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Steuerberatung

Buchwertfortführung bei Ausscheiden aus Personengesellschaft gegen Einzelwirtschaftsgüter

BFH 30.3.2017, IV R 11/15 u.a.

Eine Real­tei­lung liegt in Fällen der Sach­wert­ab­fin­dung ei­nes aus­schei­den­den Ge­sell­schaf­ters vor, wenn er die er­hal­te­nen Wirt­schaftsgüter wei­ter als Be­triebs­vermögen ver­wen­det. Buch­wert­fortführung ist auch möglich, wenn der aus­schei­dende Ge­sell­schaf­ter Ein­zel­wirt­schaftsgüter ohne Teil­be­triebs­ei­gen­schaft erhält.

Der Sach­ver­halt:

+++ IV R 11/15 +++
In dem Streit­fall Az.: IV R 11/15 hatte ein Ge­sell­schaf­ter (Bei­ge­la­de­ner) sei­nen An­teil an ei­ner KG zunächst in eine neu gegründete Ein-Mann-GmbH & Co. KG (Kläge­rin) ein­ge­bracht, die dann so­gleich un­ter dem­sel­ben Da­tum aus der KG aus­schied. Zur Ab­fin­dung er­hielt die aus­schei­dende neue Ge­sell­schaft alle Wirt­schaftsgüter ei­nes nicht als Teil­be­trieb or­ga­ni­sier­ten Ge­schäfts­be­reichs der KG, den sie an­schließend fortführte.

Für das Streit­jahr 2003 ging das Fi­nanz­amt nach ei­ner Außenprüfung da­von aus, dass die Um­struk­tu­rie­run­gen wirt­schaft­lich als das Aus­schei­den des Bei­ge­la­de­nen aus der Kläge­rin ge­gen Sach­wert­ab­fin­dung mit Spit­zen­aus­gleich im Wege ei­nes Tauschs zu würdi­gen seien. Im Er­geb­nis habe der Bei­ge­la­dene einen dem Hal­beinkünf­te­ver­fah­ren un­ter­lie­gen­den Veräußerungs­ge­winn gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG er­zielt. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage voll­umfäng­lich statt. Auch die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes vor dem BFH blieb er­folg­los.

+++ IV R 31/14 +++
In dem Streit­fall Az.: IV R 31/14 war eine von Va­ter und Sohn be­trie­bene GmbH & Co. KG auf­gelöst wor­den war. Von den Wirt­schaftsgütern des Ge­sell­schafts­vermögens er­hielt der Va­ter nur einen ge­rin­gen Teil, während der Sohn mit dem we­sent­li­chen Teil des ehe­ma­li­gen Ge­sell­schafts­vermögens wei­ter al­leine be­trieb­lich tätig blieb. Das Fi­nanz­amt lehnte für das Streit­jahr 2005 eine ge­winn­neu­trale Real­tei­lung ab, weil die be­trieb­li­che Tätig­keit fort­ge­setzt wor­den sei. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes war nur teil­weise er­folg­reich.

Die Gründe:

+++ IV R 11/15 +++
Die Über­tra­gung der Kom­man­dit­an­teile des Bei­ge­la­de­nen hatte nicht zu einem Ge­winn aus der Veräußerung des Mit­un­ter­neh­me­ran­teils des Bei­ge­la­de­nen i.S.d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG geführt. Der Vor­gang war eine ge­winn­neu­trale un­echte Real­tei­lung, wes­halb im Er­geb­nis das erst­in­stanz­li­che Ur­teil bestätigt wer­den konnte. Auf das Aus­schei­den ei­nes Mit­un­ter­neh­mers aus der Mit­un­ter­neh­mer­schaft ge­gen Sach­wert­ab­fin­dung aus dem mit­un­ter­neh­me­ri­schen Vermögen fin­den die Grundsätze der Real­tei­lung auch dann An­wen­dung, wenn die Ab­fin­dung nicht in der Über­tra­gung ei­nes Teil­be­triebs oder Mit­un­ter­neh­me­ran­teils, son­dern in der Über­tra­gung ein­zel­ner Wirt­schaftsgüter be­steht.

