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Steuerberatung

Vorsteuerabzug im Insolvenzverfahren - Rechtsanwaltskosten

FG Köln 15.3.2017, 9 K 2995/15

Da die Frage, ob und in wel­chem Um­fang ein In­sol­venz­ver­wal­ter Vor­steu­er­beträge, die auf ei­ner rein ge­sell­schaft­li­chen Ebene be­ru­hen, gel­tend ma­chen kann, ei­ner höchstrich­ter­li­chen Rechts­fort­bil­dung be­darf, war die Re­vi­sion zu­zu­las­sen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist In­sol­venz­ver­wal­ter über das Vermögen der In­sol­venz­schuld­ne­rin. Ge­gen­stand ih­res Un­ter­neh­mens war die Er­rich­tung und der Be­trieb ei­nes Ein­kaufs­zen­trums. Sie führte bis zur Veräußerung des Ge­schäfts­be­triebs bis auf die Auf­stel­lung ei­nes Geld­au­to­ma­ten (0,1 %) aus­schließlich steu­er­pflich­tige Umsätze aus. An der In­sol­venz­schuld­ne­rin wa­ren mehr als 300 Kom­man­di­tis­ten be­tei­ligt. Nach § 16 Nr. 4 des Ge­sell­schafts­ver­tra­ges aus Sep­tem­ber 1996 konn­ten an die Kom­man­di­tis­ten (ge­win­nun­abhängige) Li­qui­ditätsüber­schüsse aus­ge­schüttet wer­den.

Im In­sol­venz­ver­fah­ren ließ der Kläger durch von ihm be­auf­tragte Rechts­anwälte prüfen, ob Zah­lun­gen an die Kom­man­di­tis­ten - ge­ge­be­nen­falls teil­weise - zurück­zu­for­dern seien, so­weit hier­durch nicht nur Ge­winne, son­dern auch be­reits ge­leis­tete Ein­la­gen aus­ge­schüttet wur­den, was zu ne­ga­ti­ven Ein­la­ge­kon­ten geführt hätte. Die hier­aus re­sul­tie­rende persönli­che Haf­tung der Kom­man­di­tis­ten für die Ver­bind­lich­kei­ten der In­sol­venz­schuld­ne­rin machte der Kläger nach § 171 Abs. 2 HGB i.V.m. § 93 InsO ge­richt­lich ge­gen die Kom­man­di­tis­ten gel­tend. Die hierfür in den Rech­nun­gen der Rechts­anwälte aus­ge­wie­sene Um­satz­steuer i.H.v. rd. 4.981 € und 37.935 € machte er in den Um­satz­steu­er­vor­an­mel­dun­gen für das dritte und vierte Quar­tal 2012 als Vor­steu­ern gel­tend.

Im An­schluss an eine Um­satz­steuer-Son­derprüfung ließ das Fi­nanz­amt im an­ge­foch­te­nen Um­satz­steu­er­jah­res­be­scheid 2012 die vor­ge­nann­ten Vor­steu­ern al­ler­dings un­berück­sich­tigt. Der Kläger habe ge­gen die Kom­man­di­tis­ten For­de­run­gen gel­tend ge­macht, die sich nicht auf die un­ter­neh­me­ri­sche Tätig­keit der In­sol­venz­schuld­ne­rin be­zo­gen hätten. Die Gel­tend­ma­chung der For­de­run­gen habe da­her den persönli­chen In­ter­es­sen der Ge­sell­schaf­ter an der Ein­for­de­rung aus­ste­hen­der Ein­la­gen ge­dient. Da ein di­rek­ter und un­mit­tel­ba­rer Zu­sam­men­hang mit ein­zel­nen steu­er­pflich­ti­gen Leis­tun­gen der In­sol­venz­schuld­ne­rin fehle, komme ein Vor­steu­er­ab­zug grundsätz­lich nicht in Be­tracht.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte ent­spre­chend der gel­ten­den Rechts­lage den Vor­steu­er­ab­zug aus den Rechts­an­walts­kos­ten für die Rück­for­de­rung der an die Kom­man­di­tis­ten zu Un­recht aus­ge­zahl­ten Ein­la­gen ver­sagt.

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG kann der Un­ter­neh­mer die ge­setz­lich ge­schul­dete Steuer für Leis­tun­gen, die von einem an­de­ren Un­ter­neh­mer für sein Un­ter­neh­men aus­geführt wur­den, als Vor­steuer ab­zie­hen. Aus­ge­schlos­sen ist der Vor­steu­er­ab­zug nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG für Leis­tun­gen, die der Un­ter­neh­mer für steu­er­freie Umsätze ver­wen­det. Diese Vor­schrif­ten be­ru­hen uni­ons­recht­lich auf Art. 168a MwSt­Sys­tRL. Da­nach ist der Steu­er­pflich­tige, der "Ge­genstände und Dienst­leis­tun­gen für die Zwecke sei­ner be­steu­er­ten Umsätze ver­wen­det", zum Vor­steu­er­ab­zug be­rech­tigt.

Hierfür muss ein di­rek­ter und un­mit­tel­ba­rer Zu­sam­men­hang zwi­schen Ein­gangs- und Aus­gangs­leis­tung be­ste­hen. Bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung setzt § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG so­mit vor­aus, dass der Un­ter­neh­mer Leis­tun­gen für sein Un­ter­neh­men (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 MwSt­Sys­tRL) und da­mit für seine wirt­schaft­li­chen Tätig­kei­ten zur Er­brin­gung ent­gelt­li­cher Leis­tun­gen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1a und c MwSt­Sys­tRL) zu ver­wen­den be­ab­sich­tigt. Die Aus­gangs­leis­tun­gen des Un­ter­neh­mers müssen zu­dem steu­er­pflich­tig oder in § 15 Abs. 3 UStG (Art. 169 MwSt­Sys­tRL) be­nannt sein (ständige BFH- und EuGH-Recht­spre­chung).

Be­zieht sich die ein­heit­li­che Leis­tung des In­sol­venz­ver­wal­ters auf die Ge­samt­heit der im In­sol­venz­ver­fah­ren an­ge­mel­de­ten For­de­run­gen der In­sol­venzgläubi­ger, be­steht der für den Vor­steu­er­ab­zug maßgeb­li­che di­rekte und un­mit­tel­bare Zu­sam­men­hang zu der Ge­samt­heit die­ser In­sol­venz­for­de­run­gen. Eine Berück­sich­ti­gung ein­zel­ner Ver­wer­tungs­hand­lun­gen des In­sol­venz­ver­wal­ters kommt dem­ge­genüber nicht in Be­tracht. Diese Vor­aus­set­zun­gen la­gen im Streit­fall al­ler­dings nicht vor. Denn bei den von den Rechts­anwälten in Rech­nung ge­stell­ten Leis­tun­gen fehlte der nach den oben ge­mach­ten Ausführun­gen er­for­der­li­che di­rekte und un­mit­tel­bare Zu­sam­men­hang zwi­schen ei­ner Ein­gangs- und ei­ner be­ab­sich­tig­ten Aus­gangs­leis­tung.

Da die Frage, ob und in wel­chem Um­fang ein In­sol­venz­ver­wal­ter Vor­steu­er­beträge, die auf ei­ner rein ge­sell­schaft­li­chen Ebene be­ru­hen, gel­tend ma­chen kann, ei­ner höchstrich­ter­li­chen Rechts­fort­bil­dung be­darf, war die Re­vi­sion zu­zu­las­sen.

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