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Zur doppelten Festsetzung und Auszahlung von Kindergeld

BFH 11.12.2013, XI R 42/11

Wech­selt ein Kin­der­geld­be­rech­tig­ter sei­nen Ar­beit­ge­ber, geht die sach­li­che Zuständig­keit für die Fest­set­zung und Aus­zah­lung des Kin­der­gel­des von der Fa­mi­li­en­kasse auf einen öff­ent­lich-recht­li­chen Ar­beit­ge­ber über. Zahlt ne­ben die­sem auch die Fa­mi­li­en­kasse das von ihr fest­ge­setzte Kin­der­geld wei­ter aus, ist die Fa­mi­li­en­kasse zur Auf­he­bung der Kin­der­geld­fest­set­zung und Rück­for­de­rung des von ihr ge­zahl­ten Kin­der­gel­des be­fugt.

Der Sach­ver­halt:
Der sei­ner­zeit bei einem pri­va­ten Ar­beit­ge­ber be­schäftigte Kläger be­zog für seine Kin­der lau­fend Kin­der­geld, das zunächst von der Fa­mi­li­en­kasse aus­ge­zahlt wurde. Auf­grund ei­ner zum 1.1.1996 ein­geführ­ten Ver­pflich­tung (§ 73 EStG a.F.) zahlte der pri­vate Ar­beit­ge­ber ab die­sem Zeit­punkt dem Kläger das Kin­der­geld in von der Fa­mi­li­en­kasse be­schei­nig­ter Höhe aus.

Im Ok­to­ber 1996 wech­selte der Kläger in den öff­ent­li­chen Dienst. Da­durch ging die Zuständig­keit zur Fest­set­zung und Aus­zah­lung des Kin­der­gel­des auf die Stadt über (§ 72 EStG a.F.). In dem bei der Stadt ein­ge­reich­ten An­trag auf Gewährung von Kin­der­geld ver­neinte der Kläger die Frage, ob er, seine Ehe­frau oder ein Drit­ter für die bei­den Kin­der an­der­wei­tig Kin­der­geld be­an­tragt oder er­hal­ten habe. Über­dies ver­neinte er die Frage, ob er, seine Ehe­frau oder eine an­dere Per­son im öff­ent­li­chen Dienst be­schäftigt sei. Dar­auf­hin er­hielt der Kläger das Kin­der­geld von der Stadt.

Im No­vem­ber 1998 teilte die Fa­mi­li­en­kasse dem Kläger mit, dass sie ab Ja­nuar 1999 auf­grund ei­ner er­neu­ten Ge­set­zesände­rung für die Aus­zah­lung des Kin­der­gel­des zuständig sei, und bat um Überprüfung der Bank­ver­bin­dung. Nach­dem der Kläger hier­auf nicht rea­giert hatte, zahlte die Fa­mi­li­en­kasse ab Ja­nuar 1999 Kin­der­geld an den Kläger aus, der auch wei­ter­hin von der Stadt Kin­der­geld er­hielt. Erst im April 2009 teilte er Fa­mi­li­en­kasse den dop­pel­ten Be­zug des Kin­der­gel­des mit. Dar­auf­hin hob diese im Juli 2009 die Kin­der­geld­fest­set­zung für den Zeit­raum Ja­nuar 1999 bis April 2009 auf. Gleich­zei­tig for­derte sie das von ihr für die­sen Zeit­raum ge­zahlte Kin­der­geld zurück.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage im We­sent­li­chen statt. Auf die Re­vi­sion der Fa­mi­li­en­kasse hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG war die Fa­mi­li­en­kasse be­fugt, die zu­guns­ten des Klägers er­gan­gene Kin­der­geld­fest­set­zung auf­zu­he­ben.

Die Vor­aus­set­zun­gen des § 174 Abs. 2 AO für eine Auf­he­bung der Kin­der­geld­fest­set­zung la­gen vor. Wech­selt ein Kin­der­geld­be­rech­tig­ter sei­nen Ar­beit­ge­ber, geht die sach­li­che Zuständig­keit für die Fest­set­zung und Aus­zah­lung des Kin­der­gel­des von der Fa­mi­li­en­kasse auf einen öff­ent­lich-recht­li­chen Ar­beit­ge­ber über und zahlt ne­ben die­sem auch die Fa­mi­li­en­kasse das von ihr fest­ge­setzte Kin­der­geld aus, ist die Fa­mi­li­en­kasse zur Auf­he­bung der Kin­der­geld­fest­set­zung und Rück­for­de­rung des von ihr ge­zahl­ten Kin­der­gel­des be­fugt.

Der Kläger hatte die dop­pelte Fest­set­zung des Kin­der­gel­des auch zu­min­dest über­wie­gend ver­ur­sacht. Sie war dar­auf zurück­zuführen, dass er sei­ner be­son­de­ren Mit­wir­kungs­pflicht nach § 68 Abs. 1 S. 1 EStG nicht nach­ge­kom­men war, in­dem er den Ar­beit­ge­ber­wech­sel ge­genüber der Fa­mi­li­en­kasse nicht an­ge­zeigt hatte. Auf­grund die­ser ver­ur­sach­ten un­ver­ein­ba­ren Mehr­fach­berück­sich­ti­gung konnte er nicht auf die Be­stands­kraft der Kin­der­geld­fest­set­zung ver­trauen. An­ders als es das FG meinte, war die Fa­mi­li­en­kasse auch nach dem Wech­sel des Klägers in den öff­ent­li­chen Dienst im Ok­to­ber 1996 zu ei­ner Auf­he­bung der Kin­der­geld­fest­set­zung be­fugt. Denn die Be­fug­nis nach § 174 Abs. 2 AO steht der Behörde zu, die den feh­ler­haf­ten Be­scheid er­las­sen hat.

So­weit das FG meinte, für die Zeiträume vor Ja­nuar 2004 sei eine den Rück­for­de­rungs­an­spruch aus­schließende Zah­lungs­verjährung ein­ge­tre­ten, ging dies fehl. Denn die gem. § 228 S. 2 AO fünf Jahre be­tra­gende Verjährungs­frist be­ginnt gem. § 229 Abs. 1 S. 2 AO bei ei­ner den Zah­lungs­an­spruch begründen­den Auf­he­bung der Fest­set­zung nicht vor dem Ab­lauf des Ka­len­der­jah­res, in dem die Auf­he­bung wirk­sam wurde. Da der mit dem Auf­he­bungs­be­scheid aus Juli 2009 ver­bun­dene Rück­for­de­rungs­be­scheid durch seine Be­kannt­gabe im Jahr 2009 wirk­sam ge­wor­den war, be­gann die Zah­lungs­verjährung erst mit dem Ab­lauf des Jah­res 2009.

Link­hin­weis:

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