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Vollständige Schenkungsteuerbefreiung des Erwerbs einer Kunstsammlung

BFH 12.5.2016, II R 56/14

Die zur Er­lan­gung der vollständi­gen Steu­er­be­frei­ung ei­ner Kunst­samm­lung er­for­der­li­che Be­reit­schaft des Steu­er­pflich­ti­gen, die Ge­genstände den gel­ten­den Be­stim­mun­gen der Denk­mals­pflege zu un­ter­stel­len, ist ein sub­jek­ti­ves Tat­be­stands­merk­mal. Der Er­werb ei­ner Kunst­samm­lung ist nur in­so­weit in vol­lem Um­fang steu­er­be­freit, als sich die ein­zel­nen zur Kunst­samm­lung gehören­den Ge­genstände zum Zeit­punkt des Er­werbs be­reits min­des­tens 20 Jahre im Be­sitz der Fa­mi­lie be­fun­den ha­ben.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hatte von sei­nem Va­ter auf­grund ei­nes un­be­dingt ab­ge­schlos­se­nen Schen­kungs­ver­tra­ges nach des­sen Tod im Ja­nuar 2006 ins­ge­samt 20 Kunst­werke be­kann­ter Ma­ler des 19. und 20. Jahr­hun­derts er­hal­ten. 16 Werke hatte der Va­ter bis 1985 an­ge­schafft. Vier Kunst­werke wa­ren zwi­schen Ende Ja­nuar 1986 und 1995 hin­zu­ge­kom­men. Seit ih­rer An­schaf­fung ha­ben sich alle Werke durch­ge­hend im Be­sitz der El­tern des Klägers be­fun­den und wur­den an de­ren Wohn­ort ver­wahrt.

Im Ja­nuar 2006 be­trug der Wert der Kunst­werke ins­ge­samt 9.665.000 €. Der Wert der vier zwi­schen Ende Ja­nuar 1986 und 1995 er­wor­be­nen Kunst­werke be­lief sich auf 350.000 €. Im April 2006 schloss der Kläger einen Ko­ope­ra­ti­ons­ver­trag mit ei­ner Stif­tung, die Kunst­werke in einem Mu­seum aus­stellt. Diese erklärte, dass die Er­hal­tung der Kunst­samm­lung we­gen ih­rer Be­deu­tung für die Kunst im öff­ent­li­chen In­ter­esse liege und sie da­her ihr grundsätz­li­ches In­ter­esse be­kunde, Bil­der der Samm­lung als Leih­gabe zu er­hal­ten und zur wis­sen­schaft­li­chen For­schung zu be­ar­bei­ten. Die Stif­tung er­hielt das je­der­zei­tige Zu­griffs­recht für die Dauer des Ver­tra­ges. Die Kunst­werke soll­ten we­gen der be­grenz­ten Hänge- und De­potmöglich­kei­ten und der ho­hen Ver­si­che­rungs­kos­ten beim Kläger ver­blei­ben. Der Ko­ope­ra­ti­ons­ver­trag wurde für eine Dauer von zehn Jah­ren fest ge­schlos­sen und ent­hielt eine Verlänge­rungs­op­tion.

Seit April 2007 wer­den Bil­der der Samm­lung in Aus­stel­lun­gen der Stif­tung und in an­de­ren Mu­seen ge­zeigt. Nach An­zeige der Schen­kung im April 2006 ge­genüber dem Fi­nanz­amt reichte der Kläger im Juni 2006 eine Schen­kung­steu­er­erklärung ein und be­an­tragte die vollständige Schen­kung­steu­er­be­frei­ung für die Samm­lung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 S. 1b ErbStG. Er führte hierzu aus, § 2 Abs. 4 des Lan­des­ge­set­zes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler sehe auch den Schutz be­weg­li­cher Denkmäler vor. Er komme sei­ner Ver­pflich­tung zur Er­hal­tung der Kunst­ge­genstände nach § 7 DSchG nach, da die Kunst­samm­lung in je­der Hin­sicht kon­ser­va­to­ri­sch ein­wand­frei be­han­delt werde. Das Fi­nanz­amt setzte die Schen­kung­steuer fest, wo­bei 60 % steu­er­frei blie­ben.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Vor­aus­set­zun­gen für eine vollständige Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 S. 1b ErbStG seien nicht erfüllt. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage über­wie­gend statt.

Gründe:
Der Er­werb der Kunst­samm­lung ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG - von einem Werk ab­ge­se­hen, das der Kläger nicht mehr zur Verfügung stel­len will - in vol­lem Um­fang steu­er­be­freit, so­weit sich die zur Kunst­samm­lung gehören­den Kunst­werke zum Zeit­punkt der Schen­kung be­reits 20 Jahre im Fa­mi­li­en­be­sitz be­fun­den ha­ben. Für die vier erst ab Ende Ja­nuar 1986 er­wor­be­nen Kunst­werke schei­det eine volle Steu­er­be­frei­ung aus.

Die zur Er­lan­gung der vollständi­gen Steu­er­be­frei­ung ei­ner Kunst­samm­lung er­for­der­li­che Be­reit­schaft des Steu­er­pflich­ti­gen, die Ge­genstände den gel­ten­den Be­stim­mun­gen der Denk­mals­pflege zu un­ter­stel­len, ist ein sub­jek­ti­ves Tat­be­stands­merk­mal. Auf des­sen Vor­lie­gen kann nur an­hand ob­jek­ti­ver Sach­ver­halte ge­schlos­sen wer­den. In­dizwir­kung für die Be­reit­schaft können eine Erklärung ge­genüber der zuständi­gen Denk­mal­behörde oder der Ab­schluss ei­nes Leih- und Ko­ope­ra­ti­ons­ver­tra­ges mit einem fach­lich ein­schlägi­gen Mu­seum ent­fal­ten.

Die In­di­zien spra­chen im vor­lie­gen­den Fall dafür, dass der Kläger be­reit war, seine Samm­lung den gel­ten­den Be­stim­mun­gen der Denk­mals­pflege zu un­ter­stel­len. Außer­dem sprach für die Be­reit­schaft des Klägers, dass er sich in der An­lage zu der Schen­kung­steu­er­erklärung mit den An­for­de­run­gen an die Denk­mals­pflege aus­ein­an­der­ge­setzt und dar­ge­legt hatte, dass er seine Samm­lung in je­der Hin­sicht kon­ser­va­to­ri­sch ein­wand­frei be­handle und da­her die Vor­aus­set­zun­gen der ent­spre­chen­den Be­stim­mung des DSchG ein­halte. Da­bei han­delte es sich um eine ent­spre­chende ein­sei­tige Wil­lens­erklärung des Klägers in Form ei­ner Ab­sichts­erklärung. Dass der Kläger diese Be­reit­schaft nur ge­genüber dem Fi­nanz­amt, und nicht - wie FG und Fi­nanz­amt for­der­ten - ge­genüber der zuständi­gen Denk­mal­behörde geäußert hatte, war un­schädlich.

Link­hin­weis:

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