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Wirtschaftsprüfung

Deutscher Corporate Governance Kodex 2022: Anpassung um Nachhaltigkeitsaspekte sowie an FISG und FüPoG II

Mit der Be­kannt­ma­chung im Bun­des­an­zei­ger am 27.06.2022 ist die neue Fas­sung des Deut­schen Cor­po­rate Go­ver­nance Ko­dex („DCGK 2022“) in Kraft ge­tre­ten. Sie er­setzt die bis­he­rige Fas­sung des DCGK vom 16.12.2019 („DCGK 2020“).

Die Neue­run­gen des DCGK 2022 re­flek­tie­ren die ge­stie­gene Be­deu­tung des The­mas der Nach­hal­tig­keit bei der Un­ter­neh­mensführung (ausführ­li­che In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier). Darüber hin­aus enthält er aber auch An­pas­sun­gen, die in­folge des Ge­set­zes zur Stärkung der Fi­nanz­markt­in­te­grität (FISG) und des Zwei­ten Führungs­po­si­tio­nen­ge­set­zes (FüPoG II) er­for­der­lich wa­ren.

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Nachhaltigkeit

So­zial- und Um­welt­fak­to­ren be­ein­flus­sen den Er­folg vie­ler Un­ter­neh­men. Der DCGK 2022 ergänzt in der Präam­bel diese sog. „out­side-in“ Per­spek­tive von Nach­hal­tig­keits­as­pek­ten durch die zu­neh­mend wich­ti­ger ge­wor­dene „in­side-out“ Per­spek­tive, die berück­sich­tigt, dass die Tätig­kei­ten des Un­ter­neh­mens auch Aus­wir­kun­gen auf Men­sch und Um­welt ha­ben. Vor­stand und Auf­sichts­rat sol­len dies bei der Führung und Über­wa­chung „im Rah­men des Un­ter­neh­mens­in­ter­es­ses“ an­ge­mes­sen berück­sich­ti­gen.

Für den Vor­stand be­deu­tet dies zukünf­tig, die Un­ter­neh­mens­pla­nung um nach­hal­tig­keits­be­zo­gene Ziele zu ergänzen und so­wohl die mit den So­zial- und Um­welt­fak­to­ren ver­bun­de­nen Chan­cen und Ri­si­ken für das Un­ter­neh­men als auch die öko­lo­gi­schen und so­zia­len Aus­wir­kun­gen der Un­ter­neh­menstätig­keit sys­te­ma­ti­sch zu iden­ti­fi­zie­ren zu be­wer­ten und zu steu­ern (vgl. Emp­feh­lung A.1 DCGK 2022). Spie­gel­bild­lich soll das Kom­pe­tenz­pro­fil des Auf­sichts­rats für Nach­hal­tig­keits­fra­gen er­wei­tert wer­den (vgl. Emp­feh­lung C.1 DCGK 2022), da­mit er den Vor­stand auch in­so­fern über­wa­chen und be­ra­ten kann (vgl. Grund­satz 6 DCGK 2022).

Internes Kontrollsystem und Risikomanagement

Das FISG sieht ver­pflich­tend die Ein­rich­tung ei­nes in­ter­nen Kon­troll- und Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tems vor. Gemäß DCGK 2022 sol­len im La­ge­be­richt die we­sent­li­chen Merk­male des Kon­troll- und Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tems ein­schließlich des Com­pli­ance Ma­nage­ment Sys­tems be­schrie­ben wer­den. Wei­ter soll der Vor­stand zur An­ge­mes­sen­heit und Wirk­sam­keit die­ser Sys­teme Stel­lung neh­men (vgl. Emp­feh­lung A.5 DCGK 2022).

Diese in­terne Über­wa­chung ist laut Ko­dex­begründung (zu A.5) Auf­gabe der In­ter­nen Re­vi­sion. Es wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass frei­wil­lig durch­geführte ex­terne Prüfun­gen z.B. nach IDW PS 980, 981 und 982 dazu ge­eig­net sind, die Stel­lung­nah­men zur An­ge­mes­sen­heit und Wirk­sam­keit der Sys­teme zu un­ter­mau­ern.

