deen

Aktuelles

Zur Aufklärungspflicht bei Kapitalanlagen in Form von Eigentumswohnungen

BGH 23.6.2016, III ZR 308/15

Die Pflicht ei­nes An­la­ge­ver­mitt­lers oder An­la­ge­be­ra­ters zur Aufklärung über In­nen­pro­vi­sio­nen von mehr als 15 % be­steht auch bei der Ver­mitt­lung ei­ner Ka­pi­tal­an­lage in Form ei­ner Ei­gen­tums­woh­nung. Die Aufklärungs­pflicht des An­la­ge­ver­mitt­lers oder An­la­ge­be­ra­ters be­steht un­abhängig da­von, ob die Ka­pi­tal­an­lage mit­tels ei­nes Pro­spekts ver­trie­ben wird oder nicht.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hatte 1992 auf Emp­feh­lung des für die Be­klagte täti­gen Ver­triebs­mit­ar­bei­ters F. eine Ei­gen­tums­woh­nung für 97.020 DM er­wor­ben und die er ent­spre­chend dem ihm er­teil­ten Rat vollständig fremd­fi­nan­zierte. Nach­dem die Miet­ein­nah­men nicht die pro­gnos­ti­zierte Höhe er­reicht hat­ten, ge­riet der Kläger mit der Rück­zah­lung des Dar­le­hens in Rück­stand. 2004 kündigte schließlich die fi­nan­zie­rende Bank den Kre­dit. Die fol­gende Zwangs­ver­stei­ge­rung der Woh­nung er­brachte le­dig­lich einen Erlös von 7.000 €.

Der Kläger be­haup­tete, der für die Be­klagte tätige Ver­triebs­mit­ar­bei­ter habe meh­rere un­zu­tref­fende An­ga­ben über das An­la­ge­ob­jekt ge­macht und seine Aufklärungs­pflich­ten ver­letzt. Er machte in­so­fern gel­tend, dass die Be­klagte von den Verkäufern eine Pro­vi­sion von 20 % für die Ver­mitt­lung der streit­ge­genständ­li­chen Ei­gen­tums­woh­nung er­hal­ten habe. Hierüber sei er nicht auf­geklärt wor­den. Wäre er hierüber auf­geklärt wor­den, hätte er die Woh­nung nicht er­wor­ben. Der Kläger for­derte u.a. den nach der Ver­wer­tung der Si­cher­hei­ten ver­blie­be­nen Scha­den, den er mit rund 67.117 € be­zif­ferte, von der Be­klag­ten er­setzt.

LG und KG wie­sen die Klage ab. Der BGH hat diese Ent­schei­dun­gen im ers­ten Rechts­zug auf­ge­ho­ben und die Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zurück­ver­wie­sen (Be­schl. V. 5.11.2014, Az.: III ZR 559/13). Da das KG die Be­ru­fung er­neut zurück­ge­wie­sen hatte, ließ der Se­nat die Re­vi­sion auf Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde des Klägers in­so­weit zu, als die Kla­ge­for­de­rung auf den Vor­wurf ei­ner un­ter­las­se­nen Aufklärung über In­nen­pro­vi­sio­nen von 20 % des Kauf­prei­ses für die Ver­mitt­lung der streit­ge­genständ­li­chen Ei­gen­tums­woh­nung gestützt wor­den war. Im wei­te­ren Ver­lauf hat der BGH das Ur­teil des KG im Um­fang der Zu­las­sung der Re­vi­sion auf­ge­ho­ben und die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Die Gründe:
Die Pflicht ei­nes An­la­ge­ver­mitt­lers oder An­la­ge­be­ra­ters zur Aufklärung über In­nen­pro­vi­sio­nen von mehr als 15 % be­steht auch bei der Ver­mitt­lung ei­ner Ka­pi­tal­an­lage in Form ei­ner Ei­gen­tums­woh­nung. Schließlich las­sen auch bei Ei­gen­tums­woh­nun­gen Ver­triebs­pro­vi­sio­nen von über 15 % auf eine ge­rin­gere Wert­hal­tig­keit schließen, wes­halb die Gewährung der­ar­ti­ger Pro­vi­sio­nen einen für die An­la­ge­ent­schei­dung be­deut­sa­men Um­stand dar­stellt, über den auf­geklärt wer­den muss. Dies steht nicht im Wi­der­spruch zur BGH-Recht­spre­chung, wo­nach der Verkäufer ei­ner Im­mo­bi­lie grundsätz­lich nicht ver­pflich­tet ist, den In­ter­es­sen­ten über die Zah­lung ei­ner In­nen­pro­vi­sion an den von ihm be­auf­trag­ten Ver­trieb auf­zuklären, wenn das Ob­jekt nicht mit­tels ei­nes Pro­spekts ver­trie­ben wird, son­dern durch münd­li­che Be­ra­tung an­hand ei­nes kon­kre­ten Be­rech­nungs­bei­spiels.

Schließlich kommt es für das Be­ste­hen der Aufklärungs­pflicht des An­la­ge­ver­mitt­lers bzw. An­la­ge­be­ra­ters auch nicht dar­auf an, ob die An­lage mit­tels ei­nes Pro­spekts ver­trie­ben wurde. Denn die Aufklärungs­pflicht des An­la­ge­ver­mitt­lers oder An­la­ge­be­ra­ters über die an ihn von dem Verkäufer be­zahlte In­nen­pro­vi­sion be­steht un­abhängig hier­von. Der An­la­ge­be­ra­ter bzw. An­la­ge­ver­mitt­ler ist stets zur rich­ti­gen und vollständi­gen In­for­ma­tion über die­je­ni­gen tatsäch­li­chen Umstände ver­pflich­tet, die für die An­la­ge­ent­schei­dung von be­son­de­rer Be­deu­tung sind. Er kann sich zur Erfüllung die­ser Pflich­ten ei­nes Pro­spekts be­die­nen, muss dies aber nicht. Exis­tiert kein Pro­spekt, hat er die Pflicht durch eine ei­genständige Aufklärung zu erfüllen.

Der Se­nat konnte das Be­ste­hen ei­ner Aufklärungs­pflicht­pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten im Hin­blick auf et­waige In­nen­pro­vi­sio­nen auf der Grund­lage der bis­her ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen nicht selbst be­ur­tei­len. Das Be­ru­fungs­ge­richt wird die er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen so­mit nach­ho­len müssen.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für den Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.
nach oben