun­gen be­freit sein können, die selbst keine Pflege- oder Be­treu­ungs­leis­tun­gen, son­dern le­dig­lich da­mit eng ver­bun­dene Leis­tun­gen er­brin­gen. Dies kann Ein­rich­tun­gen im Sinne des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. a bis Buchst. n UStG be­tref­fen, die z. B. ne­ben der Pfle­ge­be­ra­tung nach § 7a SGB XI, der Er­stel­lung von Gut­ach­ten zur Fest­stel­lung der Pfle­ge­bedürf­tig­keit nach § 18 SGB XI, Leis­tun­gen beim Haus­not­ruf nach § 40 SGB XI oder der Er­tei­lung von Pfle­ge­kur­sen nach § 45 SGB XI, selbst keine Pflege- oder Be­treu­ungs­leis­tun­gen er­brin­gen.

Pflegeberatungs-Einrichtungen als Einrichtung mit sozialem Charakter

Mit der Ergänzung im neuen § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG wer­den nun­mehr ausdrück­lich sol­che Ein­rich­tun­gen als Ein­rich­tun­gen mit so­zia­lem Cha­rak­ter an­er­kannt, mit de­nen eine Ver­ein­ba­rung zur Pfle­ge­be­ra­tung nach § 7a SGB XI be­steht. Da­mit er­fasst die Steu­er­be­frei­ung ne­ben Pfle­ge­be­ra­tungs­leis­tun­gen im Auf­trag der ge­setz­li­chen Pfle­ge­kas­sen auch sol­che Pfle­ge­be­ra­tungs­leis­tun­gen, die auf Grund von Ver­ein­ba­run­gen mit der pri­va­ten Pflege-Pflicht­ver­si­che­rung nach § 7a Ab­satz 5 SGB XI und an­dere eng da­mit ver­bun­dene Pflege- und Be­treu­ungs­leis­tun­gen er­bracht wer­den.

Die Steu­er­be­frei­ung von Pfle­ge­ein­rich­tun­gen mit so­zia­lem Cha­rak­ter wurde da­hin­ge­hend an­ge­passt, dass es hin­sicht­lich des Vor­lie­gens der 25 %-Grenze der Fälle, die von Trägern der ge­setz­li­chen So­zi­al­ver­si­che­rung über­nom­men wer­den, nicht mehr auf das vor­an­ge­gan­gene Ka­len­der­jahr an­kommt, § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. m UStG n.F. Da­mit wurde das BFH-Ur­teil vom 19.3.2013 (Az. XI R 47/07) vollständig um­ge­setzt, nach­dem die An­er­ken­nung des so­zia­len Cha­rak­ters ei­ner Ein­rich­tung nicht al­lein daran schei­tern soll, dass im Vor­jahr die 25%-Grenze noch nicht er­reicht wurde. 

Bescheinigung der Landesbehörde weiter erforderlich für Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen privater Schulen

Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Dop­pel­buchst. bb UStG sind die un­mit­tel­bar dem Schul- und Bil­dungs­zweck die­nen­den Leis­tun­gen pri­va­ter Schu­len und an­de­rer all­ge­mein­bil­den­der oder be­rufs­bil­den­der Ein­rich­tun­gen um­satz­steu­er­frei, wenn die zuständige Lan­des­behörde be­schei­nigt, dass sie auf einen Be­ruf oder eine vor ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son des öff­ent­li­chen Rechts ab­zu­le­gende Prüfung ord­nungs­gemäß vor­be­rei­ten. Dies kann auch Kran­kenhäuser be­tref­fen, die in Kran­ken­pfle­ge­schu­len Pfle­gekräfte an­de­rer Un­ter­neh­men aus­bil­den oder auch ex­terne prak­ti­sche Aus­bil­dun­gen für an­de­ren Un­ter­neh­men durchführen. Das Land Ba­den-Würt­tem­berg hatte sich zwar im Bun­des­rat für die Ab­schaf­fung der Be­schei­ni­gung ein­ge­setzt und einen ent­spre­chen­den Ände­rungs­vor­schlag in den Bun­des­rat im Rah­men der Ein­brin­gung des JStG 2020 ein­ge­bracht. Die­ser Vor­schlag ist aber nicht um­ge­setzt wor­den, so dass es wei­ter­hin ei­ner Be­schei­ni­gung der zuständi­gen Lan­des­behörden be­darf.

