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Steuerberatung

Besteuerungsrecht bei Zahlung einer Einmalzahlung

BFH 11.4.2018, I R 5/16

Deutsch­land steht das Be­steue­rungs­recht hin­sicht­lich der Zah­lung ei­nes sog. si­gning bo­nus - eine bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags fällige Ein­mal­zah­lung, die dem im Aus­land ansässi­gen Ar­beit­neh­mer für eine künf­tig in Deutsch­land auszuübende Tätig­keit vorab gewährt wurde - nach Art. 15 Abs. 1 S. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 zu.

Der Sach­ver­halt:

Die Be­tei­lig­ten strei­ten darüber, ob eine im Zu­sam­men­hang mit der Begründung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses mit einem ausländi­schen Wis­sen­schaft­ler gewährte Ein­mal­zah­lung nach dem DBA-Ab­kom­men zwi­schen Deutsch­land und der Schweiz der inländi­schen Be­steue­rung un­ter­liegt und der Ar­beit­ge­ber in­fol­ge­des­sen kei­nen An­spruch auf Er­tei­lung ei­ner Frei­stel­lungs­be­schei­ni­gung gem. § 39b Abs. 6 EStG a.F. hat.

 

Der Kläger, ein ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein, ist eine ge­meinnützige For­schungs­ein­rich­tung, de­ren Fi­nan­zie­rung ganz über­wie­gend aus Zu­schüssen von Bund und Ländern er­folgt. Er un­terhält For­schungs­in­sti­tute, die von in- und ausländi­schen Wis­sen­schaft­lern ge­lei­tet wer­den. De­ren Be­zah­lung ori­en­tiert sich an der be­am­ten­recht­li­chen Be­sol­dung ei­nes Hoch­schul­leh­rers. Der Kläger schloss am 15.12.2011 mit dem bis Ende Sep­tem­ber 2012 in der Schweiz wohn­haf­ten Wis­sen­schaft­ler X einen Ar­beits­ver­trag, nach dem die­ser ab 1.1.2012 bis 30.9.2012 zunächst ne­ben­amt­lich als wis­sen­schaft­li­ches Mit­glied des Klägers und ab 1.10.2012 haupt­amt­lich als Di­rek­tor am H-In­sti­tut tätig wer­den sollte. In der Zeit der ne­ben­amt­li­chen Be­schäfti­gung sollte X mtl. 1.500 € er­hal­ten. Der Ar­beits­ver­trag wurde in der Fol­ge­zeit voll­zo­gen.

 

Be­reits am 21.11.2011 hatte der Kläger X über das Ver­trags­an­ge­bot mit dem Hin­weis auf eine Ein­mal­zah­lung i.H.v. 200.000 € in­for­miert. Die von ei­ner öff­ent­li­chen ge­meinnützi­gen Stif­tung des bürger­li­chen Rechts zu gewährende Ein­mal­zah­lung sollte dem Wis­sen­schaft­ler die Ent­schei­dung er­leich­tern, das Stel­len­an­ge­bot ei­nes haupt­amt­li­chen Di­rek­tors an­zu­neh­men und seine bis­he­rige Stelle auf­zu­ge­ben. Da­ne­ben sollte es den For­scher für ei­nige Jahre an den Kläger bin­den; der Be­trag war des­halb zurück­zu­zah­len, wenn X vor Ab­lauf von fünf Jah­ren ab vol­ler Auf­nahme sei­ner Tätig­keit am H-In­sti­tut aus dem Dienst aus­schei­det.

 

Im Mai 2012 stellte der Kläger beim Fi­nanz­amt den An­trag, ihm auf­grund des DBA-Schweiz eine Be­schei­ni­gung über die Frei­stel­lung der Ein­mal­zah­lung vom Lohn­steu­er­ab­zug zu er­tei­len. Die­sen An­trag lehnte das Fi­nanz­amt ab. Ein Teil­be­trag von 110.000 € wurde im Juni 2012 vom Kläger an X aus­ge­zahlt. In der Lohn­steu­er­an­mel­dung für die­sen Mo­nat wurde die Zah­lung nicht als lohn­steu­er­pflich­ti­ger Vor­gang er­fasst.

 

Das FG gab der Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

 

Die Gründe:

Die Wei­ge­rung des Fi­nanz­amts, dem Steu­er­pflich­ti­gen eine Frei­stel­lungs­be­schei­ni­gung zu er­tei­len, war rechtmäßig. Die strei­tige Ein­mal­zah­lung gehörte zu den Einkünf­ten des X aus nicht­selbständi­ger Ar­beit i.S.d. § 19 EStG und Deutsch­land hatte gem. Art. 15 Abs. 1 S. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 das Recht, diese Einkünfte zu be­steu­ern.

