deen

Steuerberatung

Anspruchserwerb auf Verschaffung von Eigentum an einem Familienheim

BFH 29.11.2017, II R 14/16

Der von To­des we­gen er­folgte Er­werb ei­nes durch eine Auf­las­sungs­vor­mer­kung ge­si­cher­ten An­spruchs auf Ver­schaf­fung des Ei­gen­tums an einem Fa­mi­li­en­heim durch den über­le­ben­den Ehe­gat­ten ist nicht von der Erb­schaft­steuer be­freit. Die Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG setzt vor­aus, dass der ver­stor­bene Ehe­gatte zi­vil­recht­li­cher Ei­gentümer oder Mit­ei­gentümer des Fa­mi­li­en­heims war und der über­le­bende Ehe­gatte das zi­vil­recht­li­che Ei­gen­tum oder Mit­ei­gen­tum an dem Fa­mi­li­en­heim von To­des we­gen er­wirbt.

Der Sach­ver­halt:
Die ver­stor­bene Ehe­frau des Klägers im März 2007 von einem Bauträger­un­ter­neh­men eine noch zu er­rich­tende Ei­gen­tums­woh­nung und vier Tief­ga­ra­gen­stellplätze er­wor­ben. Der Kauf­preis be­trug rund 3,6 Mio. € zzgl. 1,1 Mio. € für Son­derwünsche. Die Ver­trags­par­teien erklärten zu­gleich die Auf­las­sung. Im Ja­nuar 2008 wurde zu­guns­ten der Gat­tin eine Auf­las­sungs­vor­mer­kung im Grund­buch ein­ge­tra­gen. Im De­zem­ber 2008 zog der Kläger mit sei­ner Fa­mi­lie in die Woh­nung ein. Der Kauf­preis war zu die­sem Zeit­punkt bis auf eine zunächst noch zurück­be­hal­tene rest­li­che Kauf­preis­rate ge­zahlt. Mit pri­vat­schrift­li­chem Tes­ta­ment aus Juli 2009 hatte die Ehe­frau des Klägers verfügt, dass die­ser bei ih­rem Ab­le­ben die Ei­gen­tums­woh­nung al­lein er­hal­ten solle. Für das rest­li­che Vermögen be­stimmte sie die ge­setz­li­che Erb­folge.

Kurz dar­auf ver­st­arb die Ehe­frau. Zu die­sem Zeit­punkt war sie nicht als Ei­gentüme­rin der Ei­gen­tums­woh­nung im Grund­buch ein­ge­tra­gen. Das AG wies in einem ge­mein­sa­men Erb­schein den Kläger zu 1/2 und die Töchter je­weils zu 1/4 als Er­ben aus. Bezüglich der Ei­gen­tums­woh­nung gin­gen der Kläger und seine Töchter da­von aus, dass das Tes­ta­ment in­so­weit ein Vermächt­nis zu­guns­ten des Klägers be­inhalte. Im No­vem­ber 2009 ver­ein­bar­ten der Kläger und seine Töchter, dass er in Erfüllung die­ses Vermächt­nis­ses das Al­lein­ei­gen­tum an der Ei­gen­tums­woh­nung er­halte. Der Kläger wurde im Fe­bruar 2010 als Ei­gentümer der Ei­gen­tums­woh­nung im Grund­buch ein­ge­tra­gen. Er nutzt die Woh­nung seit dem Ein­zug un­un­ter­bro­chen zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken.

In der Erb­schaft­steu­er­erklärung be­an­tragte der Kläger für den Er­werb der Ei­gen­tums­woh­nung die Steu­er­be­frei­ung für ein Fa­mi­li­en­heim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG. Das Fi­nanz­amt lehnte den An­trag ab und setzte Erb­schaft­steuer i.H.v. 340.480 € fest. Es nahm an, der Kläger habe von der Erb­las­se­rin nicht das Ei­gen­tum an einem Fa­mi­li­en­heim, son­dern einen mit dem Ver­kehrs­wert an­zu­set­zen­den An­spruch auf Übe­reig­nung des Grundstücks (Ei­gen­tums­ver­schaf­fungs­an­spruch) er­wor­ben. Die­ser Ei­gen­tums­ver­schaf­fungs­an­spruch sei nicht als Er­werb ei­nes Fa­mi­li­en­heims steu­er­be­freit.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion des Klägers vor dem BFH blieb er­folg­los.

Gründe:
Die Vor­aus­set­zun­gen für eine Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG la­gen nicht vor.

Der von To­des we­gen er­folgte Er­werb ei­nes durch eine Auf­las­sungs­vor­mer­kung ge­si­cher­ten An­spruchs auf Ver­schaf­fung des Ei­gen­tums an einem Fa­mi­li­en­heim durch den über­le­ben­den Ehe­gat­ten ist nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG von der Erb­schaft­steuer be­freit. Die Vor­schrift setzt nach ih­rem Wort­laut ausdrück­lich den Er­werb von Ei­gen­tum oder Mit­ei­gen­tum an einem Fa­mi­li­en­heim durch den über­le­ben­den Ehe­gat­ten vor­aus. Die Be­griffe "Ei­gen­tum" und "Mit­ei­gen­tum" sind da­bei im zi­vil­recht­li­chen Sinn zu ver­ste­hen. Wie sich auch aus dem sys­te­ma­ti­schen Zu­sam­men­hang mit den S. 2 u. 3 der Vor­schrift er­gibt, liegt ein Er­werb i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG nur vor, wenn der Erb­las­ser zi­vil­recht­li­cher Ei­gentümer oder Mit­ei­gentümer des Fa­mi­li­en­heims war und der über­le­bende Ehe­gatte das zi­vil­recht­li­che Ei­gen­tum oder Mit­ei­gen­tum an dem Fa­mi­li­en­heim von To­des we­gen er­wirbt.

