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Steuerberatung

Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims

FG München 4.5.2020, 4 K 3287/18

Mögen die großzügi­gen Vermögens­verhält­nisse ei­nes Erb­las­sers des­sen häufi­gen Wech­sel zwi­schen meh­re­ren, gleich­zei­tig und ne­ben­ein­an­der un­ter­hal­te­nen Wohn­sit­zen auch er­lau­ben, so führt dies den­noch nicht zu ei­ner Ver­vielfälti­gung des Be­griffs des Fa­mi­li­en­heims i.S.d. Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG.

Der Sach­ver­halt:
Der Va­ter des Klägers ver­st­arb am 26.6.2014. Er lebte da­mals in Öster­reich. In sei­nem no­ta­ri­el­len Tes­ta­ment vom 5.3.2014 hatte der Erb­las­ser als Al­lein­er­bin sei­nes um­fang­rei­chen Vermögens seine dritte Ehe­frau ein­ge­setzt. Für den im Zeit­punkt des To­des fast 17-jähri­gen Kläger war ein Vermächt­nis be­stimmt, das ne­ben er­heb­li­chem Ka­pi­tal­vermögen ein dem Erb­las­ser gehören­des Wohn­haus um­fasste.

Der Erb­las­ser hatte das Wohn­haus mit ei­ner Ge­samt­nutzfläche von 548 qm, ein­schließlich der Wohnfläche von 428 qm, im Jahr 1997 er­wor­ben und im Jahr 1998 zu­sam­men mit sei­ner zwei­ten Ehe­frau und den bei­den ge­mein­sa­men Kin­dern - d.h. dem Kläger und des­sen Schwes­ter - be­zo­gen. Das Wohn­haus blieb da­nach ge­mein­sa­mer Fa­mi­li­en­wohn­sitz bis zum Aus­zug des Erb­las­sers im Sep­tem­ber 2011. Da­mals zog er in ein sei­ner­zeit eben­falls ihm gehören­des An­we­sen in Öster­reich um, in dem er ab fortan mit sei­ner da­ma­li­gen Le­bens­gefähr­tin und späte­ren drit­ten Ehe­frau zu­sam­men­wohnte und mit Wohn­sitz ge­mel­det war.

Un­strei­tig hatte der Erb­las­ser auch nach sei­nem Aus­zug in dem vor­he­ri­gen Wohn­haus ei­nige Räume zu sei­ner wei­te­ren ei­ge­nen Nut­zung als Ar­chiv, Büro und Um­kleide be­hal­ten. Die Ehe der Mut­ter des Klägers mit dem Erb­las­ser wurde im Ok­to­ber 2012 ge­schie­den, wo­bei die Mut­ter ver­pflich­tet wurde bin­nen ei­ner Frist von sechs Mo­na­ten aus dem be­sag­ten Wohn­haus aus­zu­zie­hen, was schließlich im Fe­bruar 2013 auch er­folgte. Der Kläger be­hielt nach dem Aus­zug sei­ner Mut­ter den Wohn­sitz in sei­nem "El­tern­haus" bei.

Bei der Fest­set­zung der Erb­schaft­steuer des Klägers ver­sagte das Fi­nanz­amt die Steu­er­be­frei­ung für den Er­werb des Fa­mi­li­en­heims i.S.d. Vor­schrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4c des Erb­schaft­steuer- und Schen­kung­steu­er­ge­set­zes in der auf den Streit­fall an­zu­wen­den­den Fas­sung (ErbStG). Der Kläger gab an, er habe zwar von 2012 bis 2015 ein In­ter­nat be­sucht, sich aber während der Schul­fe­rien und an den Wo­chen­en­den in sei­nem El­tern­haus auf­ge­hal­ten. Aus die­sem Grunde sei das Haus auch ein Le­bens­mit­tel­punkt des Erb­las­sers bis zu sei­nem Tode ge­blie­ben. Der Erb­las­ser habe so­mit einen "Dop­pel­lebens­mit­tel­punkt" ge­habt. Da der Kläger bis heute in dem An­we­sen wohne, stehe ihm die Steu­er­begüns­ti­gung als Fa­mi­li­en­heim zu.

Das FG wies die Klage ab. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die vom Kläger be­gehrte An­wen­dung der Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sind im Streit­fall nicht erfüllt.

Auch wenn für den Erb­las­ser für spo­ra­di­sche oder auch mehr oder we­ni­ger re­gelmäßige Be­su­che ein oder meh­rere Zim­mer zur Verfügung ge­stellt wor­den wa­ren, erfüllte dies nicht den Tat­be­stand des Fa­mi­li­en­heims, da sich der Le­bens­mit­tel­punkt des Erb­las­sers an­der­orts be­fun­den hatte. Selbst eine dau­er­hafte Be­reit­stel­lung von Wohnräumen ist al­lein nicht aus­rei­chend, wenn nicht auch eine dau­er­hafte tatsäch­li­che Nut­zung durch den Erb­las­ser er­folgt ist. Diese re­strik­tive Aus­le­gung der Rechts­norm ge­bie­tet sich durch den re­gelmäßig sys­tem­im­ma­nen­ten Aus­nah­me­cha­rak­ter als Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrift.

Mögen die großzügi­gen Vermögens­verhält­nisse ei­nes Erb­las­sers des­sen häufi­gen Wech­sel zwi­schen meh­re­ren, gleich­zei­tig und ne­ben­ein­an­der un­ter­hal­te­nen Wohn­sit­zen auch er­lau­ben, so führt dies den­noch nicht zu ei­ner Ver­vielfälti­gung des Be­griffs des Fa­mi­li­en­heims i.S.d. Steu­er­be­frei­ungs­norm. Dies gilt selbst dann, wenn die für die Be­stim­mung des Le­bens­mit­tel­punk­tes ent­schei­den­den Kri­te­rien der Fre­quenz und Dauer des je­wei­li­gen Auf­ent­hal­tes, der fa­miliären Be­zie­hungs­pflege, der In­ten­sität der persönli­chen Kon­takte, der ge­sell­schaft­li­chen Ein­bin­dung, der in­di­vi­du­el­len Be­rufs- und Frei­zeit­ge­stal­tung etc. sich auf die ver­schie­de­nen Ört­lich­kei­ten quan­ti­ta­tiv wie qua­li­ta­tiv gleichmäßig ver­teil­ten. Selbst eine sol­che Sach­lage würde eine wer­tende und den un­be­stimm­ten Rechts­be­griff des "Fa­mi­li­en­heims" ausfüllende Ent­schei­dung zu­guns­ten ei­nes ein­zi­gen der in Frage kom­men­den Ob­jekte ver­lan­gen, da sich die Steu­er­be­frei­ung in­folge der be­sag­ten Le­bensführung nicht etwa ver­vielfältigt.

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