Anhebung von Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale

Die sog. Übungs­lei­ter­pau­schale, die auch für die  ne­ben­be­ruf­li­chen Pflege al­ter, kran­ker Men­schen oder Men­schen mit Be­hin­de­run­gen im Dienst oder Auf­trag ei­ner Körper­schaft des öff­ent­li­chen Rechts oder ei­ner ge­meinnützi­gen Körper­schaft nach § 3 Nr. 26 EStG steu­er­frei gewährt wer­den kann, ist von 2.400 Euro auf 3.000  Euro erhöht wor­den.

Der Eh­ren­amts­frei­be­trag nach § 3 Nr. 26 a EStG wurde von 720 Euro auf 840 Euro an­ge­ho­ben.

Definition der „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Zuwendungen“

Be­stimmte Steu­er­be­frei­un­gen für Lohn­be­stand­teile (bspw. Jo­brad nach § 3 Nr. 37 EStG) oder Pau­scha­lie­run­gen der Lohn­steuer (bspw. für Sach­zu­wen­dun­gen nach § 37b Abs. 1 Nr. 1 EStG hängen da­von ab, dass diese Zu­wen­dun­gen zum oh­ne­hin ge­schul­de­ten Ar­beits­lohn gewährt wer­den. Hin­ter­grund die­ser Ergänzung ist, dass nach der jüngs­ten Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs das Kri­te­rium der Zusätz­lich­keit zum oh­ne­hin ge­schul­de­ten Ar­beits­lohn bei be­stimm­ten Be­frei­ungs- und Pau­scha­lie­rungs­tat­beständen re­la­ti­viert. So ver­neinte der Bun­des­fi­nanz­hof die An­wen­dung des Kri­te­ri­ums un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen für Sach­ver­halte mit Ge­halts­ver­zicht oder -um­wand­lung, ent­ge­gen sei­ner früheren Recht­spre­chung und der Auf­fas­sung der Fi­nanz­ver­wal­tung. Da­nach wer­den zusätz­lich zum oh­ne­hin ge­schul­de­ten Ar­beits­lohn Sach­bezüge oder Zu­schüsse für eine Be­schäfti­gung durch den Ar­beit­ge­ber oder auf Ver­an­las­sung des Ar­beit­ge­bers durch einen Drit­ten nur er­bracht, wenn

  • die Leis­tung nicht auf den An­spruch auf Ar­beits­lohn an­ge­rech­net,
  • der An­spruch auf Ar­beits­lohn nicht zu­guns­ten der Leis­tung her­ab­ge­setzt,
  • die ver­wen­dungs- oder zweck­ge­bun­dene Leis­tung nicht an­stelle ei­ner be­reits ver­ein­bar­ten künf­ti­gen Erhöhung des Ar­beits­lohns gewährt und
  • bei Weg­fall der Leis­tung der Ar­beits­lohn nicht erhöht wird.

Hin­weis: Ins­be­son­dere Ge­halts­um­wand­lun­gen sind dann nicht mehr „zusätz­lich zum oh­ne­hin ge­schul­de­ten Ar­beits­lohn“ gewährt. Wenn bspw. einem Ar­beit­neh­mer ein Jo­brad im Wege der Ge­halts­um­wand­lung gewährt wird, greift die Steu­er­be­frei­ung des § 3 Nr. 37 EStG nicht.

Anhebung der Freigrenze für Sachbezüge

Die mo­nat­li­che Frei­grenze für Sach­bezüge in § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG wird ab 1.1.2022 von 44 Euro auf 50 Euro an­ge­ho­ben.

Erhöhung der Grenze für den vereinfachten Zuwendungsnachweis

Die Grenze, bis zu wel­cher der ver­ein­fachte Zu­wen­dungs­nach­weis für den Spen­den­ab­zug aus­reicht, wurde erhöht. Nach § 50 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStDV genügt der Bar­ein­zah­lungs­be­leg, Über­wei­sungsträger oder die Bu­chungs­bestäti­gung aus dem On­line-Ban­king bei ei­ner Spende bis 300 Euro (bis­lang 200 Euro). Diese Ände­rung gilt be­reits rück­wir­kend für Zu­wen­dun­gen, die der Empfängerkörper­schaft nach dem 31.12.2019 zu­ge­flos­sen sind.

