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Zu den Voraussetzungen für die Nichtigkeit einer Prüfungsanordnung wegen mangelnder Bestimmtheit

BFH 6.8.2013, VIII R 15/12

Die Prüfungs­an­ord­nung des be­auf­trag­ten Fi­nanz­amts ist hin­rei­chend begründet, wenn sie die für die Er­mes­sens­ausübung auch des be­auf­tra­gen­den Fi­nanz­amts maßge­ben­den Erwägun­gen enthält; sie ist nicht we­gen feh­len­der Be­stimmt­heit nich­tig, wenn für den Steu­er­pflich­ti­gen der Re­ge­lungs­ge­halt nicht ernst­haft zwei­fel­haft sein kann. Das vorüber­ge­hende Be­ste­hen von zwei Prüfungs­an­ord­nun­gen, die sich in­halt­lich nicht wi­der­spre­chen, führt nicht zu de­ren Nich­tig­keit.

Der Sach­ver­halt:
Im No­vem­ber 2009 bat das be­klagte Fi­nanz­amt das Wohn­sitz­fi­nanz­amt des Klägers, das Fi­nanz­amt A, um die Be­fug­nis zum Er­lass ei­ner Prüfungs­an­ord­nung und zur Durchführung der sich an­schließen­den Außenprüfung. Das be­klagte Fi­nanz­amt begründete dies da­mit, dass bei dem Z-Kon­zern eine Außenprüfung durch­geführt werde (Prüfungs­zeit­raum 2001 bis 2004). Zum Kon­zern­be­reich gehöre "nach­ste­hen­des Un­ter­neh­men: Ehe­leute XZ und YZ" (dar­un­ter der Kläger). Un­ter Hin­weis auf die §§ 13 ff. BpO sei es zweckmäßig, die­ses Un­ter­neh­men von B aus zu prüfen, weil sich dort die Buchführung und die Aus­kunfts­per­so­nen befänden. Es drohe die Verjährung des Prüfungs­zeit­raums 2002.

Noch im No­vem­ber 2009 teilte das Fi­nanz­amt A dem be­klagte Fi­nanz­amt mit, es über­trage ihm die Be­fug­nis zur An­ord­nung und Durchführung ei­ner Außenprüfung bei dem Kläger gem. § 195 S. 2 AO und § 5 Abs. 1 S. 1 BpO. Der Prüfungs­zeit­raum solle die Jahre 2001 bis 2004 be­tref­fen. Zu­vor hatte das FG eine Prüfungs­an­ord­nung des be­klag­ten Fi­nanz­amts aus dem Jahr 2006 für die Jahre 2001 bis 2004 man­gels ört­li­cher Zuständig­keit des be­klag­ten Fi­nanz­amts auf­ge­ho­ben. Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde ge­gen die­ses FG-Ur­teil wies der BFH am 14.1.2010 zurück.

Mit Prüfungs­an­ord­nung vom 1.12.2009 ord­nete das be­klagte Fi­nanz­amt ge­genüber dem Kläger die Durchführung ei­ner Außenprüfung an. Die Prüfungs­an­ord­nung stützte es auf § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO i.V.m. §§ 194 bis 196 AO, gab als Prüfungs­ge­gen­stand "Ein­kom­men­steuer ein­schließlich ge­son­der­ter Fest­stel­lun­gen und Um­satz­steuer 2002 - 2004" an und führte zur Begründung u.a. aus, das be­klagte Fi­nanz­amt sei vom zuständi­gen Fi­nanz­amt A mit der Prüfung be­auf­tragt wor­den; die Prüfung er­folge im Zu­sam­men­hang mit der lau­fen­den Außenprüfung der Fir­men­gruppe Z und um­fasse nicht die Sach­ver­halte (Tat im pro­zes­sua­len Sinn), wel­che durch die Ein­lei­tung des Steu­er­straf­ver­fah­rens vom 6.3.2009 ab­ge­deckt würden. Der Ein­lei­tung des Steu­er­straf­ver­fah­rens ging eine Selbst­an­zeige des Klägers vor­aus, die Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen ausländi­scher Her­kunft be­traf.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt und hob die Prüfungs­an­ord­nung des be­klag­ten Fi­nanz­amts vom 1.12.2009 auf. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hat die strei­tige Prüfungs­an­ord­nung zu Un­recht auf­ge­ho­ben und da­mit § 195 S. 2 AO ver­letzt.