 

Zum Ar­beits­lohn gehören auch Ein­nah­men im Hin­blick auf ein künf­ti­ges Dienst­verhält­nis, z.B. auch vor Ar­beits­ver­trags­schluss ge­leis­tete Hand­gel­der und An­trittsprämien. Da es genügt, dass sich die Leis­tung des Ar­beit­ge­bers im wei­tes­ten Sinne als Ge­gen­leis­tung für das Zur­verfügung­stel­len der in­di­vi­du­el­len Ar­beits­kraft des Ar­beit­neh­mers dar­stellt, be­steht kein Zwei­fel am Ar­beits­lohn­cha­rak­ter der Ein­mal­zah­lung. Für das Be­steue­rungs­recht Deutsch­lands kommt es nach Art. 15 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2, S. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 dar­auf an, dass die Ar­beit im an­de­ren als dem Ansässig­keits­staat ausgeübt wird. Wird die Ar­beit dort ausgeübt, so können die dafür be­zo­ge­nen Vergütun­gen im an­de­ren Staat be­steu­ert wer­den. Im Streit­fall hat X die Ein­mal­zah­lung für ("dafür") eine in Deutsch­land ausgeübte Tätig­keit be­zo­gen, so­dass Deutsch­land das Be­steue­rungs­recht zu­steht.

 

Das zeit­li­che Aus­ein­an­der­fal­len von Zah­lung und Ausübung der Tätig­keit als Di­rek­tor ei­nes For­schungs­in­sti­tuts des Klägers ist hier­bei un­schädlich. Denn dem Ab­kom­mens­wort­laut ist nicht zu ent­neh­men, dass Vergütun­gen, die im Hin­blick auf ein zukünf­ti­ges Ar­beits­verhält­nis oder eine künf­tige Ar­beits­ausübung ge­zahlt wer­den, vom An­wen­dungs­be­reich des Art. 15 Abs. 1 S. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 im Be­son­de­ren oder von Art. 15 DBA-Schweiz 1971/2010 im All­ge­mei­nen aus­ge­nom­men sein sol­len. Eine vorab gewährte Vergütung kann nicht an­ders be­han­delt wer­den als nachträglich aus­ge­zahl­ter Ar­beits­lohn, der dem Be­steue­rungs­recht des früheren Tätig­keits­staats un­ter­liegt. Die Ver­tei­lung der Be­steue­rungs­rechte ist dem­nach un­abhängig vom Zeit­punkt der Zah­lung der Vergütung vor­zu­neh­men.

 

Die Ein­mal­zah­lung an X gehörte i.S.v. Art. 15 Abs. 1 S. 2 DBA-Schweiz 1971/2010 zu den "dafür" (d.h. "für" die Ar­beit) be­zo­ge­nen Vergütun­gen. Sie wurde nicht le­dig­lich aus An­lass der Begründung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses, son­dern für die kon­krete Tätig­keit von X als Di­rek­tor ei­nes For­schungs­in­sti­tuts gewährt. Ein sol­cher Be­zug zwi­schen der Vergütung und ei­ner kon­kre­ten Tätig­keit setzt kein nach Ar­beits­stun­den oder Ar­beits­mo­na­ten be­mes­se­nes Ge­halt vor­aus. Für eine der­ar­tige Ein­schränkung fin­det sich im Ab­kom­mens­wort­laut kein An­halt.

 

Vor­lie­gend wurde die Ein­mal­zah­lung auch nicht le­dig­lich für das Un­ter­schrei­ben des Ar­beits­ver­trags gewährt, son­dern, für die min­des­tens fünfjährige Auf­recht­er­hal­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Eine min­des­tens fünfjährige Auf­recht­er­hal­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses be­deu­tet nichts an­de­res als ein fünfjähri­ges Tätigs­ein (Ar­beits­ausübung) als Di­rek­tor ei­nes be­stimm­ten For­schungs­in­sti­tuts mit be­stimm­ter Auf­ga­ben­be­schrei­bung. Wenn die Ein­mal­zah­lung aber (auch) dafür gewährt wurde, dann ging es den Be­tei­lig­ten um ein zusätz­li­ches, vor­aus­ge­zahl­tes Ar­beits­ent­gelt für eine kon­krete Ar­beit­neh­mertätig­keit in Deutsch­land und nicht le­dig­lich um eine Mo­ti­va­ti­ons­zah­lung, um X die po­si­tive Ent­schei­dung für die An­nahme des Ar­beits­an­ge­bots zu er­leich­tern.

 

Link­hin­weis:

 

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