Änderungen der Freigrenze nach § 64 Nr. 3 AO

Die Frei­grenze, bis zu der eine ge­meinnützige Körper­schaft Ein­nah­men (ein­schließlich Um­satz­steuer) im Rah­men ei­nes wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­triebs, der kein Zweck­be­trieb ist, er­zie­len darf, wurde von 35.000 Euro auf 45.000 Euro erhöht. Die als Ver­ein­fa­chungs­re­ge­lung ein­geführte Frei­grenze dient dazu, dass ne­ben ei­ner ide­el­len Tätig­keit ge­ringfügige Umsätze mit wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trie­ben er­zielt wer­den dürfen.

Hin­weis: Bei die­ser Vor­schrift han­delt es sich um eine Frei­grenze und nicht um einen Frei­be­trag. Das be­deu­tet, dass eine Körper­schaft, de­ren Brut­to­ein­nah­men 45.000 Euro über­stei­gen, den ge­sam­ten Ge­winn aus wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trie­ben der Körper­schaft- und Ge­wer­be­steuer zu un­ter­wer­fen hat. Diese Ände­rung gilt be­reits ab dem Tag nach der Verkündung des Ge­set­zes, so­dass die Grenze be­reits für das Ver­an­la­gungs­jahr 2020 an­ge­ho­ben wurde und in der Steu­er­erklärung 2020 An­wen­dung fin­det.

Ergänzung der Katalogzweckbetriebe

Es wur­den zu­dem die Ka­ta­log­zweck­be­triebe um zwei wei­tere Zweck­be­triebe ergänzt, wo­bei als ein Zweck­be­trieb die ent­gelt­li­che Durchführung der Fürsorge für psy­chi­sche und see­li­sche Er­kran­kun­gen bzw. Be­hin­de­run­gen an­zu­se­hen ist, § 68 Nr. 1 AO n.F.

Keine der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung für kleinere Körperschaften

Körper­schaf­ten mit Ein­nah­men von höchs­tens 45.000 Euro pro Jahr sind vom Ge­bot der zeit­na­hen Mit­tel­ver­wen­dung be­freit, § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 AO. Für die Er­mitt­lung der Ein­nah­men sind die Ein­nah­men des ide­el­len Be­reichs, des Zweck­be­triebs, der Vermögens­ver­wal­tung und des steu­er­pflich­ti­gen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­triebs zu ku­mu­lie­ren.

Hin­weis: Für die Pra­xis be­deu­tet das, dass die „klei­nen Körper­schaf­ten“ die Mit­tel­ver­wen­dung ge­genüber der Fi­nanz­ver­wal­tung nicht nach­wei­sen müssen und so­mit keine zweck­ge­bun­de­nen Rück­la­gen zu bil­den wären. Die freie Rück­lage sollte aber trotz­dem, so­fern möglich, in höchstmögli­chem Um­fang ge­bil­det wer­den, da die Mit­tel als nicht ge­bun­de­nes Vermögen fle­xi­bel ein­ge­setzt wer­den können. Hier bleibt ab­zu­war­ten, ob die Fi­nanz­ver­wal­tung im An­wen­dungs­er­lass zur Ab­ga­ben­ord­nung noch Ein­gren­zun­gen vor­sieht. Zu emp­feh­len ist, die neue Vor­schrift nur für Körper­schaf­ten an­zu­wen­den, de­ren Ein­nah­men nicht an der Grenze schwan­ken, son­dern die stets Ein­nah­men un­ter 45.000 Euro er­zie­len und da­mit die Grenze in al­len Jah­ren einhält.

