Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte eine alte Dame gepflegt, die im Dezember 2009 verstarb. Er hatte seit 2004 eine General- und Versorgungsvollmacht, organisierte den Haushalt, erledigte Behörden- sowie Botengänge und begleitete die Dame bei Arztbesuchen. Nach einem Krankenhausaufenthalt war sie von Juli 2009 bis zu ihrem Tod in einem Pflegeheim untergebracht. Seit Mai 2009 war sie in Pflegestufe I und seit Juli 2009 in Pflegestufe II eingeordnet.
Später erhöhte das Finanzamt die Erbschaftsteuer auf 21.270 €. Dabei berücksichtigte es nur noch einen Freibetrag für Pflegeleistungen für die Monate Mai und Juni 2009 i.H.v. 755 €, da der Pflegefreibetrag erst ab Vorliegen der Pflegebedürftigkeit i.S.d. SGB XI und nur bis zum Zeitpunkt einer vollstationären Pflege zu gewähren sei. Außerdem sei der Wert der Pflegeleistungen anteilig zu kürzen, weil wegen der Steuerbefreiung nach § 13c ErbStG der Steuerwert des Vermächtnisses nur 89,9 % des Verkehrswertes betrage.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. So erkannte es einen Freibetrag für Pflegeleistungen i.H.v. 4.725 € an und setzte die Erbschaftsteuer gegen den Kläger auf 20.070 € herab. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.
Die Gründe:
Zu Recht hatte das FG entschieden, dass der Erwerb des Klägers wegen der erbrachten Pflegeleistungen i.H.v. 4.725 € steuerfrei war.
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG bleibt ein steuerpflichtiger Erwerb bis zu 20.000 € steuerfrei, der Personen anfällt, die dem Erblasser unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt Pflege oder Unterhalt gewährt haben, soweit das Zugewendete als angemessenes Entgelt anzusehen ist. Die Vorschrift regelt nicht den Abzug eines Pauschbetrags, sondern die Berücksichtigung eines Freibetrags, wobei die mögliche Steuerbefreiung auf maximal 20.000 € begrenzt ist. Liegt der Wert der erbrachten Leistungen unter 20.000 €, so ist nur ein Erwerb in dieser Höhe steuerfrei.
Pflege i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG ist die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer wegen Krankheit, Behinderung, Alters oder eines sonstigen Grundes hilfsbedürftigen Person. Es ist dabei gerade nicht erforderlich, dass der Erblasser pflegebedürftig i.S.d. § 14 Abs. 1 SGB XI und einer Pflegestufe nach § 15 Abs. 1 S. 1 SGB XI zugeordnet war. Die Gewährung des Pflegefreibetrags setzt vielmehr voraus, dass Pflegeleistungen regelmäßig und über eine längere Dauer erbracht wurden, über ein übliches Maß der zwischenmenschlichen Hilfe hinausgehen und im allgemeinen Verkehr einen Geldwert haben. Der Erwerber muss zur Berücksichtigung eines Pflegefreibetrags die Hilfsbedürftigkeit des Erblassers sowie Art, Dauer, Umfang und Wert der erbrachten Pflegeleistungen schlüssig darlegen und glaubhaft machen. Hieran sind allerdings keine übersteigerten Anforderungen zu stellen.
Die Steuerbefreiung des Erwerbs gem. § 13c ErbStG rechtfertigt auch keine Kürzung des für den Freibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG maßgeblichen Werts der Pflegeleistungen. § 13c Abs. 1 ErbStG führt nicht dazu, dass der Wert der Pflegeleistungen entsprechend dem Verhältnis zwischen dem verminderten Wertansatz des Grundstücks und dem festgestellten Grundbesitzwert zu mindern ist. Insoweit fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage, die eine verhältnismäßige Kürzung anordnet. Die nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG begünstigten Pflegeleistungen begründen wegen der dem Erblasser unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt gewährten Pflege keine Schulden oder Lasten i.S.v. § 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG. Infolgedessen war der Erwerb des Klägers wegen der Pflege der alten Dame i.H.v. 4.725 € steuerfrei.
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