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Kein steuerbefreiter Zweckbetrieb bei mehrjährigen Überschüssen

Das FG Düssel­dorf hatte darüber zu ent­schei­den, ob eine ge­meinnützige Körper­schaft als steu­er­be­frei­ter Zweck­be­trieb an­zu­er­ken­nen ist, wenn sie über meh­rere Jahre hin­weg er­heb­li­che Über­schüsse er­zielt.

Eine ge­meinnützige Körper­schaft er­wirt­schaf­tete über meh­rere Jahre er­heb­li­che Über­schüsse mit einem Be­trieb der Wohl­fahrts­pflege. Dies ge­schah auch durch das An­ge­bot von Pa­ket­leis­tun­gen zu­sam­men mit ei­ner nicht ge­meinnützi­gen Toch­ter­ge­sell­schaft. Das Fi­nanz­amt be­han­delte den Be­trieb der Wohl­fahrts­pflege als steu­er­be­frei­ten Zweck­be­trieb. Da­ge­gen wandte sich ein Kon­kur­rent.

Das FG Düssel­dorf gab in der Ent­schei­dung vom 3.9.2019 (Az. 6 K 3315/17 K G) dem Kon­kur­ren­ten Recht, da er­heb­li­che Zwei­fel daran bestünden, dass die Körper­schaft das Ge­werbe nicht der Ge­winne we­gen ausübt.

Ein sog. Ka­ta­log­zweck­be­trieb lag im ent­schie­de­nen Fall nicht vor, so dass ein Zweck­be­trieb nach § 65 AO zu prüfen war. Die­ser setzt vor­aus, dass ein wirt­schaft­li­cher Ge­schäfts­be­trieb in sei­ner Ge­samt­rich­tung dazu dient, die steu­er­begüns­tig­ten sat­zungs­gemäßen Zwecke der Körper­schaft zu ver­wirk­li­chen, die Zwecke nur durch einen sol­chen Ge­schäfts­be­trieb er­reicht wer­den können und der wirt­schaft­li­che Ge­schäfts­be­trieb zu steu­er­pflich­ti­gen Be­trie­ben der­sel­ben oder ähn­li­cher Art nicht in größerem Um­fang in Wett­be­werb tritt als es bei Erfüllung der steu­er­begüns­tig­ten Zwecke un­ver­meid­bar ist. Diese Vor­aus­set­zun­gen müssen ku­mu­la­tiv erfüllt wer­den.

Eine Tätig­keit dient nach der Recht­spre­chung des BFH in ih­rer Ge­samt­rich­tung nur dann den steu­er­begüns­tig­ten sat­zungsmäßigen Zwecken, wenn durch die Förde­rung der in der Sat­zung der Körper­schaft die­nen­den Zwecke zwar Ein­nah­men er­zielt wer­den, sich das er­ho­bene Ent­gelt aber an dem Prin­zip der Kos­ten­de­ckung ori­en­tiert. Diese Vor­aus­set­zung ist nach der Recht­spre­chung des BFH nicht erfüllt, wenn ein Zweck­be­trieb der Wohl­fahrts­pflege im We­sent­li­chen um des Er­werbs Wil­len an­statt zum Wohle der All­ge­mein­heit tätig wird (BFH-Ur­teil vom 21.9.2016, Az. V R 50/15, BStBl. II 2017, S. 1173).

Die Fi­nanz­ver­wal­tung ist nach An­sicht des Ge­richts zu Recht der Auf­fas­sung, dass wi­der­leg­bar von der Ausübung des Zweck­be­trieb des Er­werbs we­gen aus­zu­ge­hen sei, wenn in drei auf­ein­an­der­fol­gen­den Ver­an­la­gungs­zeiträumen je­weils Ge­winne er­wirt­schaf­tet wer­den, die den kon­kre­ten Fi­nan­zie­rungs­be­darf der Körper­schaft über­stei­gen. Der maßgeb­li­che kon­krete Fi­nan­zie­rungs­be­darf um­fasst die Erträge, die für den Be­trieb und die Fortführung der Ein­rich­tun­gen der Wohl­fahrts­pflege not­wen­dig sind und be­inhal­tet auch die zulässige Rück­la­gen­bil­dung (BMF-Schrei­ben vom 6.12.2017, Az. IV C 4 - S-0185 / 14 / 10002:001, BStBl. I 2017, S. 1603).