Neuregelung zur Unmittelbarkeit

Bis­lang müssen ge­meinnützige Körper­schaf­ten un­mit­tel­bar selbst ge­meinnützige Zwecke erfüllen. Ins­be­son­dere wa­ren Hol­ding­ge­sell­schaf­ten, die nur Be­tei­li­gun­gen an ge­meinnützi­gen Ge­sell­schaf­ten hiel­ten, aber bspw. nicht selbst auch einen ge­meinnützi­gen Zweck wie den Be­trieb ei­nes Kran­ken­hau­ses nach § 67 AO ver­folg­ten oder eine Förderkörper­schaft nach § 58 Nr. 1 AO wa­ren, nicht ge­meinnützig.

Nun­mehr ist nach § 57 Ab­satz 4 AO n.F. das Hal­ten und Ver­wal­ten von An­tei­len an steu­er­begüns­tig­ten Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten ein Fall der steu­er­begüns­tig­ten un­mit­tel­ba­ren Zweck­ver­wirk­li­chung. Hält eine Körper­schaft aus­schließlich An­teile an steu­er­begüns­tig­ten Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten (z. B. nach Aus­glie­de­rung al­ler ope­ra­ti­ven Tätig­kei­ten auf Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten), war diese Tätig­keit bis­her nicht steu­er­begüns­tigt, wenn die Körper­schaft aus­schließlich ty­pi­sche Auf­ga­ben ei­ner Hol­ding­ge­sell­schaft wahr­nimmt. Die­ses Er­geb­nis berück­sich­tigte nicht, dass sich durch die Auf­tei­lung der Tätig­keit auf meh­rere Ge­sell­schaf­ten nur die Struk­tur, aber nicht das ge­meinnützig­keits­recht­li­che Ge­samt­bild ändert. So­weit die Hol­ding­ge­sell­schaft ent­gelt­li­che Leis­tun­gen ge­genüber den Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten ausführt, an de­nen sie be­tei­ligt ist, be­ur­tei­len sich diese nach den all­ge­mei­nen Re­ge­lun­gen.

Ak­tu­ell ist noch un­klar, ob die Hol­ding ne­ben den Be­tei­li­gun­gen an steu­er­begüns­tig­ten auch Be­tei­li­gun­gen an steu­er­pflich­ti­gen Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten hal­ten darf, ohne die An­wen­dung von § 57 Abs. 4 AO zu gefähr­den. Glei­ches gilt für die Frage, ob die Hol­ding einen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb un­ter­hal­ten kann.

Darüber hin­aus stellt sich die Frage, ob die Be­tei­li­gung selbst dann dem Zweck­be­trieb bzw. dem ide­el­len Be­reich zu­zu­ord­nen ist, so dass bspw. die An­teile aus zeit­nah zu ver­wen­den­den Mit­teln fi­nan­ziert wer­den könn­ten. Ver­luste im Zu­sam­men­hang mit der Be­tei­li­gung oder auch Nach­schuss­pflich­ten wären nicht mehr po­ten­ti­ell pro­ble­ma­ti­sch. Aus­schüttun­gen aus der steu­er­begüns­tig­ten Toch­ter­ge­sell­schaft wären für Zwecke der Bil­dung der freien Rück­lage al­ler­dings in je­dem Fall nur noch in Höhe von 10 % zur berück­sich­ti­gen.

Des Wei­te­ren wurde in § 57 Abs. 3 AO n.F. auch eine Er­leich­te­rung für das Vor­lie­gen der Un­mit­tel­bar­keit für den Fall an­ge­nom­men, dass eine Körper­schaft ihre steu­er­begüns­tig­ten Zwecke durch planmäßiges Zu­sam­men­wir­ken mit min­des­tens ei­ner wei­te­ren Körper­schaft, die im Übri­gen die Vor­aus­set­zun­gen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt, einen steu­er­begüns­tig­ten Zweck ver­wirk­licht. Auch in die­sem Fall soll die Un­mit­tel­bar­keit ge­ge­ben sein. Dies be­trifft bspw. Ser­vice­ge­sell­schaf­ten von Kran­ken­haus­kon­zer­nen, die bis­lang man­gels Un­mit­tel­bar­keit nicht ge­meinnützig wa­ren und nun bei planmäßigem Zu­sam­men­wir­ken mit ei­ner an­de­ren ge­meinnützi­gen Ge­sell­schaft eben­falls ge­meinnützig sein können.