Das im Streit­fall für die Be­steue­rung des Klägers zuständige Fi­nanz­amt war zunächst das Fi­nanz­amt A. Durch in­ner­dienst­li­ches Schrei­ben vom No­vem­ber 2009 hatte die­ses das be­klagte Fi­nanz­amt mit der Durchführung der Außenprüfung bei dem Kläger be­auf­tragt. Dem Auf­trag lag eine Er­mes­sens­ent­schei­dung der be­auf­tra­gen­den Fi­nanz­behörde zu­grunde. Die Rechtmäßig­keit ei­ner Er­mes­sens­ent­schei­dung setzt vor­aus, dass sie mit Gründen ver­se­hen ist, die die Er­mes­sen­serwägun­gen der Behörde er­ken­nen lässt. Die an­ge­foch­tene Prüfungs­an­ord­nung enthält die für die Er­mes­sens­ausübung des Fi­nanz­amts A maßge­ben­den Erwägun­gen: der Steu­er­pflich­tige (der Kläger), der Prüfungs­um­fang (Ein­kom­men­steuer und ge­son­derte Fest­stel­lun­gen so­wie Um­satz­steuer 2002 bis 2004) und die tra­gen­den Er­mes­sen­serwägun­gen für die Auf­tragsprüfung (ein­heit­li­che Prüfung des Z-Kon­zerns).

Eine Nich­tig­keit der Prüfungs­an­ord­nung, auf die sich der Kläger be­ruft, schei­det er­sicht­lich aus: Die strei­tige Prüfungs­an­ord­nung vom 1.12.2009 sollte "ne­ben die Prüfungs­an­ord­nung vom 11.12.2006" tre­ten, die vom FG man­gels Zuständig­keit des be­klag­ten Fi­nanz­amts auf­ge­ho­ben wor­den war. Zwar ist das Ur­teil des FG erst mit BFH-Be­schluss, mit dem die Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde des be­klag­ten Fi­nanz­amts zurück­ge­wie­sen wor­den ist, rechtskräftig ge­wor­den. Das vorüber­ge­hende gleich­zei­tige Be­ste­hen bei­der Prüfungs­an­ord­nun­gen führt je­doch nicht zur Nich­tig­keit der streit­ge­genständ­li­chen Prüfungs­an­ord­nung gem. § 125 AO, da sich die bei­den Prüfungs­an­ord­nun­gen in ih­rem Re­ge­lungs­ge­halt hin­sicht­lich des Prüfungs­zeit­raums (2002 bis 2004), des Steu­er­pflich­ti­gen (dem Kläger) und der zu prüfen­den Steu­er­ar­ten (Ein­kom­men­steuer ein­schließlich ge­son­der­ter Fest­stel­lun­gen und Um­satz­steuer) nicht wi­der­spro­chen ha­ben.

Die Prüfungs­an­ord­nung ist auch nicht we­gen feh­len­der Be­stimmt­heit nach § 125 AO nich­tig. Maßgeb­lich ist in­so­weit der ob­jek­tive Erklärungs­in­halt der Prüfungs­an­ord­nung aus der Sicht des Klägers als dem Empfänger die­ses Ver­wal­tungs­akts Denn für den Kläger konnte der Re­ge­lungs­ge­halt der Prüfungs­an­ord­nung vom 1.12.2009 nicht ernst­haft zwei­fel­haft sein. Prüfungs­ge­gen­stand war Ein­kom­men­steuer ein­schließlich ge­son­der­ter Fest­stel­lun­gen und Um­satz­steuer 2002 bis 2004 mit Aus­nahme der "Sach­ver­halte, wel­che durch die Ein­lei­tung des Steu­er­straf­ver­fah­rens vom 06.03.2009 ab­ge­deckt" wur­den.

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