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Unzulässige Werbung für Arzneimittel durch Angaben zu therapeutisch nicht zweifelsfrei nachgewiesener Wirkung

OLG Koblenz 27.1.2016, 9 U 895/15

Die Wer­bung für Arz­nei­mit­tel ist un­zulässig, wenn und so­weit der In­halt der Wer­be­aus­sage nicht ge­si­cher­ter wis­sen­schaft­li­cher Er­kennt­nis ent­spricht. Hat ein Präpa­rat die Hürde der Zu­las­sung durch das Bun­des­amt für Arz­nei­mit­tel und Me­di­zin­pro­dukte ge­nom­men, kann je­doch grundsätz­lich da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die sich auf das zu­ge­las­sene An­wen­dungs­ge­biet be­zie­hen­den Wir­kungs­an­ga­ben dem ge­si­cher­ten Stand der Wis­sen­schaft zum Zeit­punkt der Zu­las­sung ent­spre­chen.

Der Sach­ver­halt:
Der Her­stel­ler ei­nes homöopa­thi­schen Arz­nei­mit­tels, das vom Bun­des­in­sti­tut für Arz­nei­mit­tel und Me­di­zin­pro­dukte als Präpa­rat ge­gen "Entzündun­gen des Hals-Na­sen-Ra­chen­rau­mes und der Na­sen­ne­benhöhlen" zu­ge­las­sen wor­den war, be­warb das Pro­dukt im No­vem­ber 2014 in ei­ner Zeit­schrift u.a. da­mit, dass es "schnell und ef­fek­tiv" so­wohl bei aku­tem Schnup­fen als auch bei chro­ni­scher Si­nu­si­tis hilft und "ab­schwel­lend, entzündungs­hem­mend und re­ge­ne­rie­rend auf die Na­sen­schleim­haut" wirkt. Fest­sit­zen­der Schleim werde gelöst und Be­gleit­be­schwer­den wie Zer­schla­gen­heit und Kopf­druck würden ge­lin­dert.

Ein an­de­res homöopa­thi­sches Arz­nei­mit­tel, das als Präpa­rat ge­gen "nervös be­dingte Störun­gen wie Schlafstörun­gen und Un­ru­he­zustände" zu­ge­las­sen wor­den war, war vom Her­stel­ler in der Zeit­schrift u.a. mit dem Hin­weis be­wor­ben wor­den, das Präpa­rat fördere "Ge­las­sen­heit und Ruhe"; es helfe über­dies, den alltägli­chen Her­aus­for­de­run­gen wie­der gestärkt ent­ge­gen zu tre­ten, fördere die Selbst­hei­lungskräfte, stelle das körper­li­che und see­li­sche Gleich­ge­wicht wie­der her und biete eine ef­fek­tive Un­terstützung bei Un­ruhe , Ner­vo­sität und/oder Schlafstörun­gen.

Das LG wies die auf Un­ter­las­sung die­ser Wer­be­an­ga­ben ge­rich­tete Klage ab. Das Ge­richt war der An­sicht, das Phar­ma­un­ter­neh­men werbe für die Arz­nei­mit­tel nicht mit ei­ner Wir­kung, die außer­halb der zu­ge­las­se­nen An­wen­dungs­ge­biete liege. Auf die Be­ru­fung des Klägers änderte das OLG das Ur­teil je­doch teil­weise ab und un­ter­sagte die Wer­bung  für beide Pro­dukte mit den vom Kläger be­an­stan­de­ten An­ga­ben weit­ge­hend.

Die Gründe:
Die Wer­bung ist teils ir­reführend. Die be­haup­tete the­ra­peu­ti­sche Wir­kung der Präpa­rate ist vom zu­ge­las­se­nen An­wen­dungs­ge­biet nicht um­fasst und auch nicht durch eine wis­sen­schaft­li­che Ab­hand­lung zwei­fels­frei nach­ge­wie­sen.

Der Hin­weis in der Wer­bung, das Präpa­rat ge­gen Entzündun­gen des Hals-Na­sen-Ra­chen­rau­mes und der Na­sen­ne­benhöhlen helfe "schnell und ef­fek­tiv" bei aku­tem Schnup­fen so­wie chro­ni­scher Si­nu­si­tis und wirke "re­ge­ne­rie­rend auf die Na­sen­schleim­haut" ist ir­reführend und da­mit un­zulässig, da aus der Zu­las­sung des Me­di­ka­men­tes durch das Bun­des­amt für Arz­nei­mit­tel eine schnelle Wir­kung des Präpa­rats nicht her­ge­lei­tet wer­den konnte. Außer­dem ist eine "re­ge­ne­rie­rende Wir­kung des Pro­dukts auf die Na­sen­schleim­haut" vom An­wen­dungs­ge­biet der Zu­las­sung nicht um­fasst. Sol­che Wir­kungs­wei­sen konnte der Arz­nei­mit­tel­her­stel­ler auch nicht durch Vor­lage ei­ner wis­sen­schaft­li­chen Ab­hand­lung zwei­fels­frei be­le­gen.

Hat ein Präpa­rat die Hürde der Zu­las­sung durch das Bun­des­amt für Arz­nei­mit­tel und Me­di­zin­pro­dukte ge­nom­men, kann je­doch grundsätz­lich da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die sich auf das zu­ge­las­sene An­wen­dungs­ge­biet be­zie­hen­den Wir­kungs­an­ga­ben dem ge­si­cher­ten Stand der Wis­sen­schaft zum Zeit­punkt der Zu­las­sung ent­spre­chen, so­dass vom Her­stel­ler hier­mit auch ge­wor­ben wer­den kann. Des­halb war es auch nicht zu be­an­stan­den, dass das Phar­ma­un­ter­neh­men für das Präpa­rat ge­gen Si­nu­si­tis da­mit ge­wor­ben hatte, es helfe bei aku­tem Schnup­fen, wirke ab­schwel­lend und lin­dere Be­gleit­er­schei­nun­gen wie Zer­schla­gen­heit und Kopf­druck.

Für das homöopa­thi­sche Arz­nei­mit­tel, das als Me­di­ka­ment ge­gen "nervöse Störun­gen wie Schlafstörun­gen und Un­ruhe so­wie Ver­stim­mungs­zustände" zu­ge­las­sen ist, darf hin­ge­gen nicht mit den An­ga­ben ge­wor­ben wer­den, das Präpa­rat fördere Ge­las­sen­heit, es helfe, den alltägli­chen Her­aus­for­de­run­gen wie­der gestärkt ent­ge­gen­zu­tre­ten, es fördere die Selbst­hei­lungskräfte und stelle das körper­li­che und see­li­sche Gleich­ge­wicht wie­der her. Denn auch diese Wer­be­aus­sa­gen sind we­der vom zu­ge­las­se­nen An­wen­dungs­ge­biet des Me­di­ka­ments um­fasst, noch hat der Arz­nei­mit­tel­her­stel­ler eine ent­spre­chende Wirk­sam­keit des Arz­nei­mit­tels an­der­wei­tig zwei­fels­frei be­le­gen können.

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