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Rechtsberatung

Mindestanforderungen an die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen in KG-Gesellschaftsverträgen

BGH 6.4.2017, I ZB 23/16

Die Min­dest­an­for­de­run­gen an die Wirk­sam­keit von Schieds­ver­ein­ba­run­gen in Ge­sell­schafts­verträgen, die auch Be­schlussmängel­strei­tig­kei­ten er­fas­sen sol­len, wur­den aus den grund­le­gen­den Maßstäben des § 138 BGB und des Rechts­staats­prin­zips ent­wi­ckelt. Sie gel­ten da­her je­den­falls im Grund­satz auch für Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten wie Kom­man­dit­ge­sell­schaf­ten, so­fern bei die­sen ge­genüber Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten keine Ab­wei­chun­gen ge­bo­ten sind.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trags­geg­ne­rin­nen wa­ren Kom­man­di­tis­tin­nen der Ree­de­rei B-GmbH & Co. KG (im Fol­gen­den: Ge­sell­schaft). Sie wur­den durch Be­schluss der Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung vom 15.7.2015 mit den Stim­men der An­trag­stel­le­rin­nen durch Ein­zie­hung der Ge­schäfts­an­teile aus der Ge­sell­schaft aus­ge­schlos­sen. Ge­gen die­sen Be­schluss lei­te­ten die An­trags­geg­ne­rin­nen un­ter Be­ru­fung auf die in § 30 Abs. 2 des Ge­sell­schafts­ver­trags vom 30.12.1968 ent­hal­tene Schieds­ver­ein­ba­rung und den Schieds­ge­richts­ver­trag glei­chen Da­tums ein Schieds­ver­fah­ren ein.

Nach Bil­dung des Schieds­ge­richts rügten die An­trag­stel­le­rin­nen des­sen Zuständig­keit. Mit Zwi­schen­ent­scheid vom 23.12.2015 erklärte sich das Schieds­ge­richt für zuständig. Die An­trag­stel­le­rin­nen be­an­trag­ten, das Schieds­ge­richt für un­zuständig zu erklären, hilfs­weise, die Un­wirk­sam­keit des Zwi­schen­ent­scheids fest­zu­stel­len.

Das OLG wies den An­trag zurück. Auf die Rechts­be­schwerde der An­trag­stel­le­rin­nen hob der BGH den Be­schluss des OLG auf und erklärte das Schieds­ge­richt für un­zuständig.

Die Gründe:
Der Be­schluss des OLG stellt sich nicht des­halb als im Er­geb­nis rich­tig dar, weil es an einem wirk­sa­men Be­schluss über die Neu­fas­sung des Ge­sell­schafts­ver­trags ohne Schieds­klau­sel fehlt (§ 577 Abs. 3 ZPO). Die An­sicht des OLG, die hier in Rede ste­hende Be­schlussmängel­strei­tig­keit sei bei ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft ohne wei­te­res schiedsfähig, hält der recht­li­chen Nachprüfung nicht stand.

Nach der zu ei­ner GmbH er­gan­ge­nen BGH-Recht­spre­chung be­ste­hen für die Wirk­sam­keit von Schieds­ver­ein­ba­run­gen in Ge­sell­schafts­verträgen ge­wisse in­halt­li­che Min­dest­an­for­de­run­gen, wenn sie auch Be­schlussmängel­strei­tig­kei­ten er­fas­sen sol­len. Zu die­sen Min­dest­an­for­de­run­gen gehört ins­be­son­dere, dass ne­ben den Ge­sell­schafts­or­ga­nen je­der Ge­sell­schaf­ter über die Ein­lei­tung und den Ver­lauf des Schieds­ver­fah­rens in­for­miert und da­durch in die Lage ver­setzt wer­den muss, dem Ver­fah­ren zu­min­dest als Ne­be­nin­ter­ve­ni­ent bei­zu­tre­ten.

Sämt­li­che Ge­sell­schaf­ter müssen an der Aus­wahl und Be­stel­lung der Schieds­rich­ter mit­wir­ken können, so­fern nicht die Aus­wahl durch eine neu­trale Stelle er­folgt; da­bei kann bei Be­tei­li­gung meh­re­rer Ge­sell­schaf­ter auf ei­ner Seite des Streit­verhält­nis­ses das Mehr­heits­prin­zip An­wen­dung fin­den. Wei­ter muss gewähr­leis­tet sein, dass alle den­sel­ben Streit­ge­gen­stand be­tref­fen­den Be­schlussmängel­strei­tig­kei­ten bei einem Schieds­ge­richt kon­zen­triert wer­den. Der BGH hat diese An­for­de­run­gen zwar im Zu­sam­men­hang mit der Sat­zung ei­ner GmbH for­mu­liert. Sie wur­den je­doch aus den grund­le­gen­den Maßstäben des § 138 BGB und des Rechts­staats­prin­zips ent­wi­ckelt. Sie gel­ten des­halb je­den­falls im Grund­satz auch für Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten wie KGs, so­fern bei die­sen ge­genüber Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten keine Ab­wei­chun­gen ge­bo­ten sind.

In je­dem Fall müssen die Kom­man­di­tis­ten ei­ner KG ebenso wie die Ge­sell­schaf­ter ei­ner GmbH vor Be­nach­tei­li­gung und Ent­zie­hung des not­wen­di­gen Rechts­schut­zes be­wahrt wer­den, so dass auf ent­spre­chende Re­ge­lun­gen in Schieds­ab­re­den für eine KG grundsätz­lich nicht ver­zich­tet wer­den kann. Da der Schieds­ge­richts­ver­trag von 1968 keine Re­ge­lun­gen zum Schutz der Kom­man­di­tis­ten bei Be­schlussmängel­strei­tig­kei­ten enthält, wird der Streit­fall von der Schieds­klau­sel nicht er­fasst. Das Schieds­ge­richt ist un­zuständig.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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