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Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren

Be­reits im Eck­punk­te­pa­pier des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Fi­nan­zen und des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Jus­tiz und Ver­brau­cher­schutz aus 2019 (Eck­punkte für die re­gu­la­to­ri­sche Be­hand­lung von elek­tro­ni­schen Wert­pa­pie­ren und Krypto-To­ken vom 7.3.2019) und dar­auf auf­bau­end in der Block­chain­stra­te­gie der Bun­des­re­gie­rung vom 18.9.2019 wur­den die Pläne der Bun­des­re­gie­rung zur Einführung von elek­tro­ni­schen Wert­pa­pie­ren vor­ge­stellt.

Kon­kre­ti­siert hat die Bun­des­re­gie­rung ihre Pläne nun in dem am 16.12.2020 veröff­ent­lich­ten Ge­set­zes­ent­wurf über ein (Ar­ti­kel-)Ge­setz zur Einführung von elek­tro­ni­schen Wert­pa­pie­ren, dem am 11.8.2020 ein gleich­na­mi­ger Re­fe­ren­ten­ent­wurf mit an­schließender Kon­sul­ta­tion ein­schlägi­ger Verbände vor­an­ge­gan­gen war.

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Mit dem Ar­ti­kel­ge­setz trägt die Bun­des­re­gie­rung ei­ner­seits dem Um­stand Rech­nung, dass die Di­gi­ta­li­sie­rung des Fi­nanz­mark­tes be­reits weit fort­ge­schrit­ten ist und durch die Nut­zung von Tech­no­lo­gien wie der Block­chain noch wei­ter be­schleu­nigt wird; an­der­seits liegt die Er­kennt­nis zu­grunde, dass an­dere Staa­ten be­reits die elek­tro­ni­sche Be­ge­bung von Wert­pa­pie­ren ermögli­chen und auch teil­weise Re­ge­lun­gen über Block­chain-Wert­pa­piere vor­se­hen und dass des­halb die Ge­fahr be­steht, dass die At­trak­ti­vität des Fi­nanz­plat­zes Deutsch­land ver­rin­gert wer­den könnte, wenn es in Deutsch­land keine ent­spre­chen­den Re­ge­lun­gen gibt.

Neues Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) - Beschränkung auf elektronische Schuldverschreibungen

Den Ge­set­zes­ma­te­ria­lien zu­folge soll das deut­sch Recht ge­ne­rell für elek­tro­ni­sche Wert­pa­piere, d. h. Wert­pa­piere ohne Ur­kunde, geöff­net wer­den. In einem ers­ten Schritt soll primär die elek­tro­ni­sche Be­ge­bung von Schuld­ver­schrei­bun­gen möglich sein. Dem dient das vor­ge­se­hene neue Ge­setz über elek­tro­ni­sche Wert­pa­piere, ab­gekürzt eWpG. Das eWpG gibt die der­zeit zwin­gende ur­kund­li­che Verkörpe­rung von Wert­pa­pie­ren auf, löst aber nicht die Möglich­keit der Verkörpe­rung von Wert­pa­pie­ren durch Ur­kun­den vollständig ab. Viel­mehr soll zukünf­tig ein Wahl­recht be­ste­hen, ob Wert­pa­piere auf bewährte Weise mit­tels Ur­kunde oder auf elek­tro­ni­schem Wege emit­tiert wer­den. Wählt ein Emit­tent den neuen Weg der elek­tro­ni­schen Aus­gabe, tritt an die Stelle der Ur­kunde und die mit ihr ver­bun­de­nen Funk­tio­nen die Ein­tra­gung in einem elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier­re­gis­ter. Durch die Wahl der ge­nutz­ten neuen Skrip­tur ändert sich zwar das Be­zugs­ob­jekt, die mit einem „Pa­pier-Wert­pa­pier“ ver­bun­dene Rechts­na­tur und Rechts­wir­kung blei­ben aber - wor­auf das eWpG ex­pli­zit hin­weist - beim elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier gleich. 

Elektronische Wertpapiere mit gleicher Rechtsnatur und Rechtsfolge wie verbriefte Wertpapiere

Der elek­tro­ni­schen (In­ha­ber-)Schuld­ver­schrei­bung bzw. dem elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier kommt kon­kret qua Fik­tion ebenso Sach­qua­lität zu wie dem in ei­ner Ur­kunde verkörper­ten (In­ha­ber-)Wert­pa­pier, so dass die Anknüpfung an das Sa­chen­recht für jene ebenso wie für diese ge­ge­ben ist.

