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Steuerberatung

Gewerbesteuerlicher Verlustabzug bei Betriebseinbringung

FG Baden-Württemberg 30.1.2017, 10 K 3703/14

Bei Ein­brin­gung ei­nes Be­trie­bes von ei­ner Ka­pi­tal- in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft ist der bei der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft vor Ein­brin­gung ent­stan­dene Ver­lust­vor­trag auf Ebene der Per­so­nen­ge­sell­schaft wei­ter­hin zu berück­sich­ti­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die W-AG und die W-KG schlos­sen im Streit­jahr 2009 einen Aus­glie­de­rungs- und Über­nah­me­ver­trag ab, mit dem der ge­samte Ge­schäfts­be­trieb der W-AG auf die W-KG über­tra­gen wurde. Die W-AG war ein­zige Kom­man­di­tis­tin der W-KG und al­lei­nige Ge­sell­schaf­te­rin der nicht am Vermögen be­tei­lig­ten Kom­ple­mentär-GmbH. Die W-AG agierte in der Fol­ge­zeit nur noch als Hol­ding­ge­sell­schaft. Sie wurde 2011 form­wech­selnd in eine GmbH, die Kläge­rin, um­ge­wan­delt, die hier­durch als Kom­man­di­tis­tin in die W-KG ein­trat. Die W-KG wurde schließlich im Jahr 2013 auf­gelöst.

Das Fi­nanz­amt lehnte es ab, den ge­wer­be­steu­er­li­chen Ver­lust­vor­trag der W-AG bei der W-KG zu berück­sich­tig­ten. Es ver­trat die Auf­fas­sung, dass im Fall der Ein­brin­gung ei­nes Be­triebs durch eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft der Ge­wer­be­ver­lust nicht auf die Per­so­nen­ge­sell­schaft über­tra­gen wer­den könne, weil die sach­li­che Ge­wer­be­steu­er­pflicht der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft kraft ih­rer Rechts­form be­ste­hen bleibe, auch wenn sich durch den Be­triebsüberg­ang de­ren Tätig­keit nur noch auf das Hal­ten des Mit­un­ter­neh­me­ran­teils be­schränke. Hier­ge­gen wen­det sich die Kläge­rin als Rechts­nach­fol­ge­rin der W-KG und der W-AG mit ih­rer Klage.

Das FG gab der Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts ist beim BFH anhängig und wird dort un­ter dem Az. I R 35/17 geführt.

Die Gründe:
Die Kürzung des Ge­wer­be­er­trags um Ver­luste aus früheren Er­he­bungs­zeiträumen setzt Un­ter­neh­mens- und Un­ter­neh­me­ri­den­tität vor­aus. Die Un­ter­neh­me­ri­den­tität ist ge­wahrt. Bei ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft sind die Ge­sell­schaf­ter, die un­ter­neh­me­ri­sches Ri­siko tra­gen und un­ter­neh­me­ri­sche In­itia­tive ausüben können, (Mit-)Un­ter­neh­mer des Be­triebs. Das Recht zum Ver­lust­ab­zug steht da­her sach­lich nicht der Per­so­nen­ge­sell­schaft, son­dern den an ihr be­tei­lig­ten Mit­un­ter­neh­mern zu.

Für die Ein­brin­gung ei­nes Be­trie­bes in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft be­deu­tet dies, dass der in dem Un­ter­neh­men vor Ein­brin­gung ent­stan­dene Fehl­be­trag auf Ebene der Per­so­nen­ge­sell­schaft auch wei­ter­hin ins­ge­samt, je­doch nur von dem Be­trag ab­ge­zo­gen wer­den kann, der vom ge­sam­ten Ge­wer­be­er­trag ent­spre­chend dem Ge­winn­ver­tei­lungs­schlüssel auf den oder die ein­brin­gen­den Mit­un­ter­neh­mer entfällt. Im Streit­fall stan­den der W-AG als al­lei­ni­ger Mit­un­ter­neh­me­rin auf­grund des all­ge­mei­nen Ge­winn­ver­tei­lungs­schlüssels 100 % des Ge­winns der W-KG zu.

Die er­for­der­li­che Un­ter­neh­mens­iden­tität vor und nach Ein­brin­gung beim Überg­ang des Ge­schäfts­be­trie­bes der W-AG in die W-KG ist vor­lie­gend eben­falls er­hal­ten ge­blie­ben. Der ge­samte ope­ra­tive Ge­schäfts­be­trieb der W-AG ist ein­ge­bracht und von der W-KG un­verändert fort­geführt wor­den. Ent­ge­gen der ein­sei­tig auf die Ebene der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ver­eng­ten Sicht­weise der Fi­nanz­ver­wal­tung bleibt das Merk­mal der Un­ter­neh­mens­iden­tität bei der Ein­brin­gung ei­nes Be­trie­bes in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft auch dann von Be­deu­tung, wenn Ein­brin­gen­der eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ist.

Es ist zwar rich­tig, dass eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft schon we­gen ih­rer Rechts­form im­mer ein Ge­wer­be­steu­er­sub­jekt ist, so dass bei ihr auch nach der Ein­brin­gung ein Ge­wer­be­be­trieb vor­liegt. Dar­aus zu schließen, dass das Merk­mal der Un­ter­neh­mens­iden­tität grundsätz­lich be­deu­tungs­los ist, würde je­doch be­deu­ten, das Pro­blem nur aus der Sicht der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft zu be­trach­ten und die Ebene der auf­neh­men­den Per­so­nen­ge­sell­schaft - bei der sich die Frage der Ver­lustüber­nahme stellt - außer Be­tracht zu las­sen. Für die Per­so­nen­ge­sell­schaft hat es keine Re­le­vanz, dass auf Ebene der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft wei­ter­hin ein Ge­wer­be­be­trieb an­ge­nom­men wird, der von dem ein­ge­brach­ten völlig ver­schie­den ist.

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