Um Missverständnisse über Aufgaben und Inhalt der Abschlussprüfung („sog. expectation gap“) zu vermeiden, die Aussagekraft des Bestätigungsvermerks zu steigern und eine international einheitliche Berichterstattung sicherzustellen, findet in Deutschland zukünftig entsprechend den internationalen Standards des IAASB ein neuer, erweiterter Bestätigungsvermerk Anwendung.
Ein wesentlicher Baustein des neuen Bestätigungsvermerks ist die Darstellung von besonders wichtigen Prüfungssachverhalten (Key Audit Matters), für die ein eigenständiger Abschnitt im Bestätigungsvermerk vorgesehen ist.
Das Konzept der Key Audit Matters ist nach der EU-Verordnung nur für Prüfungen von sog. Public Interest Entities, also kapitalmarktnotierte Unternehmen, bestimmte Banken und Versicherungen vorgeschrieben, nach den ISAs (ISA 701) weitergehend für alle Prüfungen von Abschlüssen börsennotierter Unternehmen. Bei allen anderen Abschlussprüfungen kann die Aufnahme von Key Audit Matters in den Bestätigungsvermerk allerdings ergänzend auf freiwilliger Basis vereinbart werden.
Der Begriff Key Audit Matters (KAM) stammt aus der internationalen Prüfungspraxis und beschreibt die wichtigsten Sachverhalte einer Prüfung, die der Wirtschaftsprüfer auch mit den Aufsichtsorganen des Unternehmens besprochen hat. Gesonderte Einzelurteile und Ergänzungen notwendiger Abschlussangaben sind allerdings nicht als Inhalt von Key Audit Matters anzusehen. Es sind vielmehr spezifische Informationen über die Prüfungsdurchführung bzw. über besondere Prüfungsschwerpunkte darzustellen. Indem Prüfungssachverhalte, -handlungen und -feststellungen kommuniziert werden, wird eine Verringerung der Erwartungslücke („expectation gap“) angestrebt. Letztendlich wird durch die Darstellung der KAM jeder Bestätigungsvermerk individuell auf das Unternehmen zugeschnitten.
Die Auswahl von Key Audit Matters muss man sich wie einen Filter vorstellen, bei dem der Wirtschaftsprüfer sich aus der Menge der Themen, die er mit den zur Überwachung berufenen Unternehmensorganen bespricht, sich in einem schrittweisen Prozess diejenigen Informationen herausfiltert, die für die Prüfung als Sachverhalte mit größter Bedeutung zu klassifizieren sind:
Die Auswahl von Key Audit Matters sollten Finanzvorstand und Aufsichtsrat im Vorfeld mit dem Abschlussprüfer diskutieren, auch wenn die letztendliche Entscheidung von diesem getroffen wird.
Bei den Key Audit Matters handelt es sich meist um Sachverhalte, die einen engen Bezug zur Rechnungslegung des Unternehmens haben, also meist komplexe, neuartige oder mit Ermessensspielräumen versehene Bilanzierungsthemen, wesentliche Unternehmenstransaktionen oder Auswirkungen von Sondersituationen. Ggf. können im Rahmen der Key Audit Matters auch Schwachstellen des internen Kontrollsystems offengelegt werden. Dabei genügt es nicht, die wichtigsten Themen nur zu benennen. Vielmehr muss der Wirtschaftsprüfer im Detail erklären, warum das jeweilige Thema besonders heikel in der Bilanzierung war und wie er prüferisch sichergestellt hat, dass das Unternehmen alles korrekt bilanziert hat. Die Abgrenzung von Key Audit Matters ist nicht unproblematisch, da es keine feste Regel gibt, welche Informationen aufzunehmen sind bzw. auch nicht dargestellt werden sollen. Diese Ermessensspielräume sind ebenfalls in Hinblick auf haftungsrechtliche Folgen von großer Bedeutung.
Mittlerweile liegen erste Erfahrungen zur Berichterstattung über Key Audit Matters vor. Danach wird regelmäßig zu drei bis vier KAM Stellung genommen. Thematisch wurde in den meisten Fällen über den Geschäfts- oder Firmenwert, ggf. auch in Kombination mit sonstigen immateriellen Vermögenswerten oder anderen langfristigen Vermögenswerten, berichtet. An zweiter Stelle folgt eine Berichterstattung über Rückstellungen, wobei es insbesondere um Rückstellungen für Pensionen, Restrukturierungen oder auch Rechtsstreitigkeiten ging. An dritter Position folgen KAM zu Steuersachverhalten; und zwar gleichermaßen zu laufenden und latenten Steuern (vgl. WPK Magazin 2018, S. 35). Meist handelte es sich bei den KAM um komplexe Sachverhalte, die mit erheblichen Ermessensspielräumen bzw. Schätzungsunsicherheiten verbunden waren.
Aber nicht immer geht es bei KAM um solche offensichtlichen Themen. Auch Betrugsfälle, ein unzureichendes Risikomanagement oder Defizite im internen Kontrollsystem können Gegenstand der KAM sein.