  • So wie bei ei­ner In­ha­ber-Schuld­ver­schrei­bung der In­ha­ber der die Schuld­ver­schrei­bung ver­brie­fen­den Ur­kunde vom Aus­stel­ler der Ur­kunde die Erfüllung des darin verkörper­ten Leis­tungs­ver­spre­chens ver­lan­gen kann, kann der im elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier­re­gis­ter ein­ge­tra­gene In­ha­ber - als In­ha­ber der als elek­tro­ni­sches Wert­pa­pier be­ge­be­nen Schuld­ver­schrei­bung - vom Emit­ten­ten die in der Schuld­ver­schrei­bung ver­spro­chene Leis­tung ver­lan­gen (sog. Le­gi­ti­ma­ti­ons­wir­kung).
  • Der Emit­tent ei­ner elek­tro­ni­schen (In­ha­ber-)Schuld­ver­schrei­bung wird durch Leis­tung an die als In­ha­ber der Schuld­ver­schrei­bung im elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier­re­gis­ter ein­ge­tra­gene Per­son ebenso be­freit wie der Aus­stel­ler der Ur­kunde über eine ver­briefte (In­ha­ber-)Schuld­ver­schrei­bung bei Leis­tung an de­ren In­ha­ber (sog. Li­be­ra­ti­ons­wir­kung).
  • Schließlich kommt dem elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier­re­gis­ter in glei­cher Weise die Trans­port­funk­tion zu wie der Ur­kunde als In­ha­ber­pa­pier bei der ver­brief­ten (In­ha­ber-)Schuld­ver­schrei­bung. So wie hier das Recht aus dem Pa­pier dem Recht am Pa­pier folgt, folgt das Recht aus dem elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier der Ein­tra­gung (der Über­tra­gung des Ei­gen­tums) im elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier­re­gis­ter.
  • Die Möglich­keit des Gut­glau­bens­er­werbs, die bei der ver­brief­ten (In­ha­ber-)Schuld­ver­schrei­bung an die In­ha­ber­schaft der Ur­kunde anknüpfen kann, er­gibt sich bei der elek­tro­ni­schen Schuld­ver­schrei­bung zu­guns­ten des In­ha­bers ei­ner elek­tro­ni­schen Schuld­ver­schrei­bung aus des­sen Ein­tra­gung in das elek­tro­ni­sche Wert­pa­pier­re­gis­ter.

Kategorien elektronischer Wertpapiere: Zentralregisterwertpapiere Versus Kryptowertpapiere

Hin­sicht­lich der Aus­ge­stal­tung des elek­tro­ni­schen Wert­pa­pier­re­gis­ters bzw. des elek­tro­ni­schen Wert­pa­piers un­ter­schei­det der Ge­setz­ge­ber zwi­schen der Möglich­keit der Emis­sion von Zen­tral­re­gis­ter­wert­pa­pie­ren ei­ner­seits und der Emis­sion von Kryp­to­wert­pa­pie­ren an­de­rer­seits. Hin­ter­grund die­ser Un­ter­schei­dung ist, dem Um­stand Rech­nung zu tra­gen, dass die Führung elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere nicht nur in Form von Zen­tral­re­gis­ter­wert­pa­pie­ren er­fol­gen kann, die in herkömm­li­cher Weise zen­tral in einem Re­gis­ter geführt wer­den, son­dern dass die Führung auch in einem so­ge­nann­ten Auf­zeich­nungs­sys­tem er­fol­gen kann, das de­fi­ni­ti­ons­gemäß als de­zen­trale Zu­sam­men­schluss zu ver­ste­hen ist, in dem die Kon­troll­rechte zwi­schen den das Sys­tem be­trei­ben­den Ein­hei­ten nach einem im Vor­feld fest­ge­leg­ten Mus­ter ver­teilt sind. Diese zweite Al­ter­na­tive des Kryp­to­wert­pa­pier­re­gis­ters ist tech­ni­kof­fen for­mu­liert.

Hin­weis: Nach der­zei­ti­gem Stand der Tech­nik kom­men laut Ge­set­zes­begründung für Kryp­to­wert­pa­pier­re­gis­ter in ers­ter Li­nie Auf­zeich­nungs­sys­teme auf Ba­sis der Dis­tri­bu­ted Ledger Tech­no­lo­gie in Frage.