Noch nicht geklärt ist, ob es sich auf Leis­tun­gen be­schränkt, die un­mit­tel­bar den ge­meinnützi­gen Zweck be­tref­fen (die Ge­set­zes­begründung nennt eine Wäsche­rei-GmbH ei­nes Kran­ken­haus­kon­zerns) oder ob bspw. auch Ver­wal­tungs­dienst­leis­tun­gen be­tref­fen kann. Auch muss ab­ge­war­tet wer­den, ob und in­wie­weit eine Tätig­keit für Dritte schädlich ist. 

Neuregelung der Mittelbeschaffung und -weitergabe

Die Wei­ter­gabe von Mit­teln an eine an­dere Körper­schaft oder eine ju­ris­ti­sche Per­son des öff­ent­li­chen Rechts für die Ver­wirk­li­chung steu­er­begüns­tig­ter Zwecke wird nur noch in einem ein­heit­li­chen Tat­be­stand in § 58 Nr. 1 AO n.F. ge­re­gelt. Nun­mehr sind auch für sol­che Körper­schaf­ten, die keine rei­nen Förderkörper­schaf­ten sind, die Mit­tel­wei­ter­gabe an eine an­dere steu­er­begüns­tigte Körper­schaft ohne die Ein­hal­tung der bis­he­ri­gen Grenze des § 58 Nr. 2 AO (nicht „über­wie­gend“, d.h. die Hälfte des Net­to­vermögens) nach § 58 Nr. 1 AO möglich. „Mit­tel“ sind nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 AO n.F. sämt­li­che Vermögens­werte der Ge­sell­schaft und da­nach nicht nur Bar- oder Buch­geld, son­dern auch alle an­de­ren Vermögens­werte wie die un­ent­gelt­li­che oder ver­bil­ligte Nut­zungsüber­las­sung oder die un­ent­gelt­li­che oder ver­bil­ligte Er­brin­gung ei­ner Dienst­leis­tung.

Bei rei­nen Förderkörper­schaf­ten muss aber wie bis­her der Förder­zweck in der Sat­zung ver­an­kert wer­den,§ 58 Nr. 1 S. 4 AO n.F. Die neue Re­ge­lung ver­langt ausdrück­lich nicht, dass die Empfängerkörper­schaft die er­hal­te­nen Mit­tel nur für die Sat­zungs­zwe­cke der Ge­berkörper­schaft ver­wen­den darf. Die bis­lang in § 58 Nr. 1 AO not­wen­dige teil­weise Zweck­iden­tität fällt nun weg. Die zu­wen­dende Körper­schaft hat den­noch dar­auf zu ach­ten, dass die Mit­tel­wei­ter­lei­tung sat­zungs­kon­form ist. An­sons­ten kann eine nicht zweck­ent­spre­chende Ver­wen­dung Rück­for­de­rungs­an­sprüche von Spen­dern oder Mit­glie­dern auslösen.

Vertrauensschutz nach § 58a AO

Nach bis­he­ri­gem Recht war nicht ge­re­gelt, ob und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen eine steu­er­begüns­tigte Körper­schaft, die Mit­tel an eine an­dere steu­er­begüns­tigte Körper­schaft wei­ter­lei­tet, schutzwürdig ist. Steu­er­begüns­tigte Körper­schaf­ten dürfen ihre Mit­tel grundsätz­lich nur dann an­de­ren steu­er­begüns­tig­ten Körper­schaf­ten über­las­sen, wenn der Empfänger der Mit­tel da­mit steu­er­begüns­tigte Zwecke ver­wirk­licht. Entfällt die Steu­er­begüns­ti­gung des Empfängers der Mit­tel oder ver­wen­det die­ser die Mit­tel nicht für steu­er­begüns­tigte Zwecke, verstößt die ge­bende Körper­schaft an sich ge­gen Re­ge­lun­gen des Ge­meinnützig­keits­rechts.