Die Fi­nanz­ver­wal­tung (BMF-Schrei­ben v. 20.12.2016 (-IV C 6-S 2242/07/10002:004-), die im vor­lie­gen­den Fall un­ter Ein­be­zie­hung ei­ner kurz zu­vor vor­ge­nom­me­nen Über­tra­gung vom Ge­sell­schaf­ter auf die Ge­sell­schaft ein ge­winn­rea­li­sie­ren­des Tausch­ge­schäft an­ge­nom­men hatte, ist bis­lang mit der An­wen­dung von Real­tei­lungs­grundsätzen auf Fälle des Aus­schei­dens ge­gen Ab­fin­dung mit ein­zel­nen Wirt­schaftsgütern nicht ein­ver­stan­den. Ne­ga­tive Aus­wir­kun­gen kann die Hand­ha­bung der Fi­nanz­ver­wal­tung ins­be­son­dere dann ha­ben, wenn der aus­schei­dende Ge­sell­schaf­ter mit den er­hal­te­nen Wirt­schaftsgütern ver­bun­dene Schul­den oder sons­tige Ver­pflich­tun­gen über­nimmt.

+++ IV R 31/14 +++
Die Rechts­wid­rig­keit der an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lung er­gab sich zwar nicht be­reits dar­aus, dass das Fi­nanz­amt in dem geänder­ten Ge­winn­fest­stel­lungs­be­scheid nicht ausdrück­lich einen Veräußerungs­ge­winn fest­ge­stellt hatte. Die Fest­stel­lung ei­nes Veräußerungs­ge­winns war je­doch des­halb rechts­wid­rig, weil hier eine Real­tei­lung i.S.d. § 16 Abs. 3 S. 2 EStG vor­lag und da­bei je­den­falls im Streit­fall al­len­falls ein auf Ebene der Ge­sell­schaft zu er­fas­sen­der und auf die ein­zel­nen Real­tei­ler zu ver­tei­len­der Auf­ga­be­ge­winn ent­stan­den sein konnte und kein Veräußerungs­ge­winn.

Die Grundsätze der Real­tei­lung gel­ten so­wohl für die Auflösung der Mit­un­ter­neh­mer­schaft und Ver­tei­lung des Be­triebs­vermögens ("echte Real­tei­lung") als auch für das Aus­schei­den (min­des­tens) ei­nes Mit­un­ter­neh­mers un­ter Mit­nahme von mit­un­ter­neh­me­ri­schem Vermögen aus ei­ner zwi­schen den übri­gen Mit­un­ter­neh­mern fort­be­ste­hen­den Mit­un­ter­neh­mer­schaft ("un­echte Real­tei­lung"). Ob im Ein­zel­fall eine echte oder eine un­echte Real­tei­lung vor­liegt, rich­tet sich da­nach, ob die Mit­un­ter­neh­mer­schaft auf­gelöst wird oder ob sie fort­be­steht und nur (min­des­tens) ein Mit­un­ter­neh­mer un­ter Mit­nahme von mit­un­ter­neh­me­ri­schem Vermögen aus­schei­det. Die Tätig­keit der Ge­sell­schaft war in­folge ih­rer Auflösung und Voll­be­en­di­gung ein­ge­stellt wor­den.

Zu­sam­men­fas­sung:
Ge­sell­schaf­ter können künf­tig wei­ter­ge­hend als bis­her aus ih­ren Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten ge­winn­neu­tral und da­mit ohne Auf­de­ckung stil­ler Re­ser­ven aus­schei­den. So liegt eine sog. ge­winn­neu­trale Real­tei­lung in al­len Fällen der Sach­wert­ab­fin­dung ei­nes aus­schei­den­den Ge­sell­schaf­ters vor, wenn er die er­hal­te­nen Wirt­schaftsgüter wei­ter als Be­triebs­vermögen ver­wen­det. Es wird eine Buch­wert­fortführung auch dann ermöglicht, wenn der aus­schei­dende Ge­sell­schaf­ter le­dig­lich Ein­zel­wirt­schaftsgüter ohne sog. Teil­be­triebs­ei­gen­schaft erhält.

Da­mit wen­det sich der BFH ausdrück­lich ge­gen die Auf­fas­sung der Fi­nanz­ver­wal­tung (BMF-Schrei­ben s.o.), die eine Ge­winn­neu­tra­lität nur dann gewähren will, wenn der aus­schei­dende Ge­sell­schaf­ter einen Teil­be­trieb oder einen Mit­un­ter­neh­me­ran­teil erhält. Der Auflösung der Ge­sell­schaft mit an­schließender Ver­tei­lung der Wirt­schaftsgüter des Ge­sell­schafts­vermögens un­ter den Ge­sell­schaf­tern wird da­mit das Aus­schei­den ei­nes Ge­sell­schaf­ters aus ei­ner fort­be­ste­hen­den Ge­sell­schaft gleich­ge­stellt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text von IV R 11/15 zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
  • Um di­rekt zum Voll­text von IV R 31/14 zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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