Hin­weis: Gemäß neuer Emp­feh­lung A.3 DCGK 2022 sol­len das in­terne Kon­troll­sys­tem und das Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tem künf­tig auch nach­hal­tig­keits­be­zo­gene Ziele ab­de­cken, wo­bei die Pro­zesse und Sys­teme zur Er­fas­sung und Ver­ar­bei­tung nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­ner Da­ten mit ein­ge­schlos­sen sind. Die vor­ge­nannte Stel­lung­nahme des Vor­stands um­fasst da­mit auch die An­ge­mes­sen­heit und Wirk­sam­keit des nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­nen RMS, CMS und IKS.

Compliance Management Systeme

Die bis­he­rige Emp­feh­lung A. 2 zur Er­rich­tung ei­nes Com­pli­ance Ma­nage­ment Sys­tems wurde ge­stri­chen. Statt­des­sen wurde Grund­satz 5 DCKG 2022 da­hin­ge­hend ergänzt, dass das in­terne Kon­troll­sys­tem und das Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tem auch ein an der Ri­si­ko­lage des Un­ter­neh­mens aus­ge­rich­te­tes Com­pli­ance Ma­nage­ment Sys­tem um­fas­sen müssen.

In der Begründung des DCGK 2022 wird dazu aus­geführt, dass Vorstände börsen­no­tier­ter Ge­sell­schaf­ten nun­mehr gemäß § 91 Abs. 3 AktG ex­pli­zit zur Ein­rich­tung ei­nes an­ge­mes­se­nen und wirk­sa­men in­ter­nen Kon­troll­sys­tems und Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tems ver­pflich­tet sind. Nach der Re­gie­rungs­begründung um­fasst das in­terne Kon­troll­sys­tem auch die zur Si­che­rung der Ein­hal­tung der maßgeb­li­chen recht­li­chen Vor­schrif­ten er­for­der­li­chen Grundsätze, Ver­fah­ren und Maßnah­men. Aus die­sem Grund be­steht auch eine Pflicht zur Ein­rich­tung ei­nes an der Ri­si­ko­lage des Un­ter­neh­mens aus­ge­rich­te­ten Com­pli­ance Ma­nage­ment Sys­tems.

Mindestbeteiligung der Geschlechter

Im Zu­sam­men­hang mit der im zwei­ten Führungs­po­si­tio­nen-Ge­setz (FüPoG II) ver­an­ker­ten Min­dest­be­tei­li­gung der Ge­schlech­ter wurde Grund­satz 9 an­ge­passt. Da­nach gewähr­leis­tet der Auf­sichts­rat die ge­setz­lich ge­re­gelte Min­dest­be­tei­li­gung der Ge­schlech­ter oder legt im Rah­men ge­setz­li­cher Vor­ga­ben Zielgrößen für den An­teil von Frauen im Vor­stand fest.

Zusammensetzung des Aufsichtsrats

Gemäß Grund­satz 11 DCGK 2022 muss bei der Zu­sam­men­set­zung des Auf­sichts­rats gewähr­leis­tet sein, dass die Mit­glie­der ins­ge­samt über die zur or­dent­li­chen Wahr­neh­mung der Auf­ga­ben er­for­der­li­chen Kennt­nisse, Fähig­kei­ten und fach­li­chen Er­fah­run­gen verfügen. Zu­dem wird aber­mals dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die ge­setz­li­che Ge­schlech­ter­quote ein­zu­hal­ten ist.

Emp­feh­lung C.1 DCGK 2022 kon­kre­ti­siert wei­ter, dass der Auf­sichts­rat für seine Zu­sam­men­set­zung kon­krete Ziele be­nen­nen und ein Kom­pe­tenz­pro­fil für das Ge­samt­gre­mium er­ar­bei­ten muss, wo­bei auf Di­ver­sität zu ach­ten ist. Das Kom­pe­tenz­pro­fil des Auf­sichts­rats soll auch Ex­per­tise zu den für das Un­ter­neh­men be­deut­sa­men Nach­hal­tig­keits­fra­gen um­fas­sen. Vor­schläge des Auf­sichts­rats an die Haupt­ver­samm­lung sol­len diese Ziele berück­sich­ti­gen und gleich­zei­tig die Ausfüllung des Kom­pe­tenz­pro­fils für das Ge­samt­gre­mium an­stre­ben. Der Stand der Um­set­zung soll u. a. in Form ei­ner Qua­li­fi­ka­ti­ons­ma­trix in der Erklärung zur Un­ter­neh­mensführung of­fen­ge­legt wer­den.