Die zu­wen­dende Körper­schaft kann nun­mehr dar­auf ver­trauen, dass die emp­fan­gende Körper­schaft im Zeit­punkt der Zu­wen­dung steu­er­begüns­tigt ist und die zu­ge­wen­de­ten Mit­tel für steu­er­begüns­tigte Zwecke ver­wen­det, wenn ihr eine Aus­fer­ti­gung des zu die­sem Zeit­punkt gülti­gen Be­scheids über die Ge­meinnützig­keit der Körper­schaft vor­liegt. So­mit müss­ten die Zu­wen­der im Rah­men der Mit­tel­wei­ter­lei­tung einen Frei­stel­lungs­be­scheid oder die An­lage zum Körper­schaft­steu­er­be­scheid – je­weils nicht älter als fünf Jahre – ein­for­dern.

Im Falle der Neugründung von ge­meinnützi­gen Körper­schaf­ten reicht auch die Vor­lage des Fest­stel­lungs­be­scheids nach § 60a AO aus, wenn die Aus­stel­lung nicht länger als drei Jahre zurück­liegt. Durch diese Ergänzung wer­den die Körper­schaf­ten berück­sich­tigt, wel­che im Zeit­punkt der Zu­wen­dung noch nicht das er­ste Mal zur Körper­schaf­steuer ver­an­lagt wur­den. Ver­trau­ens­schutz be­steht nach der neuen Vor­schrift dann nicht, wenn der zu­wen­den­den Körper­schaft die Un­rich­tig­keit ei­nes Ver­wal­tungs­akts be­kannt oder in Folge gro­ber Fahrlässig­keit nicht be­kannt war oder die zu­wen­dende Körper­schaft eine Ver­wen­dung für nicht steu­er­begüns­tigte Zwecke durch die emp­fan­gende Körper­schaft ver­an­lasst hat. Auf Zu­wen­dun­gen an ju­ris­ti­sche Per­so­nen des öff­ent­li­chen Rechts ist die Vor­schrift nicht an­wend­bar. Begründet wird dies da­mit, dass die Ver­wal­tung nach Art. 20 Abs 3 des Grund­ge­set­zes an Ge­setz und Recht ge­bun­den ist und der Zu­wen­der dar­auf ver­trauen darf, dass eine ju­ris­ti­sche Per­son des öff­ent­li­chen Rechts die Mit­tel nicht ent­ge­gen ei­ner Zweck­be­stim­mung für nicht steu­er­begüns­tigte Zwecke ver­wen­det.

Hin­weis: Die bis­lang übli­che Pra­xis, dass die Empfängerkörper­schaft der zu­wen­den­den Körper­schaft eine Zu­wen­dungs­bestäti­gung aus­stellt, führt nicht zum Ver­trau­ens­schutz im Sinne des § 58a AO. Wir emp­feh­len da­her, künf­tig an­statt ei­ner Zu­wen­dungs­bestäti­gung die Vor­lage des ak­tu­ells­ten Frei­stel­lungs­be­scheids oder der An­lage zum Körper­schaft­steu­er­be­scheid zu ver­lan­gen.

Aufhebung von Feststellungsbescheiden nach § 60a AO

Die Fi­nanz­ver­wal­tung behält sich nun vor, bei Verstößen ge­gen die tatsäch­li­che Ge­schäftsführung zwi­schen Er­lass des Fest­stel­lungs­be­scheids und der ers­ten Ver­an­la­gung zur Körper­schaft­steuer den Fest­stel­lungs­be­scheid nach § 60a AO wie­der auf­zu­he­ben. Ziel der neuen Re­ge­lung ist, die rechts­missbräuch­li­che Ver­wen­dung des Fest­stel­lungs­be­scheids nach § 60a AO aus­zu­schließen. Da­mit kann in Miss­brauchsfällen der Rechts­schein der Ge­meinnützig­keit be­sei­tigt bzw. das Ent­ste­hen ei­nes Rechts­scheins ver­hin­dert wer­den. Dies erhöht auch das Ver­trauen des Spen­ders auf die kor­rekte Ver­wen­dung der von ihm zu­ge­wen­de­ten Spende.

Hin­weis: Wir ge­hen da­von aus, dass die Neu­re­ge­lung nur in sel­te­nen Fällen zur An­wen­dung kom­men wird und se­hen hier keine Be­dro­hung für Körper­schaf­ten, de­ren Tätig­kei­ten aus ge­meinnützig­keits­recht­li­cher Sicht nicht zu be­an­stan­den sind.

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