Wer­den also in drei auf­ein­an­der­fol­gen­den Ver­an­la­gungs­zeiträumen je­weils Ge­winne er­wirt­schaf­tet, die den kon­kre­ten Fi­nan­zie­rungs­be­darf der Körper­schaft er­heb­lich über­stei­gen, und un­ter­nimmt die Körper­schaft keine Maßnah­men, sich nach­hal­tig am Prin­zip der Kos­ten­de­ckung zu ori­en­tie­ren, stellt dies ein In­diz für das Vor­lie­gen ei­ner über­wie­gen­den Ge­winn­er­zie­lungs­ori­en­tie­rung dar.

Im ent­schie­de­nen Fall konnte das FG nicht er­ken­nen, dass die in mehr als drei auf­ein­an­der­fol­gen­den Ver­an­la­gungs­zeiträumen von der ge­meinnützi­gen Körper­schaft er­ziel­ten Jah­resüber­schüsse in der je­wei­li­gen Größenord­nung zur Fi­nan­zie­rung ih­rer ei­ge­nen ge­meinnützi­gen Tätig­keit benötigt wur­den. Zwar hat der Ge­schäftsführer vor­ge­tra­gen, dass die ho­hen Jah­resüber­schüsse not­wen­dig seien, weil auf die Fi­nan­zie­rung durch die öff­ent­li­che Hand kein Ver­lass sei und ein sol­cher Ge­schäfts­be­trieb nur mit einem ho­hen fi­nan­zi­el­len Auf­wand zu be­trei­ben sei und des­halb die ho­hen Jah­resüber­schüsse Vor­aus­set­zung seien, um die Maßnahme-Ar­beitsplätze auf Dauer zu er­hal­ten.

Ne­ben der ab­so­lu­ten Höhe der Jah­resüber­schüsse und der Ge­winnrück­la­gen sprach nach Sicht des FG aber außer­dem ge­gen die An­nahme der Er­for­der­lich­keit ho­her Jah­resüber­schüsse zur Ab­de­ckung des Fi­nan­zie­rungs­be­darfs der ge­meinnützi­gen Tätig­keit, dass die Körper­schaft über er­heb­li­che fi­nan­zi­elle Mit­tel verfügte, die sie für die ge­werb­li­che Tätig­keit ih­rer Toch­ter­ge­sell­schaft ein­set­zen konnte. Als wei­tere In­di­zien dafür, dass nicht ge­meinnützige Zwecke die Tätig­keit be­stimm­ten, sah das FG an, dass der Ge­schäfts­be­trieb auf wei­te­res Um­satz­wachs­tum, die Stei­ge­rung der Erträge und eine möglichst hohe Ef­fi­zi­enz aus­ge­legt war.

Zu­dem führe be­reits das enge Zu­sam­men­wir­ken ei­ner GmbH, die ge­meinnützig sein will, mit ei­ner ge­werb­li­chen Toch­ter­ge­sell­schaft, um ein kom­ple­xes Leis­tungs­pa­ket an­zu­bie­ten, nach Auf­fas­sung des FG dazu, dass die Ge­werb­lich­keit der Toch­ter­ge­sell­schaft auf die Mut­ter „abfärbt“ und diese al­lein des­halb nicht ge­meinnützig sein kann.

Die Re­vi­sion zum BFH wurde zu­ge­las­sen, weil die Fort­bil­dung des Rechts eine Ent­schei­dung des obers­ten Fi­nanz­ge­richts er­for­dere. Die Re­vi­sion ist un­ter dem Az. XI R 29/19 beim BFH anhängig.

Hinweis

Die früher herr­schende sog. Gepräge­theo­rie wurde auf­ge­ge­ben. In­so­fern ist das „Abfärben“ der ge­werb­li­chen Tätig­keit der Toch­ter­ge­sell­schaft in die­sem Fall wohl auf die kon­krete Tätig­keit der ge­meinnützi­gen GmbH zu be­gren­zen, die we­gen der en­gen Verknüpfung nicht als Zweck­be­trieb an­ge­se­hen wer­den kann. Es bleibt ab­zu­war­ten, ob der BFH hier in der Re­vi­sion Klar­heit schafft, wie­weit ein sol­ches et­wai­ges Abfärben ge­hen kann.

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