Die Ertragslage vieler deutscher Krankenhäuser hat sich in den letzten Jahren negativ entwickelt. Nicht zuletzt auch aufgrund der COVID-19-Pandemie, die zu einer Verschärfung der ohnehin schon angespannten wirtschaftlichen Situation in vielen deutschen Kliniken geführt hat, schreiben Krankenhäuser zunehmend tiefrote Zahlen. Wesentliche Aufwandsfaktoren in der Gewinn- und Verlustrechnung aller Krankenhäuser sind dabei insb. der Personal- und Materialeinsatz. Vor diesem Hintergrund stellt die bedarfsgerechte Erhebung und Aufbereitung von Daten dieser beiden wesentlichen Aufwandspositionen einen zentralen Bestandteil von Informationssystemen eines jeden Krankenhauses dar. Kennzahlen, die aus Branchensicht von herausragendem Interesse sind, stellen u. a. die Personal- und Materialaufwandsquote dar. Sie helfen bei der Beurteilung, ob im Unternehmen im Branchenvergleich ein adäquater Ressourceneinsatz aus personeller und materieller Sicht gegeben ist und können Entscheidungsträgern das Vorliegen von Optimierungspotenzialen in den Bereichen Produktivität und Ressourceneinsatz anzeigen.
Die Material- und Personalaufwandsquote setzt den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Materialaufwand bzw. Personalaufwand ins Verhältnis zur Gesamtleistung. Diese Kennzahlen beantworten damit die Frage, wieviel Cent von einem Euro Gesamtleistung auf die jeweilige Aufwandsposition aufgewendet wurde. Je mehr ein Unternehmen für den Material- und Personaleinsatz im Verhältnis zur Gesamtleistung aufwenden muss, desto weniger Spielraum bleibt zur Deckung der weiteren betrieblichen Kosten sowie gegebenenfalls zur Kompensation von nicht vollständig über Fördermittel finanzierten Investitionen übrig. Insofern beeinflussen die Quoten unmittelbar das Betriebsergebnis und die Rentabilität. Die Material- und Personalaufwandsquote geben damit einen Einblick in die Wirtschaftlichkeit der Geschäftstätigkeit eines Krankenhauses. Um negative Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen, sollten Entscheidungsträger die Entwicklung der Quoten regelmäßig überprüfen und die Ursachen für Abweichungen hinterfragen. Außerdem sollte ein Benchmark-Vergleich durchgeführt werden.
Anhand der jährlich im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschlüsse haben wir basierend auf der Auswertung von rund 300 Krankenhäusern dazu ein Benchmarking durchgeführt. Wir stellen dabei, um den strukturellen Unterschied der einzelnen Häuser zu berücksichtigen, generell auf den Median ab. Ein Großteil der ausgewerteten Krankenhäuser (77 %) hat dabei insgesamt eine Produktivaufwandsquote (Summe aus der Material- und Personalaufwandsquote) von mindestens 80 % (Siehe Abb. 1).
Bei der Auswertung der Daten nach der jeweiligen Trägerschaft der Krankenhäuser ergeben sich folgende Ergebnisse (Siehe Abb. 2): Wie zu erwarten, weisen die Krankenhäuser in privater Trägerschaft mit 55,0 % die geringste Personalaufwandsquote auf. Merklich darüber befinden sich die Personalaufwandsquoten der Krankenhäuser in frei-gemeinnütziger Trägerschaft (59,2 %) und in öffentlicher Trägerschaft (60,0 %). Der Unterschied ist primär darauf zurückzuführen, dass Krankenhäuser der öffentlichen Hand im Gegensatz zu Krankenhäusern in privater Trägerschaft keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen und infolgedessen mit einem geringen Kostensenkungsdruck arbeiten. So ist etwa zu berücksichtigen, dass öffentliche Krankenhäuser mit 4,0 Vollzeitkräften je 1.000 Behandlungsfällen mehr Personal einsetzen als privat und frei-gemeinnützig geführte Krankenhäuser (jeweils 3,8 Vollzeitkräfte). Gleichwohl ist zu bedenken, dass eine niedrigere Personaldecke auch bedeutet, dass es hier leicht zu Engpässen kommen kann und der Druck auf Ärzte und Pflegekräfte steigt, alle Patienten adäquat zu versorgen.
Betrachtet man die Materialaufwandsquoten, so ist zunächst festzustellen, dass die Krankenhäuser unabhängig von ihrer Trägerschaft nur marginal in der Materialaufwandsquote voneinander abweichen (private 26,1 %; frei-gemeinnützige 26,1 %; öffentliche 26,4 %). Der Branchenmedian liegt damit auch insgesamt leicht über 26 %. Dies zeigt, dass Krankenhäuser unterschiedlicher Trägerschaften bezüglich des Kostenmanagements im Materialbereich auf einem vergleichbar hohen Niveau operieren und im Durchschnitt insgesamt weitere Optimierungspotentiale im Materialbereich eher nicht zu erwarten sind. Die branchenweit stabile Materialaufwandsquote ist ebenfalls ein Indiz dafür, dass Preisschwankungen im Rahmen der Materialbeschaffung innerhalb der verschiedenen Trägerschaften keine bedeutende Rolle einnehmen und die Konditionen, zu denen bezogen wird, vergleichbar sind.
Bei der Analyse der Personal- und Materialaufwandsquote ist dabei allerdings der Outsourcinggrad des Krankenhauses zu berücksichtigen. Nicht in den Personalaufwendungen enthalten sind Aufwendungen für Leiharbeitnehmer. Die Auslagerung bisher selbst erledigter Arbeiten schlägt sich in der Position „bezogene Leistungen“ nieder und spiegelt sich in höheren Materialaufwendungen und geringeren Personalaufwendungen wider. Vor diesem Hintergrund ist anzumerken, dass der Outsourcinggrad bei den Häusern in privater Trägerschaft regelmäßig höher ist als bei Häusern in frei-gemeinnütziger und öffentlicher Trägerschaft. Der Umstand, dass Krankenhäuser in privater Trägerschaft trotz des regelmäßig durch höhere Aufwendungen aus „bezogene Leistungen“ belasteten Materialaufwandes, auch bezüglich der Materialaufwandsquote besser abschneiden, weist darauf hin, dass es den Häusern in privater Trägerschaft auch im Materialbereich gelingt, effizienter zu wirtschaften.
Es zeigt sich auch in der Gesamtschau der aufsummierten Personal- und Materialaufwandsquoten eine geringere Aufwandsquote bei Krankenhäusern in privater Trägerschaft im Vergleich zu Krankenhäusern in frei-gemeinnütziger und öffentlicher Trägerschaft (Siehe Abb. 2).
Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass Produktivaufwandsquoten von Krankenhäusern sich insb. in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Trägerschaft unterscheiden. Während private Kliniken durch ihre Gewinnmaximierungsabsicht Prozesse und Kostenmanagement optimieren, deutet sich an, dass öffentliche und freigemeinnützige Krankenhäuser regelmäßig hohe Verbesserungspotenziale liegen lassen, die sich insb. im Personaleinsatz verbergen. Gerne geben wir Ihnen im Rahmen eines Branchenvergleichs mithilfe unserer umfassenden Ebner Stolz-Benchmarkdatenbank wichtige Impulse bezüglich Ihrer Produktivquote. Darüber hinaus unterstützen wir Sie gerne bei Bedarf bei der konkreten Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen mit unserer fachlichen und branchenspezifischen Expertise im Bereich der Prozessausgestaltung sowie des Kostenmanagements.