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Zuschätzung im Rahmen der Außenprüfung eines Dönerrestaurants

FG Hamburg 23.2.2016, 2 K 31/15

Im Rah­men ei­ner Schätzung der Be­steue­rungs­grund­la­gen können die im Zeit­punkt der Außenprüfung fest­ge­stell­ten Umsätze den zurück­lie­gen­den Prüfungs­jah­ren zu­grunde ge­legt wer­den, wenn sich die wirt­schaft­li­chen Verhält­nisse zwi­schen­zeit­lich nicht we­sent­lich geändert ha­ben. Den Steu­er­pflich­ti­gen trifft in­so­weit die Be­weis­last dafür, dass etwa ein "Döner-Krieg" die Preis­ge­stal­tung we­sent­lich be­ein­flusst hat.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­trieb in den Streit­jah­ren 2005 bis 2008 einen Im­biss­be­trieb an ei­ner U-Bahn­sta­tion in Ham­burg. Aus­gelöst durch eine an­onyme An­zeige, wo­nach der Kläger im­mer nur die Hälfte der bei einem türki­schen Großhänd­ler ein­ge­kauf­ten Fleisch­wa­ren erkläre, fand ab April 2009 eine Außenprüfung beim Kläger statt. Da­nach änderte das Fi­nanz­amt die Steu­er­be­scheide für die Vor­jahre. Auf­grund der Er­mitt­lungs­er­geb­nisse für die Zeit während der Außenprüfung schätzte es er­heb­li­che Mehr­erlöse. Das Straf­ver­fah­ren ist ge­genwärtig noch nicht ab­ge­schlos­sen.

Der Kläger war der An­sicht, seine ver­meint­lich nicht erklärten Wa­ren­einkäufe im Jahr der Außenprüfung dürf­ten nicht zur Grund­lage von Zu­schätzun­gen für die Vor­jahre ge­macht wer­den. Die Si­tua­tion habe sich nämlich in­folge ei­ner von ihm in­iti­ier­ten Preis­kam­pa­gne ge­genüber den Vor­jah­ren we­sent­lich geändert. Er habe seine Döner zu einem ge­genüber der Spei­se­karte viel nied­ri­ge­ren "Kampf­preis" an­ge­bo­ten und da­mit sei­nen Ab­satz er­heb­lich erhöht. Seine Fleisch­einkäufe hätten sich während des sog. "Döner­krie­ges" im Verhält­nis zu den Vor­jah­ren fast ver­dop­pelt, in de­nen über­dies der Gam­mel­fleisch-Skan­dal zu er­heb­li­chen Um­satz­einbußen ge­genüber früheren Jah­ren geführt habe.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion wurde nicht zu­ge­las­sen. Der Kläger hat al­ler­dings Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde ein­ge­legt. Das ver­fah­ren ist beim BFH un­ter dem Az. X B 32/16 anhängig.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte in den Streit­jah­ren zu Recht Zu­schätzun­gen im Zu­sam­men­hang mit Wa­ren­lie­fe­run­gen vor­ge­nom­men.

Nach § 145 Abs. 1 AO muss die Buchführung so be­schaf­fen sein, dass sie einem sach­verständi­gen Drit­ten in­ner­halb an­ge­mes­se­ner Zeit einen Über­blick über die Ge­schäfts­vorfälle und über die Lage des Un­ter­neh­mens ver­mit­teln kann. Die Ge­schäfts­vorfälle müssen sich in ih­rer Ent­ste­hung und Ab­wick­lung ver­fol­gen las­sen. Kas­sen­ein­nah­men und Kas­sen­aus­ga­ben sol­len täglich fest­ge­hal­ten wer­den (§ 146 Abs. 1 S. 2 AO). Bücher, Auf­zeich­nun­gen, Bu­chungs­be­lege und sons­tige Un­ter­la­gen, so­weit sie für die Be­steue­rung von Be­deu­tung sind, sind ge­ord­net auf­zu­be­wah­ren (§ 147 Abs. 1 Nr. 1, 4 u. 5 AO). Diese Be­din­gun­gen wa­ren hier nicht erfüllt.

Die Außenprüfung hatte gra­vie­rende Mängel der Kas­sen­buchführung fest­ge­stellt. Es wa­ren nur hand­ge­schrie­bene Ein­nah­me­auf­zeich­nun­gen vor­han­den, die ebenso wie das mit­tels ei­nes EDV gestütz­ten Jour­nals geführte "Kas­sen­buch" nicht nachprüfbar und je­der­zeit veränder­bar wa­ren. Bon­rol­len, Ta­ge­send­sum­men­bons und Kas­sen­be­richte wa­ren nicht vor­ge­legt wor­den. Zwar be­rech­ti­gen for­melle Buchführungsmängel nach ständi­ger höchstrich­ter­li­cher Recht­spre­chung nur in­so­weit zur Schätzung, als sie An­lass ge­ben, die sach­li­che Rich­tig­keit des Buchführungs­er­geb­nis­ses an­zu­zwei­feln. Wer­den al­ler­dings - wie hier - vor­wie­gend Bar­ge­schäfte getätigt, können Mängel der Kas­senführung der ge­sam­ten Buchführung die Ord­nungsmäßig­keit neh­men. Zu­dem wa­ren im vor­lie­gen­den Fall nach den Er­kennt­nis­sen der Steu­er­fahn­dung und der Außenprüfung auch Ma­ni­pu­la­tio­nen an den Kas­sen vor­ge­nom­men wor­den, die nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nahme nicht wi­der­legt wur­den.

In­fol­ge­des­sen konn­ten die we­gen der Mängel der Kas­senführung ver­an­lass­ten, im Zeit­punkt der Außenprüfung fest­ge­stell­ten Umsätze auch den zurück­lie­gen­den Prüfungs­jah­ren im Rah­men ei­ner Schätzung der Be­steue­rungs­grund­la­gen zu­grunde ge­legt wer­den, da sich die wirt­schaft­li­chen Verhält­nisse zwi­schen­zeit­lich nicht we­sent­lich geändert hat­ten. So­weit sich der Kläger dar­auf be­ru­fen hatte, 2009 hätte sich der Be­zug der Ware in­folge des Preis­kamp­fes in der Döner­bran­che ver­dop­pelt, so ließ sich ein der­ar­ti­ger Preis­kampf nicht verläss­lich fest­stel­len. Den Steu­er­pflich­ti­gen trifft in­so­weit aber die Be­weis­last dafür, dass etwa ein "Döner-Krieg" die Preis­ge­stal­tung we­sent­lich be­ein­flusst hat.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text des Ur­teils ist erhält­lich auf dem Jus­tiz­por­tal Ham­burg.
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