Prüfungsausschuss und Zusammenarbeit mit dem Abschlussprüfer

In Grund­satz 14 wurde ergänzend auf­ge­nom­men, dass ein Prüfungs­aus­schuss ein­zu­rich­ten ist. Diese An­pas­sung be­ruht auf der durch das FISG in § 107 Abs. 4 Satz 1 AktG neu ein­geführ­ten ent­spre­chen­den ge­setz­li­chen Ver­pflich­tung. Da­durch wurde die bis­he­rige Emp­feh­lung D. 3 DCGK 2020 zur Er­rich­tung ei­nes Prüfungs­aus­schus­ses ent­behr­lich.

Die bis­he­rige Emp­feh­lung D.11 DCGK 2020, wo­nach der Prüfungs­aus­schuss re­gelmäßig die Be­ur­tei­lung der Qua­lität der Ab­schlussprüfung vor­neh­men soll, wurde durch Emp­feh­lung D.10 DCGK 2022 er­setzt. Da­nach soll der Prüfungs­aus­schuss mit dem Ab­schlussprüfer die Ein­schätzung des Prüfungs­ri­si­kos, die Prüfungs­stra­te­gie und Prüfungs­pla­nung so­wie die Prüfungs­er­geb­nisse dis­ku­tie­ren. Der Vor­sit­zende des Prüfungs­aus­schus­ses soll sich re­gelmäßig mit dem Ab­schlussprüfer über den Fort­gang der Prüfung aus­tau­schen und dem Aus­schuss hierüber be­rich­ten. Darüber hin­aus soll der Prüfungs­aus­schuss re­gelmäßig mit dem Ab­schlussprüfer auch ohne Vor­stand be­ra­ten.

Wei­ter ist in der fi­na­len Ko­dex­fas­sung keine Emp­feh­lung mehr ent­hal­ten, dass der Prüfungs­aus­schuss auch ex­terne Prüfun­gen des in­ter­nen Re­vi­si­ons­sys­tems ver­an­las­sen soll. Die Emp­feh­lung der Kon­sul­ta­ti­ons­fas­sung, wo­nach der Prüfungs­aus­schuss mit dem Ab­schlussprüfer auch ohne den Vor­stand ta­gen soll, wurde in Emp­feh­lung D.10 der neuen Fas­sung (le­dig­lich) leicht mo­di­fi­ziert.

Emp­feh­lung D.10 DCGK 2022 ergänzt den durch das FISG neu ein­geführ­ten § 109 Abs. 1 Satz 3 AktG. Da­nach nimmt der Vor­stand an ei­ner Sit­zung des Auf­sichts­rats nicht teil, wenn der Ab­schlussprüfer als Sach­verständi­ger zu­ge­zo­gen wird, es sei denn, der Auf­sichts­rat oder der Aus­schuss er­ach­tet seine Teil­nahme für er­for­der­lich.

Qualifikation der Finanzexperten im Prüfungsausschuss

Nach dem neuen Grund­satz 15 zur Qua­li­fi­ka­tion der Mit­glie­der des Prüfungs­aus­schus­ses muss min­des­tens ein Mit­glied des Prüfungs­aus­schus­ses über Sach­ver­stand auf dem Ge­biet Rech­nungs­le­gung und min­des­tens ein wei­te­res Mit­glied des Prüfungs­aus­schus­ses über Sach­ver­stand auf dem Ge­biet Ab­schlussprüfung verfügen.