Zur Über­tra­gung des Ei­gen­tums an einem Grundstück, zur Be­las­tung ei­nes Grundstücks mit einem Recht so­wie zur Über­tra­gung oder Be­las­tung ei­nes sol­chen Rechts ist je­doch die Ei­ni­gung des Be­rech­tig­ten und des an­de­ren Teils über den Ein­tritt der Rechtsände­rung und die Ein­tra­gung der Rechtsände­rung in das Grund­buch er­for­der­lich, so­weit nicht das Ge­setz ein an­de­res vor­schreibt (§ 873 Abs. 1 BGB). Auch für die Einräum­ung des Son­der­ei­gen­tums ist die Ei­ni­gung der Be­tei­lig­ten über den Ein­tritt der Rechtsände­rung und die Ein­tra­gung in das Grund­buch er­for­der­lich.

Der Er­werb ei­nes an­de­ren An­spruchs oder Rechts in Be­zug auf die Im­mo­bi­lie, wie z.B. ei­nes durch eine Auf­las­sungs­vor­mer­kung ge­si­cher­ten Ei­gen­tums­ver­schaf­fungs­an­spruchs oder ei­nes ding­li­chen Wohn­rechts genügt da­ge­gen nicht den An­for­de­run­gen des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG. Dies ent­spricht auch dem Zweck der Vor­schrift, die An­wen­dung durch eine klare Ab­gren­zung auf den Er­werb von Ei­gen­tum oder Mit­ei­gen­tum an dem Fa­mi­li­en­heim durch den über­le­ben­den Ehe­gat­ten zu be­schränken und alle an­de­ren Er­werbe von der Steu­er­be­frei­ung aus­zu­neh­men.

Auch eine er­wei­ternde Aus­le­gung (te­leo­lo­gi­sche Ex­ten­sion) der Vor­schrift auf von ih­rem Wort­laut nicht er­fasste Sach­ver­halte kommt nicht in Be­tracht, da keine hierfür er­for­der­li­che Re­ge­lungslücke vor­liegt. Die Be­schränkung des An­wen­dungs­be­reichs des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG auf den Er­werb des Ei­gen­tums oder Mit­ei­gen­tums an einem Fa­mi­li­en­heim ist nicht sinn­wid­rig, son­dern ent­spricht der Ab­sicht des Ge­setz­ge­bers, die Gewährung ei­ner Steu­er­be­frei­ung auf den Er­werb von Wohn­ei­gen­tum durch den über­le­ben­den Ehe­gat­ten zu be­gren­zen.

Eine er­wei­ternde Aus­le­gung der Vor­schrift ist auch nicht des­halb ge­bo­ten, weil die Vor­schrift auch den Er­werb von Ei­gen­tum oder Mit­ei­gen­tum an einem Fa­mi­li­en­heim begüns­tigt, das in einem Mit­glied­staat der EU oder einem Staat des EWR be­le­gen ist, und die dort gel­ten­den Vor­schrif­ten ge­rin­gere An­for­de­run­gen an den Er­werb des Ei­gen­tums an einem Grundstück oder ei­ner Ei­gen­tums­woh­nung vor­se­hen können als die Re­ge­lun­gen im BGB. Die Erb­schaft­steuer knüpft grundsätz­lich an das Zi­vil­recht an. Wird für den Er­werb ei­nes im In­land be­le­ge­nen Fa­mi­li­en­heims die Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG be­gehrt, ist des­halb zur Klärung der Frage, ob Ei­gen­tum von To­des we­gen er­wor­ben wurde, auf die inländi­schen Vor­schrif­ten ab­zu­stel­len. Eine Ein­be­zie­hung ausländi­scher Vor­schrif­ten schei­tert schon daran, dass § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG die Vor­aus­set­zun­gen für einen Ei­gen­tums­er­werb nicht ge­son­dert be­nennt und da­mit nur eine Be­stim­mung nach den all­ge­mei­nen Grundsätzen möglich ist.

Letzt­lich ist eine er­wei­ternde Aus­le­gung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG auch nicht im Hin­blick auf die Re­ge­lung über die steu­er­be­freite Schen­kung un­ter Ehe­gat­ten nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ge­bo­ten. Denn § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG hat an­dere Vor­aus­set­zun­gen und eine an­dere Ziel­rich­tung als § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG. Die Vor­schrift wurde als Re­ak­tion auf die BFH-Ent­schei­dung v. 2.3.1994 (Az.: II R 59/92) ein­gefügt, mit der der BFH die Steu­er­frei­heit von ehe­be­ding­ten un­be­nann­ten Zu­wen­dun­gen auf­ge­ge­ben hatte. Der Ge­setz­ge­ber wollte die leb­zei­tige Zu­wen­dung des Fa­mi­li­en­heims aus der Be­steue­rung wie­der aus­neh­men. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG um­fasst da­her alle Ar­ten ehe­be­ding­ter Zu­wen­dun­gen im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb oder Er­halt ei­nes Fa­mi­li­en­heims zu Leb­zei­ten der Ehe­leute. Die Steu­er­be­frei­ung ist - an­ders als § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG - nicht auf den Er­werb des Ei­gen­tums be­schränkt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben