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Vorlage an den Großen Senat des BFH zur erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG

BFH 21.7.2016, IV R 26/14

Vor­lage an den Großen Se­nat des BFH zur Frage der Gewährung der sog. er­wei­ter­ten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG für eine grundstücks­ver­wal­tende, ge­werb­lich geprägte Per­so­nen­ge­sell­schaft bei Be­tei­li­gung an ei­ner grundstücks­ver­wal­ten­den, nicht ge­werb­lich geprägten Per­so­nen­ge­sell­schaft. Die zu tref­fende Ent­schei­dung ist für den Im­mo­bi­li­en­be­reich von großer Be­deu­tung.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine ge­werb­lich geprägte GmbH & Co. KG, die an ei­ner vermögens­ver­wal­ten­den GbR be­tei­ligt ist, wel­che wie­derum Ei­gentüme­rin ei­ner Im­mo­bi­lie war. In ih­ren Ge­wer­be­steu­er­erklärun­gen für die Streit­jahre 2007 bis 2011 hatte die Kläge­rin die er­wei­terte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG gel­tend ge­macht. Nach dem Grund­tat­be­stand die­ser Vor­schrift ist der Ge­winn bei Un­ter­neh­men, die aus­schließlich ei­ge­nen Grund­be­sitz ver­wal­ten, um den Teil des Ge­wer­be­er­trags zu kürzen, der auf die Ver­wal­tung und Nut­zung des ei­ge­nen Grund­be­sit­zes entfällt. Das Fi­nanz­amt ver­sagte diese er­wei­terte Kürzung al­ler­dings, da die Be­tei­li­gung an ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft nicht dem ei­ge­nen Grund­be­sitz gleich­zu­stel­len sei.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hat der IV. Se­nat des BFH dem Großen Se­nat gem. § 11 Abs. 2 FGO die Rechts­frage zur Ent­schei­dung vor­ge­legt, ob ei­ner grundstücks­ver­wal­ten­den, nur kraft ih­rer Rechts­form ge­werb­li­che Einkünfte er­zie­len­den Ge­sell­schaft die sog. er­wei­terte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auch dann nicht zu gewähren ist, wenn sie an ei­ner grundstücks­ver­wal­ten­den, nicht ge­werb­lich geprägten Per­so­nen­ge­sell­schaft be­tei­ligt ist.

Die Gründe:
Der IV. Se­nat ver­neint die Vor­la­ge­frage. Er ist der An­sicht, dass die Be­tei­li­gung ei­ner grundstücks­ver­wal­ten­den, ge­werb­lich geprägten Per­so­nen­ge­sell­schaft an ei­ner grundstücks­ver­wal­ten­den, nicht ge­werb­lich geprägten Per­so­nen­ge­sell­schaft die er­wei­terte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht ge­ne­rell aus­schließt. Dem­nach ist der Be­griff des ei­ge­nen Grund­be­sit­zes steu­er­recht­lich aus­zu­le­gen. Steu­er­recht­lich wird das Ei­gen­tum ei­ner vermögens­ver­wal­ten­den Per­so­nen­ge­sell­schaft den hin­ter ihr ste­hen­den Ge­sell­schaf­tern an­tei­lig zu­ge­rech­net. Ein in zi­vil­recht­li­chem Ei­gen­tum der Per­so­nen­ge­sell­schaft ste­hen­des Grundstück ist aus die­ser - vom vor­le­gen­den Se­nat fa­vo­ri­sier­ten - Per­spek­tive nicht de­ren "ei­ge­ner Grund­be­sitz", son­dern Grund­be­sitz der Ge­sell­schaf­ter.

Da der Se­nat aber da­mit in ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Weise von einem Ur­teil des I. Se­nats des BFH vom 19.10.2010 (Az.: I R 67/09) ab­weicht und der I. Se­nat auf An­frage mit Be­schluss vom 28.4.2016 (Az.: I ER-S 4/16) mit­ge­teilt hat, dass er an sei­ner in je­nem Ur­teil nie­der­ge­leg­ten Rechts­auf­fas­sung festhält, wurde die Frage dem Großen Se­nat zur Ent­schei­dung vor­ge­legt. Der I. Se­nat geht al­lein vom Zi­vil­recht aus. Da­nach ist der Grund­be­sitz der Per­so­nen­ge­sell­schaft zu­zu­ord­nen. Über diese da­nach im BFH um­strit­tene Frage hat jetzt der Große Se­nat des BFH zu ent­schei­den.

Die nun­mehr zu tref­fende Ent­schei­dung ist für den Im­mo­bi­li­en­be­reich von großer Be­deu­tung. Denn grundsätz­lich wird die Ver­wal­tung von Im­mo­bi­lien nicht von der Ge­wer­be­steuer er­fasst. Ge­wer­be­steuer kann nur an­fal­len, wenn die Ver­wal­tung von ei­ner Per­so­nen- oder Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ausgeübt wird, die al­lein auf­grund ih­rer Rechts­form der Ge­wer­be­steuer un­ter­liegt. Be­schränkt sich die Ge­sell­schaft aber auf die Im­mo­bi­li­en­ver­wal­tung, wird der dar­aus er­wirt­schaf­tete Ge­winn durch die er­wei­terte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG im Er­geb­nis vollständig von der Ge­wer­be­steuer aus­ge­nom­men. Bei großen Vermögen kann ein In­ter­esse daran be­ste­hen, Im­mo­bi­lien in Un­ter­ge­sell­schaf­ten aus­zu­glie­dern. Der Rechts­streit be­trifft die Frage, ob dies ohne Gefähr­dung der Frei­stel­lung von der Ge­wer­be­steuer möglich ist.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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