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Die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes ist nicht verfassungswidrig

BFH 1.7.2014, IX R 31/13

Der ge­setz­li­che Zins­satz von 0,5 % pro Mo­nat (6 % pro Jahr) ist für Zeiträume bis März 2011 nicht als ver­fas­sungs­wid­rig an­zu­se­hen. In­fol­ge­des­sen muss die Re­ge­lung auch nicht gem. Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG zur kon­kre­ten Nor­men­kon­trolle vor­ge­legt wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger veräußer­ten im April 2002 eine Ei­gen­tums­woh­nung. Sie selbst hat­ten sie im No­vem­ber 1996 er­wor­ben. Im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2002 setzte das Fi­nanz­amt die Ein­kom­men­steuer un­ter Berück­sich­ti­gung ei­nes Veräußerungs­ge­winns von 61.539 € als Einkünfte aus einem pri­va­ten Veräußerungs­ge­schäft i.S.v. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG fest.

Die Kläger er­wirk­ten dar­auf­hin im Jahr 2004, dass der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid teil­weise von der Voll­zie­hung aus­ge­setzt wurde. Strei­tig war, ob der Ge­winn aus der Veräußerung der Ei­gen­tums­woh­nung teil­weise steu­er­frei war. Nach­dem das BVerfG am 7.7.2010 (Az.: 2 BvL 14/02 u.a.) ent­schie­den hatte, die Verlänge­rung der sog. Spe­ku­la­ti­ons­frist von zwei auf zehn Jahre sei teil­weise ver­fas­sungs­wid­rig und nich­tig, be­han­delte das Fi­nanz­amt nur noch einen Teil des Veräußerungs­ge­winns als steu­er­pflich­tig und setzte die Ein­kom­men­steuer ent­spre­chend nied­ri­ger fest.

Die Aus­set­zung der Voll­zie­hung (AdV) wurde auf­ge­ho­ben. Für den Zeit­raum der AdV vom 11.11.2004 bis zum 21.3.2011 (76 Mo­nate) setzte die Steu­er­behörde ent­spre­chend der ge­setz­li­chen Re­ge­lung (Zins­satz von 0,5 % pro Mo­nat - 6 % pro Jahr) Zin­sen i.H.v. 6.023 € fest. Die Kläger hiel­ten dies für ver­fas­sungs­wid­rig. Das FG wies die Klage je­doch ab. Und auch die Re­vi­sion der Kläger vor dem BFH blieb er­folg­los.

Die Gründe:
Das FG hatte auf der Rechts­grund­lage der §§ 237 Abs. 1 u. 2, 238 AO die Fest­set­zung der Aus­set­zungs­zin­sen i.H.v. 6.023 € zu­tref­fend als der gel­ten­den Rechts­lage ent­spre­chend an­ge­se­hen.

Sinn und Zweck der in § 237 AO ent­hal­te­nen ge­setz­li­chen Re­ge­lung der Ver­zin­sungs­pflicht ist es, den Nut­zungs­vor­teil we­nigs­tens zum Teil ab­zu­schöpfen, den der Steu­er­pflich­tige da­durch erhält, dass er während der Dauer der Aus­set­zung über eine Geld­summe verfügen kann, die nach dem im an­ge­foch­te­nen Steu­er­be­scheid kon­kre­ti­sier­ten ma­te­ri­el­len Recht "an sich" dem Steu­ergläubi­ger zu­steht. Zu § 251a RAO, auf den § 237 AO zurück­geht, ist im Ent­wurf des Steuerände­rungs­ge­set­zes 1961 aus­geführt, die Norm sei das Ge­genstück zu § 155 RAO. Wenn da­nach von Be­ginn der Rechtshängig­keit Über­zah­lun­gen ver­zinst würden, müsse das Glei­che auch für Nach­zah­lun­gen gel­ten, zu­mal durch die Einführung von Zin­sen für die AdV er­reicht werde, dass unnötige Steu­er­pro­zesse ver­mie­den würden.

Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Vor­lage an das BVerfG gem. Art. 100 Abs. 1 GG hin­sicht­lich der ge­setz­lich fest­ge­leg­ten Zinshöhe (0,5 % pro Mo­nat) la­gen nicht vor. Der Ge­setz­ge­ber war im Zeit­raum bis zum März 2011 von Ver­fas­sungs we­gen nicht dazu ver­pflich­tet, die Höhe des ge­setz­li­chen Zin­ses an das nied­rige Markt­zins­ni­veau für Geld­an­la­gen an­zu­pas­sen. Zum einen ist der ge­setz­li­che Zins­satz nicht nur mit den am Markt er­ziel­ba­ren An­la­ge­zinsen zu ver­glei­chen (Ver­wen­dung von Ka­pi­tal), son­dern auch mit den für die In­an­spruch­nahme von Dar­le­hen zu zah­len­den Zin­sen (Fi­nan­zie­rung von Steu­er­nach­zah­lun­gen). Zum an­dern hat­ten sich erst nach dem Zeit­raum, der im vor­lie­gen­den Fall zur Be­ur­tei­lung stand, die Zin­sen dau­er­haft auf nied­ri­gem Ni­veau sta­bi­li­siert. In­fol­ge­des­sen be­durfte es noch kei­ner Ent­schei­dung des BFH, ob sich die wirt­schaft­li­chen Verhält­nisse in der Fol­ge­zeit so ein­schnei­dend geändert ha­ben, dass die Grund­lage der ge­setz­ge­be­ri­schen Ent­schei­dung durch neue, im Zeit­punkt des Ge­set­zeser­las­ses noch nicht ab­zu­se­hende Ent­wick­lun­gen ent­schei­dend in Frage ge­stellt wur­den.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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