Dem ent­spricht die mit dem FISG ein­geführte Vor­gabe zur Mit­glied­schaft von min­des­tens zwei sog. Fi­nanz­ex­per­ten im Auf­sichts­rat bzw. Prüfungs­aus­schuss, § 100 Abs. 5, § 107 Abs. 4 Satz 3 AktG. Die sich an Grund­satz 15 an­schließende, weit­ge­hend eben­falls neue Emp­feh­lung D.3 legt fest, dass zu den Kennt­nis­sen und Er­fah­run­gen in der An­wen­dung von Rech­nungs­le­gungs­grundsätzen und in­ter­ner Kon­troll- und Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­teme so­wie den Kennt­nis­sen und Er­fah­run­gen in der Ab­schlussprüfung auch Kennt­nisse zur Nach­hal­tig­keits­be­richt­er­stat­tung und de­ren Prüfung gehören.

Darüber hin­aus soll der Vor­sit­zende des Prüfungs­aus­schus­ses zu­min­dest auf einem der Ge­biete Rech­nungs­le­gung oder Ab­schlussprüfung sach­verständig sein. Wei­ter soll die Erklärung zur Un­ter­neh­mensführung die be­tref­fen­den Mit­glie­der des Prüfungs­aus­schus­ses nen­nen und nähere An­ga­ben zu ih­rem Sach­ver­stand ent­hal­ten. Fer­ner soll der Auf­sichts­rats­vor­sit­zende nicht den Vor­sitz im Prüfungs­aus­schuss in­ne­ha­ben.

Bericht über Form der Aufsichtsratssitzungen

Gemäß neuer Fas­sung der Emp­feh­lung D.7 DCGK 2022 soll im Be­richt des Auf­sichts­rats künf­tig zusätz­lich an­ge­ge­ben wer­den, wie viele Sit­zun­gen des Auf­sichts­rats und der Aus­schüsse in Präsenz oder als Vi­deo- oder Te­le­fon­kon­fe­ren­zen durch­geführt wur­den.

Was betroffene Unternehmen veranlassen sollten

Wie bei früheren Ko­dex-No­vel­len er­for­dert das In­kraft­tre­ten neuer Emp­feh­lun­gen zwar keine un­terjährige An­pas­sung der be­reits veröff­ent­lich­ten Ent­spre­chens­erklärung; für den Zeit­raum nach dem In­kraft­tre­ten des DCGK 2022 ist die Erklärung je­doch be­reits auf den neuen DCGK 2022 zu be­zie­hen.

Be­trof­fene Un­ter­neh­men soll­ten die An­pas­sun­gen des DCGK 2022 frühzei­tig prüfen, um zu ver­mei­den, dass in der Rück­schau für den ggf. nur kurzen An­wen­dungs­zeit­raum et­waige Ab­wei­chun­gen of­fen­ge­legt wer­den müssen. Auf­grund der neu hin­zu­ge­kom­me­nen Emp­feh­lun­gen könnte auch eine An­pas­sung der in­ter­nen Pro­zesse er­for­der­lich wer­den, die idea­ler­weise bis zur nächs­ten Ent­spre­chens­erklärung um­zu­set­zen wäre.

Das In­terne Kon­troll­sys­tem und Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tem sollte mit Blick auf Emp­feh­lung A.3 DCGK 2022 überprüft und ggf. um ein an­ge­mes­se­nes Com­pli­ance Ma­nage­ment Sys­tem ergänzt wer­den. Alle drei Cor­po­rate Go­ver­nance Sys­teme sind zu­dem um Nach­hal­tig­keits­as­pekte zu er­wei­tern. Der Auf­sichts­rat sollte gemäß Emp­feh­lun­gen C. 1 und D 3 DCGK 2022 er­for­der­li­chen Qua­li­fi­ka­tio­nen sei­ner Mit­glie­der nach­kom­men und die Vor­ga­ben in D. 7 DCGK 2022 zu den Sit­zun­gen des Auf­sichts­rats ent­spre­chend berück­sich­ti­gen. Auch die neu­er­dings in C.1 DCGK emp­foh­lene Qua­li­fi­ka­ti­ons­ma­trix muss für die Erklärung zur Un­ter­neh­mensführung er­ar­bei­tet wer­den, wenn keine Ab­wei­chung erklärt wer­den soll.

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