Kryptowertpapier-Registerführung als neue Finanzdienstleistung im KWG

Aus Gründen des An­le­ger­schut­zes, der Markt­in­te­grität, der Trans­ak­ti­ons­si­cher­heit und der Funk­ti­onsfähig­keit der Märkte sieht der Ge­set­zes­ent­wurf vor, dass die­je­ni­gen Stel­len, die ein Kryp­to­ver­wahr­re­gis­ter führen, un­ter die Auf­sicht der Ba­Fin ge­stellt wer­den. Hierzu wird in Ergänzung des Kre­dit­we­sen­ge­set­zes die Kryp­to­wert­pa­pier-Re­gis­terführung als (neue) er­laub­nis­pflich­tige Fi­nanz­dienst­leis­tung aus­ge­stal­tet. Nicht zu­letzt, weil auch der Emit­tent re­gis­terführende Stelle sein kann, sol­len aus ähn­li­chen Erwägun­gen, wie sie be­reits für das Kryp­to­ver­wahr­ge­schäft gel­ten, ent­spre­chend weit­rei­chende Aus­nah­men von der An­wend­bar­keit der KWG-Vor­schrif­ten möglich sein. An­wend­bar blei­ben je­doch ins­be­son­dere Vor­schrif­ten zum An­fangs­ka­pi­tal, zu In­ha­bern be­deu­ten­der Be­tei­li­gun­gen, zu Mel­de­pflich­ten, zu or­ga­ni­sa­to­ri­schen Pflich­ten (insb. nach Ma­Risk und BAIT), zu Ge­schäfts­lei­tern und zum Jah­res­ab­schluss so­wie zu Ver­pflich­te­ten nach dem Geldwäsche­ge­setz.

Elektronische Wertpapiere versus Wertpapier-Token

Be­reits seit An­fang des Jah­res 2019 wer­den in Deutsch­land nicht ver­briefte di­gi­tale Wert­pa­piere (so­ge­nannte Wert­pa­pier-To­ken)  in Form von u. a. An­lei­hen, Nach­rang­dar­le­hen und Ge­nuss­rech­ten im Rah­men so­ge­nann­ter STOs (Se­cu­rity To­ken Of­fe­rings) emit­tiert. Bei die­ser Art der Emis­sion han­delt es sich nur im auf­sichts­recht­li­chen Sinne um Wert­pa­piere; man­gels Ver­brie­fung lie­gen je­doch keine Wert­pa­piere im zi­vil­recht­li­chen Sinne vor. Die recht­li­che Möglich­keit der Emis­sion von Wert­pa­pier-To­ken wird durch die Einführung elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere nicht ab­ge­schafft. Viel­mehr be­steht zukünf­tig ne­ben der bis­he­ri­gen Möglich­keit der Emis­sion von Wert­pa­pier-To­ken die neue Möglich­keit der Emis­sion („ech­ter“) elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere.

Hin­weis: Die Möglich­keit des Ne­ben­ein­an­ders der Emis­sion nicht ver­brief­ter di­gi­ta­ler Wert­pa­piere ne­ben der Möglich­keit der Emis­sion elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere hat auch der Ge­setz­ge­ber ge­se­hen. Er ver­langt bei Vor­lie­gen der je­wei­li­gen Vor­aus­set­zun­gen in bei­den Fällen die Be­ach­tung der Vor­schrif­ten über das Wert­pa­pier-In­for­ma­ti­ons­blatt (WIB) nach dem Wert­pa­pier­pro­spekt­ge­setz (WpPG).

