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Verbraucherkredit: Anspruch auf Zinsen und Kosten bei Fehlen wesentlicher Informationen?

EuGH 9.11.2016, C-42/15

Un­terlässt es ein Kre­dit­ge­ber ei­nes Ver­brau­cher­kre­dits, be­stimmte we­sent­li­che In­for­ma­tio­nen in den Ver­trag auf­zu­neh­men, kann dies mit der Ver­wir­kung des An­spruchs auf Zin­sen und Kos­ten sank­tio­niert wer­den. Diese Sank­tion ist zulässig, wenn das Feh­len die­ser In­for­ma­tio­nen es dem Ver­brau­cher unmöglich macht, den Um­fang sei­ner ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung ein­zu­schätzen.

Der Sach­ver­halt:
Im Juni 2011 gewährte die kla­gende Bank Home Cre­dit Slova­kia der Be­klag­ten einen Kre­dit i.H.v. 700 €. Der Kre­dit­ver­trag ent­hielt al­ler­dings teil­weise nur un­ge­naue An­ga­ben in Be­zug auf das Dar­le­hen, wie ins­be­son­dere zum ef­fek­ti­ven Jah­res­zins. Der Ver­trag sah vor, dass auch die AGB des Kre­dit­ge­bers Be­stand­teil des Ver­trags sind. Bei Ver­trags­schluss erklärte die Be­klagte mit ih­rer Un­ter­schrift, die AGB ge­le­sen und ver­stan­den zu ha­ben, ohne dass diese je­doch un­ter­zeich­net wur­den.

Nach­dem sie zwei Mo­nats­ra­ten ge­zahlt hatte, stellte die Be­klagte die Rück­zah­lung des Kre­dits ein. Die Kläge­rin er­hob des­halb Klage ge­gen sie vor dem Be­zirks­ge­richt Duna­jská Streda in der Slo­wa­kei. Die Kläge­rin for­dert die Zah­lung des Ka­pi­tals, der Ver­zugs­zin­sen und ei­ner Ver­trags­strafe we­gen Ver­zugs.

Das slo­wa­ki­sche Ge­richt äußert Zwei­fel an der Gültig­keit des Kre­dit­ver­trags, da die AGB nicht von den Par­teien un­ter­zeich­net wur­den. Es zwei­felt auch an der Ver­ein­bar­keit be­stimm­ter slo­wa­ki­scher Rechts­vor­schrif­ten im Be­reich des Ver­brau­cher­schutz­rechts mit dem Uni­ons­recht. Dazu gehört ins­be­son­dere die Vor­schrift, nach der der Kre­dit­ge­ber den An­spruch auf Zin­sen und Kos­ten ver­wirkt, wenn er es un­terlässt, be­stimmte In­for­ma­tio­nen in den Ver­trag auf­zu­neh­men. Das slo­wa­ki­sche Ge­richt er­sucht da­her den EuGH im Wege der Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chens um Klärung die­ser Fra­gen un­ter Berück­sich­ti­gung der Richt­li­nie 2008/48/EG über Ver­brau­cher­kre­dit­verträge.

Die Gründe:
Die Richt­li­nie ver­langt nicht, dass die Kre­dit­verträge in einem ein­zi­gen Do­ku­ment ent­hal­ten sein müssen. Wird je­doch in einem sol­chen Ver­trag auf ein an­de­res Do­ku­ment ver­wie­sen und deut­lich ge­macht, dass die­ses Be­stand­teil des Ver­trags ist, muss die­ses Do­ku­ment, wie der Ver­trag selbst, auf Pa­pier oder auf einem an­de­ren dau­er­haf­ten Da­tenträger er­stellt und dem Ver­brau­cher vor Ver­trags­schluss tatsäch­lich aus­gehändigt wer­den, so dass er alle seine Rechte und Pflich­ten er­ken­nen kann.

Die Richt­li­nie schreibt zwar nicht die Un­ter­zeich­nung der auf Pa­pier oder auf einem an­de­ren dau­er­haf­ten Da­tenträger er­stell­ten Kre­dit­verträge vor, steht aber auch nicht ei­ner in­ner­staat­li­chen Re­ge­lung ent­ge­gen, die die Gültig­keit die­ser Verträge von der Un­ter­zeich­nung durch die Par­teien abhängig macht, und zwar selbst dann, wenn diese Vor­aus­set­zung der Un­ter­zeich­nung für alle Do­ku­mente gilt, in de­nen die we­sent­li­chen Ver­trags­be­stand­teile auf­geführt sind.

Die Mit­glied­staa­ten dürfen die Un­ter­las­sung des Kre­dit­ge­bers, in den Kre­dit­ver­trag alle Ele­mente auf­zu­neh­men, die gemäß der Richt­li­nie zwin­gend in den Ver­trag auf­zu­neh­men sind, mit der Ver­wir­kung des An­spruchs auf Zin­sen und Kos­ten sank­tio­nie­ren, wenn die feh­lende Erwähnung die­ser Ele­mente dazu führen kann, dass es dem Ver­brau­cher unmöglich ge­macht wird, den Um­fang sei­ner Ver­pflich­tung ein­zu­schätzen. Dies ist bei den zwin­gen­den Ele­men­ten wie dem ef­fek­ti­ven Jah­res­zins, der An­zahl und der Pe­rio­di­zität der vom Ver­brau­cher zu leis­ten­den Zah­lun­gen, den No­tar­gebühren so­wie den vom Kre­dit­ge­ber ver­lang­ten Si­cher­hei­ten und Ver­si­che­run­gen der Fall.

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