Elektronische Fondsanteile

In klei­ne­rem Um­fang soll ne­ben den elek­tro­ni­schen Schuld­ver­schrei­bun­gen auch die Möglich­keit zur elek­tro­ni­schen Be­ge­bung von An­teil­schei­nen an Son­der­vermögen eröff­net wer­den. Dies er­folgt durch In­kor­po­rie­rung neuer Re­ge­lun­gen in das Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­setz­buch (KAGB), und zwar in der Weise, dass die Re­ge­lun­gen des eWpG, so­weit diese sich nicht auf Kryp­to­wert­pa­piere be­zie­hen oder Ei­gen­schaf­ten von Schuld­ver­schrei­bun­gen be­tref­fen, die auf Fonds­an­teile nicht an­wend­bar sind, für ent­spre­chend an­wend­bar erklärt wer­den. Ent­ge­gen der Ankündi­gung im Re­fe­ren­ten­ent­wurf, zum ge­genwärti­gen Zeit­punkt nur elek­tro­ni­sche In­ha­ber­schuld­ver­schrei­bun­gen zu nor­mie­ren, elek­tro­ni­sche Ak­tien und elek­tro­ni­sche In­vest­ment­fonds­an­teile da­ge­gen zu einem späte­ren Zeit­punkt, hat sich der Ge­setz­ge­ber in dem nun vor­lie­gen­den Re­gie­rungs­ent­wurf of­fen­sicht­lich ent­schie­den, doch schon elek­tro­ni­sche Fonds­an­teile zu re­geln. Je­doch schließt der Ge­setz­ge­ber die Möglich­keit von elek­tro­ni­schen Fonds­an­tei­len in Form von Kryp­to­wert­pa­pie­ren zum ge­genwärti­gen Zeit­punkt noch ebenso aus wie die Möglich­keit elek­tro­ni­scher Fonds­an­teile für an­dere In­vest­ment­vermögen als Son­der­vermögen.   

Inkrafttreten, Übergangsvorschrift

Das Ge­setz soll einen Tag nach sei­ner Verkündung im Bun­des­ge­setz­blatt in Kraft tre­ten. Überg­angs­fris­ten sind grundsätz­lich nicht vor­ge­se­hen, da es sich bei der elek­tro­ni­schen Be­ge­bung von Wert­pa­pie­ren und dem An­ge­bot der Kryp­to­wert­pa­pier­re­gis­terführung als neue Fi­nanz­dienst­leis­tung um fa­kul­ta­tive Al­ter­na­ti­ven han­delt, so dass es je­der selbst in der Hand hat, ob und wann er von den neuen Möglich­kei­ten Ge­brauch macht. Je­doch se­hen die Ergänzun­gen zum Kre­dit­we­sen­ge­setz zu­guns­ten sol­cher Un­ter­neh­men, die in­ner­halb der ers­ten sechs Mo­nate ab In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes die Tätig­keit als Kryp­to­wert­pa­pier­re­gis­terführung auf­neh­men, die Fik­tion der vorläufi­gen Er­laub­nis vor, wenn sie in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach Tätig­keits­auf­nahme den Er­laub­nis­an­trag stel­len und der Ba­Fin zwei Mo­nate vor Tätig­keits­auf­nahme die Ab­sicht die­ser Tätig­keits­auf­nahme an­zei­gen. Diese Art der fik­ti­ven vorläufi­gen Er­laub­nis­er­tei­lung ist be­reits von der Einführung der neuen Fi­nanz­dienst­leis­tung des Kryp­to­ver­wahr­ge­schäfts be­kannt, wo sie sich bewährt hat.

Ausblick/Einschätzung

Die längst überfällige Einführung elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere ist grundsätz­lich zu begrüßen, trägt sie doch der fort­schrei­ten­den Di­gi­ta­li­sie­rung in der Fi­nanz­in­dus­trie Rech­nung und macht die Wei­ter­ent­wick­lung von Ge­schäfts­mo­del­len durch An­wen­dung der Dis­tri­bu­ted Ledger Tech­no­lo­gie möglich. Ins­be­son­dere bringt die Einführung elek­tro­ni­scher Wert­pa­piere die not­wen­dige Rechts­si­cher­heit, an der es bei der schon bis­her mögli­chen Emis­sion so­ge­nann­ter Wert­pa­pier-To­ken man­gelt. Auch die Einführung elek­tro­ni­scher Fonds­an­teile an Son­der­vermögen ist ein Schritt in die rich­tige Rich­tung. Hier be­darf es je­doch zeit­nah drin­gend wei­te­rer Schritte, um In­vest­ment­vermögen in größtmögli­cher Weise an den Vor­tei­len der Di­gi­ta­li­sie­rung teil­ha­ben zu las­sen. Nur dann kann sich Deutsch­land die Chance, als at­trak­ti­ver Fonds­stand­ort zu gel­ten, wah­ren, was mit dem eben­falls neu vor­ge­leg­ten Re­fe­ren­ten­ent­wurf ei­nes Fonds­stand­ort­ge­set­zes an­ge­strebt wird.

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